„Magazin“-Journalistin und Hobby-Ermittlerin Mira Valensky und ihre migrationshintergründige Freundin Vesna Krajner mit ausgeprägtem Hang zum Schnüffeln sind wieder da: Im Fall Nummer 17 machen die beiden Freundinnen mit einer ausbeuterischen vietnamesischen Textilfabrik, mehr oder weniger zwielichtigen Unternehmern, (Möchtegern-) Rechtsradikalen und einer untergetauchten Ausländerin in Wien Bekanntschaft. diezeitschrift.at hat mit Eva Rossmann über ihren 17.Mira Valensky-Krimi gesprochen.
Frau Rossmann, in Ihrem neuen Krimi „Im Fadenkreuz“ thematisieren Sie die unfairen Produktionsbedingungen in der globalisierten Textilindustrie. Wie kam es dazu?
Rossmann: Kurz vorausgeschickt: Das Buch passt sehr gut zu dem, was gerade im Flüchtlingsbereich passiert, obwohl das beim Entstehen des Krimis noch nicht ganz so aktuell war. Der Grundgedanke ist ja: Wir sind eine Welt. Und so, wie es heute in den Textilfabriken in Vietnam zugeht, ging es vor über hundert Jahren in den Baumwollspinnereien in Leipzig zu.
Die Produktionsbedingungen in der Textilindustrie haben mich schon lange interessiert. Konkret wurde der Plan vor gut zwei Jahren durch eine Einladung zu Vorträgen an den Unis von Hanoi und Saigon, durch die ich die Gelegenheit hatte, das Land etwas kennenzulernen. Die Recherche für so ein Buch ist aufwendig: Man muss Fakten zusammentragen, aber ebenso wichtig ist es, dass Bilder im Kopf entstehen, dass ich ein Gefühl dafür entwickeln kann, wie Menschen agieren und reagieren.
Existenzsicherndes Einkommen
Und welche Bilder haben Sie damals von Vietnam nachhause mitgenommen?
Rossmann: Vietnam ist eine irrwitzige Mischung aus Kommunismus und Turbokapitalismus. Kulinarisch unfassbar offen, technologisch unglaublich weit, gleichzeitig kämpfen die Leute am Land ums Überleben. Ein völlig verrücktes Land. Zu dem ich meinen eigenen Zugang finden musste.
Haben Sie dort auch eine Textilfabrik besucht?
Rossmann: Nein, ich hab nur eine von außen gesehen, die Recherchen dazu kamen später. Aber alles, was in „Fadenkreuz“ steht, habe ich eng mit Christian Oster abgestimmt. Er lebt seit langer Zeit in Hanoi, lebt mit der Familie seiner vietnamesischen Frau und betreibt eine kleine feine Reiseagentur. Und er hat wichtige Hintergründe über Land und Leute beigesteuert.
Man erfährt in Ihrem Krimi unter andere, dass die Textilarbeiterinnen fürs Zuschneiden und Nähen pro T-Shirt nur 18 Cent erhalten und dass ein Verkaufspreis von 50 Cent mehr pro Shirt den Frauen ein existenzsicherndes Einkommen bringen würde. Warum passiert das nicht?
Rossmann: Das hat mit Profitmaximierung zu tun. Wenn es nicht um ein T-Shirt geht, sondern um Hundertausende, dann werden auch 18 Cent pro Stück eine größerer Betrag. Einige Firmen reden sich auch ein, dass sie nicht sicherstellen können, dass ein Mehrbetrag tatsächlich den Näherinnen zugute kommt. Die Produktion läuft ja über Agenten, die in der Regel gleich viel Profit machen wie die ganze Fabrik. Andere Firmen wiederum interessiert das Thema schlichtweg nicht. Laut NGOs wäre es die beste Lösung, wenn die Textilkonzerne selbst ihre eigenen Fabriken hätten. Dann wären die Bedingungen besser kontrollierbar.
Fadenkreuz
Wie kaufen Sie selbst Ihre Kleider?
Rossmann: Ich gehe gerne einkaufen und wenn mir etwas gefällt, dann schlage ich auch einmal ungeprüft zu, aber das wird seltener und ich hab ein bissl ein schlechtes Gewissen dabei. Das ist ja auch gut so. Grundsätzlich versuche ich, bewusst einzukaufen. Und ich mag die kleinen Läden, die ökologisch und fair produzieren.
Wollen Sie mit „Fadenkreuz“ auch andere zum Umdenken bewegen?
Rossmann: Wenn Menschen meinen Krimi lesen, wird sich nicht die Welt verändern, aber zumindest mehr Bewusstsein zu schaffen, wäre schon etwas. Das Internet ist schließlich voller Informationen darüber, wie Kleidung produziert wird, und das hat auch nichts mit dem Preis zu tun. Schwarze Schafe gibt es unter den günstigen und teuren Marken. „Fadenkreuz“ soll auch zum Nachdenken über Masse, schnelles Wegwerfen und Entsorgen anregen. Ich meine: Wieviel kann der Mensch auf einmal tragen?
Frauenvolksbegehren
Die Magazinjournalistin Mira Valensky steckt mit ihrer Freundin Vesna schon seit vielen Jahren ihre Nase in dunkle Machenschaften. Wie ist Ihr Verhältnis zur Hauptprotagonistin Ihrer Krimis?
Rossmann: Ja, wir gehen sozusagen schon lange gemeinsam durchs Leben, sie könnte eine gute Freundin sein. Ich mag sie mit all ihren Stärken und Schwächen. Das gilt auch für Vesna. Ich möchte nicht ein Jahr mit jemandem verbringen, den ich nicht ausstehen kann. Aber dass Mira mein Alter ego ist, wie es manchmal heißt, ist Blödsinn.
Vor fast zwanzig Jahren haben Sie in Österreich das Frauenvolksbegehren mitinitiiert. Wie feministisch sind Ihre Figuren?
Rossmann: Ich wollte bewusst keine Feministin als Hauptfigur, aber Mira ist natürlich eine selbstbewusste Frau, mit allen Zweifeln. Sie ist relativ politikfern, was sich dadurch erklären lässt, dass sie die Tochter eines Landesrats ist, was einem möglicherweise schon von der Politik abbringen kann. Aber natürlich beschäftigt sich Mira mit feministischen Fragen. Sie will sich Unabhängigkeit und Eigenständigkeit bewahren, ist aber auch in einer Beziehung. Vesna lebt sowieso völlig ihr eigenes Leben, ist in jeder Hinsicht tough. Die einzige ausgesprochene Feministin, auch im politischen Sinne, ist Vesnas Tochter Jana. Im realen Leben geht mir das Gejammere vieler Feministinnen, dass die Jungen nichts mehr tun, unglaublich auf die Nerven.
Nachwuchs?
Genuss und Kulinarik spielen wenig überraschend auch im 17.Mira Valensky-Krimi eine große Rolle. Wie ist das eigentlich in Ihrem eigenen Leben?
Rossmann: Es gibt ja die Unterscheidung von Leben und gutem Leben. Heutzutage können sich viele ja schon glücklich schätzen, wenn sie überleben. Der Schritt zum guten Leben ist für jeden etwas anderes. Für mich ist das gute Leben absolut verbunden mit gutem Essen und dabei zusammensein mit Menschen, die ich mag.
Im Krimi hat das Kochen und Essen auch ein dramaturgisches Element: Denn es gibt Mira die Möglichkeit, Geschehenes zu reflektieren und beim Essen erfährt sie auch alles Mögliche. Außerdem hab ich gefunden, das Kochen und Genießen passt zu Mira.
In „Fadenkreuz“ gibt es sozusagen einen Todesfall in Miras Familie. Am Ende zeichnet sich aber auch ein Familienzuwachs ab. Wird es dazu kommen?
Rossmann (schmunzelt): Das kann schon sein…
Und wovon wird der nächste Krimi handeln, der derzeit gerade im Entstehen ist?
Rossmann: Um Veganismus und insgesamt den Umgang mit Tieren. Das ist ja schon lange ein heißes Thema, zu dem jede und jeder eine Meinung hat. Und ich finde es spannend.
Eva Rossmann: Fadenkreuz - Ein Mira-Valensky-Krimi
Folio Verlag. Gebunden, 271 S., 19,90 Euro, ISBN 978-3-85256-668-9
Erstverkaufstag: 1. September 2015
Wien-Premiere:
Mittwoch, 2. September 2015, 19 Uhr
Wien, Riverbox, Johann-Böhm-Platz 1, 10. Stockwerk, Liftgruppe
Weitere Termine auf www.evarossmann.at