Der Verein „Mitten in Favoriten“ sieht sich als Umspannwerk unterschiedlichster Energien in ihrem Bezirk, als Kommunikator zwischen den Kulturen und Menschen und sie sind die Erfinder der Wirtshausspaziergänge.
Die Stammgäste des Gasthaus Praschl ziehen ihre Jacken nicht aus, halten sich an Bierflaschen und Zigaretten fest und beäugen die anderen Gäste skeptisch, jene, die noch nie zuvor in diesem Wirtshaus gewesen sind. Jene die die Weihnachtsdekoration aus leeren Stolichnayaflaschen, die Holzvertäfelung an den Wänden noch nie gesehen oder an den Holztischen Bier getrunken haben und den Rollator am Damen-WC noch nicht entdeckt hatten. Sie waren auf Einladung des Vereins „Mitten in Favoriten“ gekommen und das Wirtshaus bis zum letzten Platz besetzt. Der Musikant Nino Mandl alias Nino aus Wien sitzt am Ecktisch, raucht und trinkt Spritzer. „Ich wohne ums Eck, bin ein neu Zugraster in Favoriten. Das Konzert im Gasthaus Praschl ist für mich Teil des Kennenlernprozesses meiner neuen Wohngegend“ sagt er, „ganz große Bühnen sind eh fad. Ich spiele gern in Wirtshäusern, weil ich gerne in Wirtshäusern bin und die Konzerte viel näher und dichter sind. Wenn man rauchen darf, sogar noch dichter.“
Mitten in Favoriten
Gasthaus Praschl
Nikola Poljak ist Sozialarbeiter und Mitbegründer des Vereins „Mitten in Favoriten“. Einem Umspannwerk „der unterschiedlichsten Energien, die in einem sich stark wandelnden Bezirk am Wirken sind“, der mittels Kunst- und Kulturformaten Menschen zusammenbringen und alte Gasthäuser wiederbeleben will.
Der Favoritner Poljak sagt, „vor einem Jahr waren wir erstmals im Gasthaus Praschl und hörten die Geschichten, dass es früher hier immer voll war, dass das Wirtshaus in den 1970er und 1980er Jahren das sprichwörtliche verlängerte Wohnzimmer gewesen ist und hier immer Veranstaltungen stattgefunden haben. Heute ist es fast immer leer. Die Wirtshauskultur stirbt aus. Wir wollen sie aber wiederbeleben und haben die Wirtshausspaziergänge erfunden.“ Die erste Veranstaltung fand Ende November im Gasthaus Lendl statt, der Kabarettist Simplice Mugiraneza alias SOSO war aufgetreten. Am 1. Dezember spielte die Coverband Silver Rain Lieder aus Ex-Jugoslawien und eben Nino aus Wien lange Liebeslieder oder vom schönsten Mann Wiens und nervösen Schutzengeln und über die Kaffeehauskultur. Tosender Applaus und Nino sagt, „a Liad no, wenn i scho do steh.“ Auch die Stammgäste applaudieren jetzt, man hat sich aneinander gewöhnt. Die Kommunikation funktioniert jetzt.
Die dritte „Mitten-in-Favoriten“-Veranstaltung findet am 14. Dezember wieder im Gasthaus Praschl Quellenstraße 39, 1110 Wien statt. Stefanie Sargnagel wird lesen. Reservierungen für maximal zwei Personen unter office@mitten-in-favoriten.at
