Die Vorgeschichte
9 Punkte der Expertenkommission
Ostareal ist im Zusammenhang mit dem Gesamtareal zu sehen
Gesamtareal soll in öffentlicher Hand bleiben
Entwicklung von Nachnutzungsszenarien
Gründung einer Trägerbetriebsgesellschaft
Keine Neubauten zwischen den Pavillons im Hauptteil und im Westen
Parkpflegewerk
Freihaltung der Grünstreifen und der Achse Pathologie-Kirche
Umnutzung nur durch denkmalpflegerische Gesichtspunkte
Testplanungsverfahren um mögliche Baufelder im Osten abzuklären
2006 beschloss der Wiener Gemeinderat einen neuen Flächenwidmungsplan für das Otto-Wagner-Spital (OWS) auf der Baumgartner Höhe. Das Schutzgebiet wurde vergrößert, jene Flächen die bebaut werden dürfen, reduziert und das öffentliche Wegerecht festgelegt. Doch der Ostbereich des Areals wurde aus der Spitalsnutzung genommen und eine 40-prozentige Bebauung erlaubt. Zwei Jahre später beschloss der Wiener Gemeinderat den Verkauf einer Teilfläche an die GESIBA. 2011 fuhren die ersten Bagger auf: das Privatunternehmen VAMED errichtete ein Rehab-Zentrum und die GESIBA plante, 620 Wohnungen in neu zu errichtenden Gebäuden und 100 Luxuswohnungen in bestehenden Pavillons zu bauen.
Die Bürgerinitiative Steinhof-Erhalten wehrte sich gegen die geplante Verbauung. Im Oktober 2011 erließ Bürgermeister Michael Häupl einen Baustopp. Kurz darauf begann die Mediation zwischen den Bürgerinitiativen (Initiative Denkmalschutz, Steinhof gestalten, Steinhof erhalten) und den agierenden Institutionen wie Krankenanstaltenverbund (KAV), Wiener Standortentwicklung und Vertreter der Stadt Wien sowie Mitarbeiter des internationalen Konzerns VAMED und der MA21 (Stadtteilplanung und Flächennutzung) in beratender Funktion.
Von März 2012 bis April 2013 wurde verhandelt. Schließlich einigte man sich auf einige Punkte und auch darauf, dass man sich in drei Punkten nicht einigt: Das raumplanerische Nutzungskonzept, die Bebaubarkeit der definierten Bauplätze und ob das OWS Weltkultur-Erbe werden soll oder nicht.
Eine eingesetzte Expertengruppe arbeitete neun Punkte aus. Diesen Vorschlägen folgte der Gemeinderat im November 2013 mit einem Beschluss. Die bebaubare Fläche wurde von 62.000 auf 20.000 m² reduziert. Trotzdem darf die GESIBA 160 Neubau-Wohnungen und 110 Wohnungen in den bestehenden Pavillons mit einer Nettomiete von 7,50 Euro pro Quadratmeter errichten und erhielt das Baurecht für 99 Jahre. Die Bürgerinitiativen waren nicht zufrieden mit dem Beschluss. Schließlich berief der Bezirksrat in Penzing eine Bürgerversammlung ein.
Die Bürgerversammlung
Die Hauptkritikpunkte der Bürgerinitiativen sind die drei offen gebliebenen Punkte der Mediation: Bebaubarkeit, Nachnutzung nach der Absiedlung des Spitalbetriebs 2024 und die Frage, ob das OWS Weltkulturerbe werden soll.
Gerhard Hadinger von der Bürgerinitive Steinhof Erhalten interessiert sich dafür, wie es möglich war, dass die GESIBA die Grundstücke zu einem Quadratmeterpreis von 345 Euro erwerben konnte. Kostet doch ein Quadratmeter Grund in der benachbarten Schrebergartensiedlung zwischen 700 und 1000 Euro. Werner Windisch ist Prokurist bei der GESIBA und sagt: „Der Kaufpreis wurde aufgrund eines Gutachtens der Präsidentin der Wiener Wirtschaftskammer festgelegt und danach von der GESIBA erworben.“ Inzwischen gibt es Pläne, dass die Verträge wieder rückabgewickelt werden.
Die Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin der Wiener Grünen, Jennifer Kickert, wünscht sich noch im ersten Quartal 2014 einen Gemeinderatsbeschluss, der den Verkauf von 2008 aufheben soll und die Einleitung eines neuerlichen Verfahrens zur Flächenwidmung, um die von den Experten vorgeschlagene Bebauungsfläche auf 20.000 m² zu reduzieren. „In den nächsten Monaten wird das Verfahren eingeleitet und ich sehe keinen politischen Widerstand,“ erklärt sie.
Wohnungen
Homepage der Stadt Wien: "dass 40 der 160 Wohnungen vom Bauträger GESIBA in Zusammenarbeit mit sozialen Trägerorganisationen in Form von betreubarem Wohnen vergeben werden. Vier Wohneinheiten werden als Wohngemeinschaften zur Verfügung gestellt, etwa für Ältere, Menschen mit Behinderungen, oder für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen. Zusätzliche 20 Wohnungen werden an Studierende vergeben. Somit ist sichergestellt, dass dem sozialen Wohnbaugedanken umfassend Rechnung getragen wird."
Die Bürgerinitiativen sind gegen eine Verbauung des Ostareals und fürchten, dass nur reiche Menschen in die Wohnungen einziehen werden. Der Vertreter der MA21, Eckart Herrmann, sagt allerdings in seinem Vortrag: „Es wurden Gebäude geplant, die Wohnzwecken dienen können, weil sie auch den von allen angestrebten medizinischen, sozialen, öffentlichen Zwecken dienen können.“ Ein Experte fügt hinzu, dass bei den künftigen Bebauungsplänen auf die Größe der Gebäude und Bäume Rücksicht genommen wird: „Um einen schönen großen Baum wird herumgebaut werden. Eine Zielsetzung ist es, so schonend wie möglich vorzugehen.“
Nicht nur die Verbauung des Geländes stört den Vertreter der Bürgerinitiative Steinhof-Erhalten, Gerhard Hadinger, sondern auch, dass sich Arbeiter mit einem Durchschnittseinkommen von 1.606 Euro pro Monat 750 Euro Nettomiete nicht leisten können. Die SPÖ-Gemeinderätin und Landtagsabgeordnete Silvia Rubik versucht, seine Bedenken zu zerstreuen: „Es gibt einen Drei-Stufen-Plan: 1/3 Gemeindebau, 1/3 Genossenschaft und 1/3 Privatwohnungen. Es soll eine gesellschaftliche Durchmischung entstehen.“ Ihre Vision ist es, auf dem westlichen Teil des OWS einen Campus einzurichten.
Eine Bürgerin erinnert sich allerdings auch an den Konsens aus der Mediation, dass therapeutische Einrichtungen weiter genutzt werden sollen, die im Osten der Anlage liegen. Falls dort Privatwohnungen gebaut werden, werde es schnell zu massiven Konflikten mit der neuen Wohnbevölkerung kommen wird, fürchtet sie.
Nachnutzung des OWS-Geländes
Bis 2024 wird der Spitalsbetrieb vom Otto-Wagner-Areal abgesiedelt. Die Bürgerinitiativen bekritteln, dass es bis heute keine Nachnutzungspläne für das 722.800 m² große Gelände mit 53 Jugendstil-Pavillons gäbe.
Die Bezirksvorsteherin von Penzing, Andrea Kalchbrenner, will gemeinsam mit Experten und Bürgern ein Nachnutzungskonzept erstellen. Ihr Wunsch wäre eine Uni für Hirnforschung oder eine Heimstatt für krebskranke Kinder. Auf jeden Fall soll die Gedenkstätte erhalten bleiben.
Werner Bartlmä von der Wiener Stadtentwicklung hatte Pläne, Wintergärten und Zu-, Vor- und Aufbauten bei den bestehenden Pavillons zu errichten. Doch das Bundesdenkmalamt besteht für den westlichen Teil des OWS auf ein striktes Bauverbot. Denn die Gebäude in der Kernzone gelten als Bauarchitektur von höchstem internationalen Interesse. Die Gebäude sollen in ihrer äußeren Form erhalten bleiben. „Knallharter Denkmalschutz der gelebt wird“, sagt er.
In der Mediation wurden schon etwaige Nutzungsmöglichkeiten besprochen. Zum Beispiel medizinische Nutzungen, soziale Einrichtungen oder ein Privatspital. „Jetzt sind wir in einer Phase, in der wir über die tatsächlichen Nutzungsmöglichkeiten in den nächsten Monaten nachdenken können. Wir müssen auch Betreiber suchen. Uns ist die Erhaltung des Jugendstil-Ensembles wichtig und wollen es mit neuem Leben füllen,“ sagt Bartlmä.
Der ehemalige Direktor des Naturhistorischen Museums und Mitbegründer der ökologischen Bewegung in Österreich, Bernd Lötsch, wundert sich, warum die Stadt Wien im letzten Jahr nicht mit Privatkrankenhäusern verhandelt hat. Und die Stadt keine Vorkehrungen trifft, obwohl „die größte Geriatriewelle aller Zeiten auf Österreich zurollt.“ „Wir brauchen Geriatrie- und Palliativstationen. Man soll über die Nutzung der Pavillons nachdenken und ein vielfältiges Nutzungskonzept entwickeln,“ sagt er.
Verkehrsplanung
Gerhard Hadinger rechnet den Experten und Politikern das erhöhte Verkehrsaufkommen durch die Errichtung der 160 Bauobjekte plus 110 Wohnungen vor. Bis heute gäbe es keine konkrete Veröffentlichung darüber, mit wie vielen Haushalten und Bewohnern gerechnet werden kann. Er vermutet, dass rund 500 zusätzliche Autos durch die Reizenpfenninggasse und den Flötzersteig fahren werden. Hadinger hat die momentane Verkehrsdichte erhoben. Er zählte 1050 Fahrzeugen pro Stunde in der Hauptverkehrszeiten.
Der Experte gibt Hadinger recht, „Wenn insgesamt 270 Wohnungen gebaut werden, werden auch rund 500 Autos dazukommen. Aber durch die Absiedlung des Spitals werden viele Arbeitnehmer woanders tätig sein. Es fallen einige Autos weg. Noch gibt es kein endgültiges Verkehrskonzept, weil man noch nicht weiß, ob im Ostareal tatsächlich gebaut werden wird.“
Das Weltkulturerbe
Weiterführende Links:
Die Bürgerinitiative Steinhof-Erhalten hat für ihre Petition, das OWS bei der UNESCO-Welterbe-Kommission einzureichen, 7229 Unterschriften gesammelt. Das Anliegen wurde vom Petitionsausschuss abgelehnt. „Wir warten seit drei Monaten auf eine sachliche Antwort,“ sagt Hadinger. Ein Mitglied der Initiative Denkmalschutz ist über die Ablehnung empört: „Es ist ein Skandal, dass die Prüfung durch die UNESCO mit der Aussage verhindert wurde, dass der Status als Welterbe den Schutz des Areals nicht verbessern würde. OWS ist historisch wertvoll und weltkulturwürdig.“
Von den anwesenden Politikern und Experten nahm diesbezüglich niemand Stellung.
Doch eine Bürgerin sagt: „1981 ist es uns gelungen mit einer Bürgerinitiative die Steinhofgründe vor der Verbauung zu schützen, mittlerweile sind wir eine namentlich erfasste Bürgerinitiative von 80.000 Wiener. Wir werden auch dieses Areal für das Gemeinwohl erhalten können.“