Harald Havas zeigt auf die Spitze des Rathausturmes. „Die Anbringung des Rathausmannes dort oben war eigentlich ein anti-monarchistischer Schildbürgerstreich“, erzählt er. Mit dem 1800 Kilo schweren Rathausmann hätte man listig ein Verbot des Kaisers umgangen, nachdem die Türme des Rathauses die nahegelegene Votivkirche nicht überragen hätten dürfen.
Eine Geschichte ganz nach seinem Geschmack. Eher nebensächlich und unbekannt, aber skurril und ungewöhnlich. „Ich gehe irgendwo vorbei und frage mich: ,Warum ist das so?` Öfters als man denkt gibt es darauf eine interessante Antwort.“ Genau diese Antworten sammelt der Wiener Autor, und fasst sie in seinen Büchern zusammen.
Mit der Kutsche bis ins Schlafzimmer, mit Hilfe der Schneiderin aufs Pferd
Maria Theresia war in ihren späten Jahren zu dick zum Treppensteigen. Darum baute man für sie eine Rampe und kutschierte sie bis in ihr Schlafzimmer. Sisi wiederum ließ sich auf Pferdesättel nähen, damit ihr Kleid perfekt sitzt. Die Bruno-Kreisky-Gasse ist überhaupt keine Gasse sondern nur ein Durchgang. Der Theseus-Tempel im Volksgarten war der Treffpunkt der Wiener Hippies in den 60-er Jahren. Das höchste Haus der Wiener Innenstadt wurde absichtlich so gebaut, dass man es nicht sehen kann. Der Ballhausplatz erhielt seinen Namen nicht von rauschenden Festen, sondern weil hier einst eine frühe Form des Tennis gespielt wurde.
Factbox
Harald Havas ist Jahrgang 1964. Er arbeitet als Journalist, Buch- und Spieleautor, Übersetzer, und schreibt Texte für Comics. Als die FPÖ zunehmend mit Comics Wahlwerbung machte, initiierte er die Plattform Comics gegen Rechts um ein Zeichen für mehr Toleranz zu setzen.
Havas rettet diese kleinen Randnotizen vor dem kollektiven Vergessen. „Zahlen und Namen merke ich mir schlecht, aber ich habe ein selektives Gedächtnis für Schas. Viele Sachen stehen irgendwo, aber die meisten Leute schauen nicht näher nach. Ich selektiere solche Dinge für andere“, sagt er.
Ab und zu macht der Autor eine Führung für seine Leser. Einmal hätten ihn um die 120 Leute auf einem seiner Skurrilitäten-Spaziergang durch die Wiener Innenstadt begleitet. Trotz der großen Nachfrage veranstaltet er diese Touren nur selten, dafür aber gratis. „Das geht auch nicht anders, weil ich kein geprüfter Fremdenführer bin.“