Social Media

„Fröhlicher Gegenschlag“

Mittwoch, 23. April 2014
Die rund 1100 Mitglieder der Facebookgruppe „AK Deutsch für FPÖ-Anhänger“ bieten leidenschaftlichen Pro-FPÖ-Postern augenzwinkernd „Deutschkurse“ an. Ihr besonderer Service: Sprachlich fragwürdige Facebook-Kommentare in ein „der Allgemeinheit zumutbares und den Normen und Gesetzen der Deutschen Sprache möglichst entsprechendes Sprachbild zu übersetzen“. Ein E-Mail-Interview mit dem Administrator in Schachtelsätzen über humoreske Auseinandersetzung mit Facebook-Postings, „echte Österreicher“ und Psychohygiene.

dieZeitschrift: Wie kamen Sie zum Namen Ihrer Facebook-Gruppe?
Admin: Ich stieß auf Facebook auf so illustre Gruppennamen wie: „Arbeitskreis feministischer Muslima in der NPD“, „Arbeitskreis Schwule in der NPD“ usw., allesamt redlich bemüht, den rechten Recken ihres Landes mit der schlimmsten aller Waffen entgegenzutreten: dem beißenden Humor.

dieZeitschrift: Gab es einen bestimmten Anlass, die Gruppe zu gründen?
Admin: Ich empfinde eine humoreske Auseinandersetzung mit den Aussagen, Forderungen und Taten unserer „echten Österreicher“, neben der freilich nicht minder wichtigen ernsthaften Auseinandersetzung auf politischer Ebene, als noch recht wenig etabliert in diesem Land. Man ist hier eher „empört“ und „schockiert“ über diverse Aussagen von rechts außen, nur kratzt das eben jene nicht im geringsten, da sie hier längst eine Gegenstrategie fahren, die die „Empörten“ als weltfremde „Gutmenschen“ diffamiert und ins lächerliche zu ziehen sucht.

Ich war von Univ. Prof. Van der Bellens Nationalratsrede vom 21.04.2009 schwer beeindruckt, in der er betont oberlehrerhaft und durchaus arrogant Herrn Straches wirtschaftliche Inkompetenz offenlegte.

Mein Gedanke damals war „Ja! Genau so muss man ihnen kommen!“
Anstatt wie das Kaninchen vor der Schlange zu erstarren und diese rechtsradikalen Umtriebe nur mehr luftschnappend und hilflos zu kommentieren, fortan zum fröhlichen Gegenschlag ausholen und den Herrschaften die Masken vom Gesicht reißen, den Spiegel vorhalten und dabei herzhaft lachen.

Der legendäre FPÖ-Wahlplakatspruch „Deutsch statt ‚Nix versteh‘n !‘“ tat sein übriges, sich die Klientel, die unter diesem Motto in die „Schlacht“ um die österreichische Kultur zieht, etwas genauer ins Auge zu fassen.

Beutezüge

dieZeitschrift: Was ist Ihre Mission?
Admin: Eine Mission in dem Sinne verfolge ich mit der Gruppe nicht.
Ich denke, dass die nunmehr gut 1100 Mitglieder unterschiedliche Intentionen haben, warum sie dem AK beigetreten sind. Einige amüsieren sich hier einfach gut, andere nutzen die gegebene Aufmerksamkeit auch zur politischen Arbeit gegen Rechtsradikalismus, vielen, so denke ich, dient diese Seite auch als Ventil, angesichts der massenhaften Unfassbarkeiten, die auf blauen und blau-nahen Seiten gepostet werden.

dieZeitschrift: Was kann eine Facebook-Gruppe wie die Ihre bewirken?
Admin: Ich sehe die Wirkung der „AK-Gruppe“ als eine eher psychohygienische, als da viele Mitglieder, durchaus unterschiedlicher politischer Überzeugungen, sich durchwegs lustvoll und kreativ mit den dargebrachten großteils recht kuriosen bis wahnwitzigen Wortmeldungen diverser FPÖ-Anhänger auseinandersetzen und so die Möglichkeit geschaffen wird, die Wut, die manch einer beim Lesen der rechten Postings angesichts deren inhaltlicher Radikalität, Ignoranz, Intoleranz und Dummheit empfindet und sonst wohl eher alleine kopfschüttelnd hinunterschlucken muss, dennoch in einen positiven Kontext zu bringen, indem man gemeinsam kopfschüttelt und den Anlass gebenden Postings mittels orthographischen, grammatikalischen, semantischen aber auch psychoanalytischen „Analysen“ den Schrecken zu nehmen.

Auf der anderen, etwas seriöseren Seite fördert die Gruppe sichtlich einen gewissen Drang, sich auf FPÖ- und FPÖ-nahen Seiten aktiver umzusehen, quasi auf Beutezug zu gehen, was eine genauere Kontrolle dieser hinsichtlich strafrechtlich relevanter Postings fördert, derer man doch immer wieder gegenübersteht. Hier hat der AK auch eine schützende Wirkung auf die Administratoren der betreffenden Seiten, die offensichtlich zu beschäftigt sind, FPÖ-kritische Poster mundtot zu machen, und so so manch rassistische, volksverhetzende, den Nationalsozialismus verherrlichende Aussagen schlichtweg „übersehen“. Hier helfen wir gerne und arbeiten zu diesem Zweck auch mit anderen die FPÖ diesbezüglich unterstützenden Seiten zusammen.

Streifzüge

dieZeitschrift: Bringen Sie Postings im Extremfall auch zur Anzeige?
Admin: Nicht direkt. Diese Aussagen werden von mir an eine Partnerseite weitergeleitet, die sie dementsprechend weiterbehandelt. Natürlich stößt man auf seinen Streifzügen durch das virtuelle „Effenland“ immer wieder auf sehr grausige Postings, die man nicht einfach tatenlos im Netz stehen lassen kann, etwa bei diversen „Endlösungsvorschlägen“.

dieZeitschrift: Sind Sie wegen Ihrer Facebook-Seite schon angegriffen worden? Hat man Ihnen z. B. mit Klagen gedroht?
Admin: Derzeit noch nicht. Ich denke aber auch nicht, dass sich da etwas finden ließe, was gegen geltendes Recht verstößt. Wir sind ja recht gesittet, wenn auch bitterböse.

dieZeitschrift: Wo wäre Ihre Grenze? Wann würden Sie aufhören?
Admin: Mit der Gruppe aufhören geht natürlich erst, wenn wir unser hehres und heiliges Ziel, allen FPÖ-Anhängern einen halbwegs adäquaten Umgang mit ihrer eigenen Muttersprache beigebracht zu haben, vollendet haben. Ich befürchte allerdings, dass da auch noch nachfolgende Generationen daran arbeiten werden müssen, da die Erfahrung gezeigt hat, dass hier mitunter wirklich bei unter null begonnen werden muss und eine gewissen Bildungsresistenz vorherrscht.

dieZeitschrift: Fürchten Sie sich vor Übergriffen?
Admin: Gut, dass Sie nachfragen. Ich ersuche, meinen Realnamen nicht zu veröffentlichen.
Die Aggressionsbereitschaft mancher unserer Klienten ist doch etwas gruselig. Wenn da mancher im echten Leben nur halb so gewalttätig daherkommt, wie er auf FB schreibt, könnte das unangenehm werden. Aus Rücksicht auf meine Familie betreibe ich die Seite also auch nur unter einem Pseudonym.

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