Die US-Amerikanerin Caroline Kirkpatrick lebt seit eineinhalb Jahren in Wien, unterrichtet an der International School und war ihr Leben lang unpolitisch. Das änderte sich, als Trump zum 45. Präsidenten der USA gewählt wurde. Sie hörte vom Women's March on Washington, verwarf den Gedanken, hinzufliegen und stellte stattdessen einen Aufruf zum "Sister March in Vienna" online. Innerhalb kürzester Zeit fanden sich Organisationen, um die Idee zu unterstützen: der Österreichische Frauenring, die Plattform 20.000 Frauen, One Billion Rising Austria, Wave, die Linkswende und die Democrats Abroad.
Rund 2.500 Protestierende versammelten sich vor der Karlskirche. Sie demonstrierten gegen „Pussy-Grabbers“, gegen Sexismus, gegen Homophobie, gegen Rassismus, gegen den wachsenden Nationalismus und gegen Faschismus, für Umweltschutz, für Pressefreiheit, für das Recht auf Abtreibung, für Rechte von Zuwander_innen, für das Recht auf Gesundheitsfürsorge und für LGBTQIA-Rechte.
Auch wenn die Wahl Trumps zum Präsidenten der Anstoß der weltweiten Protestmärsche war, so ist es laut Kirkpatrick keine „Anti-Trump-Veranstaltung“, sondern ein gemeinsames Auftreten gegen menschenverachtende Rhetorik und für eine solidarisch geeinte Zivilgesellschaft.
Women's March on Washington
Auf der Webseite Women's March on Washington“ schreiben die Betreiber_innen: Frauenrechte sind Menschenrechte, unabhängig von Rasse, Ethnizität, Religion, Migrationshintergrund, sexueller Identität, Geschlecht, ökonomischen Status, Alter oder Behinderung. Die Organisatorinnen wollen Lesben, Schwule und Transpersonen, Menschen mit Behinderung, Muslim_innen sowie alle Anhänger_innen aller Glaubensrichtungen zusammenbringen, um „eine klare Botschaft des Widerstands und der Selbstbestimmung“ zu senden.
Während in den USA die Direktorin der „National Domestic Workers Alliance“, die Präsidentin der „Planned Parenthood Federation of America“ und die feministische Autorin Gloria Steinem bei den Marches sprachen, standen in Wien, neben der Organisatorin, auch die stellvertretende Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings Brigitte Hornyk vor dem Mikrophon. Im Interview sagte sie, dass es auch in Österreich jede Menge Handlungsbedarf gäbe: etwa die Geschlechtergerechtigkeit bei Lohn und das der §97 aus dem Strafgesetzbuch novelliert werden müsse. In den USA sieht sie das Recht auf Gesundheitsfürsorge gefährdet und auch das Recht auf Schwangerschaftsabbruch. „Ich bin keine Prophetin, aber ich hoffe, dass es nun wieder mehr Widerstand geben wird, wenn Menschenrechte verletzt werden.“
In my house
Demonstrant_innen trugen Schilder, auf denen die wichtigsten Slogans der US-Amerikanischen Protestbewegunen zu lesen waren wie "No Human is Illegal", oder "Black Lives Matter". Andere unterstützen den Widerstand der Sioux in Dakota, die sich gegen den Bau einer Pipeline durch ihr Reservat wehren und wieder andere fordern das Amtenthebungsverfahren gegen Trump einzuleiten oder betreiben Wahlkampf für Bernie Sanders – 2020. Die Sängerin Eudora Price aus New York sagt: „Als Trump gewann, wurde mir klar, dass uns das um einhundert Jahre zurückwerfen wird, deshalb demonstriere ich für den Erhalt und Ausbau der Frauenrechte.“ Die New Yorkerin Mary-Ann ist mit ihren Freundinnen aus Salzburg angereist, um gegen den Abbau von Demokratie und für Pressefreiheit zu demonstrieren, der Architekt Fred Robbinson aus New Mexico engagiert sich gegen den zunehmenden Fremdenhass. Manche Slogans scheinen aus europäischer Sicht freilich fremd. "Science is real" - das würden hier die wenigsten in Zweifel stellen.
Die UN-Diplomatin Laura Rockwood ruft ihre US-amerikanischen Zuhörer_innen auf, 2019 bei den "midterm elections", den Halbzeitwahlen, wo ein Teil des Senates sowie das Repräsentantenhaus neu gewählt werden, selbst für ein Amt zu kandidieren. Ihre Forderung: Respekt und Solidarität statt Sexismus und Rassismus.
Gerücht
Während die Protestierenden lautstark singend „The people, united, will never be defeated“ in Richtung Stadtpark zogen, machte sich auf Facebook ein Gerücht breit, die Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Amina Bagahajati sei vom Women's March Vienna ausgeladen worden. Wilflingseder und Kirkpatrick schreiben auf Facebook: „Engagierte Frauen haben in Österreich mittlerweile ihre muslimischen Schwestern als streitbare Feministinnen kennen- und schätzen gelernt. Amina Baghajati haben wir daher einstimmig in der Vorbereitungsgruppe zum Women‘s March Vienna als Sprecherin eingeladen. Islamfeindlichkeit wird von uns wie jede Form der Diskriminierung klar abgelehnt. (…).“