Bei der Premiere ihres neuen Stückes „Die Gästeliste“ eröffnet Marika Reichhold aka Frau Franzi mit einer „Lobredungsrede“ auf sich selbst: „Ich ehre mich heute für mein zwischenzeitliches Werk, mein unermüdliches Engagement und meine steile Karriere zur internationalen Putzfrau.“ Begonnen hatte die Geschichte um Frau Franzi im niederösterreichischen Grünbach. Reichholds Eltern hinterließen ihr ein nicht alltägliches Erbe – ein Bergbaumuseum voller Grubenlampen, Arschledern und Lokomotiven. Ihre Finanzen reichten jedoch nicht aus, um das Museum zu modernisieren, also machte sie es kurzerhand zu ihrer Bühne. Erfand die Figur der Putzfrau Frau Franzi. Zog ihr einen blauen Haushaltskittel mit kleinen Blümchen, darunter eine Kombinage, Gesundheitsschlapfen an und setzte ihr ein Kopftuch auf. Frau Franzi erzählt seither in einer „Superlativführung“ voller schwarzem Humor und feiner Ironie die Geschichte des „größten, tiefsten, herrlichsten und einzigen Steinkohlebergwerk“. Denn selbstverständlich hätte es weder die Wiener Ringbauten noch Stahlwerke gegeben, hätte nicht der Ochse vom Kogelbauer im Jahr 1825 die Steinkohle auf einem Grünbacher Acker entdeckt und damit einen wahren Kohlenrausch ausgelöst. Und was danach passierte, erzählt Frau Franzi voller Witz, Tiefgründigkeit und unglaublich spannend.
Mägbess
Die ausgebildete Kunsttherapeutin Reichhold wusste aber, dass die Museumsführung nicht auf Bühnen funktioniert und entwickelte gemeinsam mit dem Regisseur Christian Suchy im Haydnjubliäumsjahr 2009 ein Stück um den Komponisten und der Köchin Mizzi. Aber 2010 wollte niemand mehr das Stück sehen, also musste etwas zeitloses her: Shakespeare. Seither hat sie fünf seiner „tragischsten aller tragischsten“ Dramen komprimiert, transformiert und ins „Greanbachersche“ übersetzt, damit sie jede und jeder verstehen kann: Romeo und Julia, „Mägbess“, Hamlet, Othello und König Lear. So wurde aus Frau Franzi die „schäggsbia-narrische“ Putzfrau.
Rund 800 Stunden braucht Reichhold um ein Stück bühnenreif zu machen. Für ihre fünf Shakespeare-Adaptionen hat sie 22.240 Zeilen, also 1.445,6 Meter Text gelesen. Alle zehn Stücke gemeinsam ergeben 827 Minuten und zwölf Sekunden Aufführungszeit. Und genau aus diesen spielt sie 85 Minuten in ihrem neuen Programm „Die Gästeliste“. Entlockt Zuschauer_innen bei berühmten Liebesszenen Seufzer, lässt sie bei Mägbess und Othello vor Angst und Spannung mit den Zähne klappern, beim Anblick des Todes erschrecken und bei der historischen Ungerechtigkeit gegenüber der Köchin Mizzi fluchen.
Sie schließt ihre Vorstellung mit einer weiteren „Lobredungsrede“: Frau Franzi ist toll, ist wahnsinnig, wahnsinnig toll. Dem können wir uns nur anschließen.
Nächste Termine:
22., 23., 24. & 25.11. 2017 (20.00 Uhr)
20.2. & 13.3.2018 (20.00 Uhr)
KosmosTheater
1070 Wien, Siebensterngasse 42
Karten: Tel. 01/523 12 26,
€ 19,- | erm. € 15,- / € 11,-
KosmosEuro € 1,- | Sparpaket € 84,-