Jochen Russmann
Food Truck

„Pioniere müssen immer leiden“

Montag, 12. Mai 2014
Zwei Studenten touren seit letzten Herbst mit ihrem Food Truck durch Wien und verkaufen selbstgemachte Wraps. Weil ihr Geschäftskonzept in Österreich neu ist, haben sie mit allerlei Problemen zu kämpfen.
Wrapstars
Jochen Russmann

Es waren einmal zwei Studenten, die ein Anliegen hatten. Sie wollten die Wiener mit gesundem Bioessen versorgen und damit die Food Revolution des britischen Starkochs Jamie Oliver nach Österreich bringen. Die beiden jungen Männer kauften sich mit ihren Ersparnissen einen gebrauchten Food-Truck, holten sich einen Gewerbeschein und suchten sich einen Koch. Dann füllten sie Wraps mit biologischen Lebensmitteln, die sie an verschiedenen Standplätzen in der Hauptstadt verkauften. Trotz 80-Stunden-Wochen liebten sie das, was sie taten. Innerhalb kurzer Zeit erreichten sie dank ihres Alleinstellungsmerkmals einen gewissen Bekanntheitsgrad auf Facebook.

Eine gute Idee. Eine schöne Geschichte. Eigentlich wäre sie auch schon zu Ende erzählt. Aber wir befinden uns nicht in einem fernen Land, sondern in Österreich. Und hier ist bekanntlich alles verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist.

Fast Food ohne Bullshit

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„Unser Food-Truck ist 2,10 m hoch, laut Gesetz müsste er aber 2,30 hoch sein,“ sagt der 1, 90 Meter große Marko Ertl, der seit Monaten problemlos in dem Gefährt arbeitet. „Aber das ist die Normgröße, so werden die Fahrzeuge nun mal herstellt.“ Eine Sonderanfertigung wäre ungleich teurer gewesen. Aber das Gesetz sagt, dass 2,10 m Höhe für Angestellte nicht zumutbar ist. „Dabei wollen wir gar keine Riesen anstellen“ beteuert sein Wrapstars-Partner Matthias Kroisz. Fläche hätte der Truck gesetzlich auch zuwenig, obwohl „viele Würstelstände kleiner sind.“ Im Oktober 2013 haben sich die beiden selbstständig gemacht und touren seitdem durch Wien. Der Name ihrer Firma ist „Wrapstars“, ihr Motto fast food ohne bullshit.

„Unser erklärtes Ziel ist besseres Essen für alle,“ sagt Ertl. Weil sie das nicht allein schaffen können, hoffen sie auf Nachahmer. „Wenn es mehr Foodtrucks in Wien geben würde, könnten wir uns auf den Standplätzen abwechseln. Einer verkauft zum Beispiel am Montag dort seine Knödel, wir am Dienstag unsere Wraps, und so weiter.“ Die Idee dahinter sei, dass die Leute nicht jeden Tag das gleiche essen möchten. Durch mehr Trucks könnte man für Abwechslung sorgen.

„Ohne Beziehungen geht gar nichts“

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Soweit das Wunschdenken. „In der Praxis ist es ziemlich mühsam, einen öffentlichen Platz zu bekommen, wenn man im Zentrum stehen will. Ohne Beziehungen geht gar nichts. Mit privaten Plätzen ist es noch schwieriger,“ sagt Ertl. Es gebe unzählige Konkurrenzklauseln, und die Vermieter hätten Angst, die Gastronomen zu verärgern. „Je bekannter wir werden, desto mehr Druck wird man uns wohl machen“ klagt Kroisz. „Und die WKO, die uns eigentlich helfen sollte, ist auch nicht sehr entzückt von unserem Konzept.“

Dabei kennen sie mittlerweile Leute, die sich selber gerne mit einem Food Truck selbstständig machen wollen. „Einige haben uns schon kontaktiert. Aber die warten alle ab, weil das rechtlich sehr schwierig ist. Die wollen zuerst sehen, ob wir es schaffen,“ sagt Ertl. „Wir haben unsere Rolle als Pioniere mittlerweile akzeptiert. Und Pioniere müssen immer leiden.“

„Sie werden uns bekämpfen, bis es vorbei ist“

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Ertl und Kroisz rechnen damit, dass sie irgendwann Strafe zahlen müssen, falls sie gezwungen sind, sich ohne Genehmigung auf einen Standplatz zu stellen. „Vielleicht wegen unlauterem Wettbewerb,“ vermutet Kroisz. „Sie werden uns solange bekämpfen, bis es vorbei ist,“ befürchtet er. „Die Gastronomen sehen nur unsere Vorteile, weil wir zum Beispiel keine Miete bezahlen müssen. Aber wir haben auch genug Nachteile, zum Beispiel können wir am Standplatz keine Wraps nachproduzieren. Wenn wir ausverkauft sind, sind wir ausverkauft. Wir können im Truck nicht kochen, und die Miete für unsere Küche ist astronomisch hoch.“

In der Zwischenzeit arbeiten sie einfach weiter. Ihre Standorte für die nächsten vierzehn Tage geben sie regelmäßig auf ihrer Webseite und auf Facebook bekannt. Und sie tauschen sich häufig mit deutschen Food Truckern aus. „Die meisten von denen haben fast gleichzeitig mit uns angefangen. Die Gesetze in Deutschland sind zwar ähnlich, aber es gibt viel mehr Interpretationsspielraum,“ sagt Kroisz.

wrapstars.at
www.facebook.com/wrapstarsvienna?fref=ts

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