Novigrad
Novigrad, by Marliese Mendel
Museum

Galerion

Samstag, 23. Mai 2020
Sergio eröffnet ein Museum, weil er Geschichten vermisste.

Sergio ist grantig. Sein Blutdruck ist niedrig, selbst starker Kaffee hilft ihm heute nicht. Das Wetter ist schlecht. Missmutig verkauft er Tickets an Museumsbesucher_innen und sagt, „ich beantworte heute keine Fragen.“ Nur um sich dreißig Sekunden später über abgestürzte Flugzeuge, von Partisanen und Seeschlachten zu erzählen.

Das Museum eröffnete er, weil er Geschichten vermisste. „In anderen Museen werden Teile der Schifffahrtsgeschichte einfach nicht erzählt,“ sagt er. Er meint damit etwa die Schlacht von Lissa im Jahr 1866, dem „kleinen Trafalgar“. Damals gewann der österreichische Admiral Tegetthoff gegen die italienische Flotte.

Die Museumgründung war kein leichtes Unterfangen. Das ursprüngliche Museum hätte in Pula sein sollen und es war auch schon fast fertig, als der Beginn des Jugoslawien-Kriegs die Eröffnung verunmöglichte. Also zog Sergio samt seiner Sammlung um und sitzt seit dem Jahr 2005 fast täglich an der Kassa seines k. u. k. Marinemuseum Galerion in der Fußgängerzone von Novigrad (Kroatien).

Partisanen, Opiumpfeifen und Bomber

Sergio sammelt alles, stellt es irgendwo in einem der beiden langen Räume auf und macht sich nicht immer die Mühe alle Objekte zu beschrieben. Opiumpfeifen, Ferngläser, Schiffsmodelle, Bademode stehen neben chinesischem Porzellan und auch einem selbstgemachten Dynamo. Diesen - so erzählt er - hat während des Zweiten Weltkrieges ein Partisan aus einem abgestürzten Bomber gebaut. Mit dem Dynamo konnte er Strom für eine Lampe erzeugen. Im schwachen Licht las er geheime chiffrierte Texte, lernte diese auswendig und brachte die Nachrichten zu seinen Kameraden.

Auch wenn die Ausstellung etwas chaotisch ist, viele der Objekte nicht selbsterklärend sind, so ist das Museum einen Besuch wert – besonders, wenn Sergio einen guten Tag hat.

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