dieZeitschrift:Was war der ausschlaggebende Moment für die Gründung des Stammtisches der freien Journalisten?
Sonja Fercher:Die Erkenntnis, dass wir Einzelkämpfer sind. Gemeinsam können wir uns gegenseitig unterstützen und den Austausch stärken. Wir sprechen darüber, wie man Aufträge findet, wer wie viel bezahlt, über Schwierigkeiten und auch über unsere Wünsche an die Geschäftspartner.
dieZeitschrift: Was wünscht ihr euch?
Sonja Fercher: Dass unsere Auftraggeber mit uns auf Augenhöhe kommunizieren. Viele Medien sparen und deshalb gibt es kaum mehr faire Honorare. Ich glaube, es muss eine Professionalisierung auf beiden Seiten stattfinden. Viele freie Journalisten wissen gar nicht, wie sich das Honorar zusammensetzt, welche Rechte sie haben und wie sie diese einfordern können. Auf der Seite der Medien muss auch die Bereitschaft bestehen, faire Honorare zu bezahlen.
dieZeitschrift: Wie sehen die Honorare momentan aus?
Sonja Fercher: Um momentan auf ein Angestelltengehalt von 4000 Euro brutto/2000 Euro netto zu kommen, müsste man 32 Artikel pro Monat mit einer durchschnittlichen Länge von 5.000 Zeichen schreiben. Diese Artikel müssen top recherchiert und sehr gut geschrieben sein, weil sie sonst nicht genommen werden.
dieZeitschrift: Was habt Ihr bisher erreicht?
Sonja Fercher: Wir arbeiten an der eigenen Augenhöhe. Inzwischen sind wir rund 15 Leute, die kontinuierlich zu den Stammtischen kommen. Auf Facebook sind es schon mehr als Einhundert Mitglieder. Es gibt keine Interessensvertretung für freie Journalisten und ohne den Stammtisch kann man immer nur für sich alleine kämpfen.
Der erste Schritt ist, dass wir angefangen haben, uns als Unternehmer zu sehen.
dieZeitschrift: Kann man als freier Journalist in Österreich überhaupt noch überleben?
Sonja Fercher: Ich glaube schon, aber nicht, wenn man nur für die geringen Beträge des Kollektivvertrages arbeiten muss. Man sollte sich möglichst breit aufstellen, also nicht nur für bekannte Medien arbeiten, sondern auch Moderationen anbieten, Radiosendungen machen, ein Buch schreiben oder Webseiten erstellen und als Content Manager befüllen.
Außerdem entlassen die Medien immer mehr angestellte Journalisten und sie werden auf die viel günstigeren Freien zurückgreifen müssen.
dieZeitschrift: Es gibt auch kaum rechtliche Absicherung von freien Journalisten
Sonja Fercher: Die einzige Versicherung ist, gute Arbeit zu machen und dabei die Grundregeln immer zu beachten, wie in einem gebundenen Heft mitschreiben und Aufnahmen zu archivieren, falls es später zu rechtlichen Streitereien kommt.
dieZeitschrift: Welche Erfahrungen hatten Sie mit der SVA?
Sonja Fercher: Ich bin noch innerhalb der ersten drei Jahre, muss mich also mit Urteilen zurückhalten. Ich glaube aber, die SVA wird zu einem größeren Monster gemacht, als sie ist. Man kann mit ihr reden und wenn man sich rechtzeitig meldet, bemüht man sich durchaus um Lösungen. Die SVA hat aber wenig Spielraum, ihre Aufgabe ist es, die Gesetze umzusetzen. Unerträglich sind die hohen Eintrittsbeträge. Es ärgert mich maßlos, dass sich das bis heute nicht geändert hat. Daran ist aber nicht die SVA schuld, sondern der Gesetzgeber.
dieZeitschrift: Wie schätzen Sie die österreichische Presselandschaft ein?
Sonja Fercher: Mich stört die Fixierung auf das Print-Segment, das zugleich zunehmend in Bedrängnis gerät. Man sollte sich ganz andere Dinge überlegen. Es wird zu wenig über Inhalte und zu viel über Formate geredet.
Sonja Fercher ist Freie Journalistin und Moderatorin. Ihre Themenschwerpunkte sind Frankreich, Migration, Integration, Anti-Diskriminierung, Frauenpolitik, Zeitgeschichte.
Sie ist auch Projektmanagerin "erste hilfe für freie" beim forum journalismus und medien wien
und arbeitet im Projekt Vielfalt mit dem Fotografen Sebastian Philipp zusammen.