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Bild, by Marliese Mendel
Literarischer Nahversorger

Wiener Bücherschmaus

Freitag, 28. August 2015
Der Bibliothekar Georg Schober und die Schriftstellerin Petra Öllinger verführen Kinder und Jugendliche mit Koffern voller Bücher zum Lesen.

Den kleinen Laden am Oscar-Werner-Platz in Mariahilf kennt Georg Schober, seit er ein Kind ist. Damals begleitete er seine Mutter oft beim Einkaufen in die Greißlerei. Jahrzehnte später steht er als Buchhändler selbst hinter der Budel des Geschäfts: Gemeinsam mit seiner Partnerin Petra Öllinger eröffnete er im Juni 2015 den „Wiener Bücherschmaus“, einen ganz besonderen Buchladen: Ein Großteil der Einnahmen fließt in Leseförderungsprojekte für Kinder und Jugendliche.

Das Prinzip ist einfach: Menschen spenden Bücher, CDs, Schallplatten und Brettspiele. Ein Teil der Bücher bleibt im Geschäft und wird zu günstigen Preisen verkauft, ein Teil landet in öffentlich zugänglichen „Bücherschränken“ zur freien Entnahme. Ein weiterer Teil wird in Koffer verpackt und an Schulklassen verteilt.

Mobile Bibliothek

„In Österreich gibt es 900.000 Erwachsene, die trotz neunjährigem Schulbesuch über keine ausreichende Lesekompetenz verfügen,“ sagt Schober. Mit seinem Projekt will er dem gegensteuern und Kinder und Jugendliche für das Lesen begeistern. Viele Familien können sich keine Bücher leisten. Mit seinem Projekt will er das ändern. PädagoInnen und Kinder suchen gemeinsam Wunschbücher aus und schicken die Liste an Schober. Falls sich die gewünschten Titel nicht im Fundus des Bücherschmauses finden, werden sie angekauft.

Um die Attraktivität der Bücherkoffer zu erhöhen, legt sein ehrenamtlich arbeitendes Team auch CDs und Brettspiele bei. In einer kleinen Zeremonie wird der Lesekoffer dann im Klassenzimmer oder in Nachbarschaftszentren übergeben. Jedes Kind kann den Trolley mit nach Hause nehmen und nach Herzenslust schmökern und spielen. Im Koffer liegt auch ein Lesetagebuch, in das die Kinder ihre Gedanken zum Gelesenen schreiben können. Am Ende des Schuljahres soll der Trolley im Haus jedes Kindes gewesen sein.

Lesekoffer

Die Idee zum Lesekoffer dazu stammt aus Berlin. Der Berliner Büchertisch hat in den letzten Jahren mehr als 100 Koffer verteilt und betreibt drei Buchhandlungen, wo Schober und Öllinger das Konzept kennenlernten. Sie halfen dort mit; zurück in Wien machten sie sich daran, die Idee auch hier umzusetzen. „Noch gibt es viel zu lernen,“ sagt Schober, „was bisher gar nicht funktioniert hat, sind zweisprachige Bücher. Die Kinder sprechen zwar oft noch ihre Erstsprache wie türkisch oder arabisch, können sie aber nicht lesen. Deshalb haben wir diese Bücher vorerst aus den Koffern genommen.“

Im Buchladen werden Krimis, Kinderbücher, Viennensia, Comics, Wissen, Ratgeber, Romane und Lyrik angeboten. Schober versteht sich als Bücher-Nahversorger und nicht nur als Leseförderprojekt und Antiquariat. Selbstverständlich können hier auch Bücher bestellt werden. Momentan arbeiten die beiden an einem Online-Shop, ab Herbst 2015 wird es auch Lesungen und Schreibworkshops geben.

Freilich sind auch Bücherspenden willkommen: „Wir freuen uns über jede Spende,“ sagt Schober. Mehr als 3.000 Medien lagern bereits in der Buchhandlung.

Wiener Bücherschmaus
Oscar-Werner-Platz / Garbergasse 13,
1060 Wien

Öffnungszeiten: Di-Fr. 10-12.30, 14.30-18.30, Sa. 10-13.00

Info:
Verschenkbücher:
Das Farbengeschäft ist Stumpergasse 54,
Die Bezirksvorstehung Amtshaus, Amerlingstraße 11
Das Nachbarschaftszentrum ist in der Bürgerspitalgasse 4- 6
Petra Öllinger und Georg Schober bloggen auf: Duftender Doppelpunkt

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