Unter Lebensgefahr strömten sie tagtäglich in die langgezogenen Stollen der Hohen Tauern und trotzten mit einfachstem Werkzeug dem Berg sein Edelstes ab. Bis zu 3000 Männer lebten und arbeiteten einst bei unwirtlichen Bedingungen auf einer Höhe von über 2300 m im Knappenort Kolm-Saigurn im Salzburger Pinzgau. Goldsuchen lebt als uralte Tradition im Markt Rauris, ehemals Geißbach, noch heute weiter, obwohl die Stollen längst geschlossen sind. Doch in der Blütezeit zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert wurde hier bis zu zehn Prozent des Weltgoldes abgebaut. Reich wurde aber nur der Salzburger Erzbischof, die einfachen Arbeiter mussten die Fundstücke abliefern.
Der Großteil des Goldes soll noch immer in den Hohen Tauern schlummern, doch der Abbau wurde mit der Zeit mühsamer, teurer, gefährlicher. Die Knappen mussten immer tiefer in den Berg hinein und das Edelmetall mit hochgiftigen Mitteln wie Quecksilber oder Cyanid aus den Steinen herauswaschen. Diese Mittel sind heute in Österreich verboten. Als der Abbau immer unrentabler wurde, zog sich das geistliche Fürstentum Salzburg als Betreiber mehr und mehr zurück.
Keine Nuggets, nur Flitter
„Das Kalb ist heraußen – die Kuh ist noch drinnen im Berg“, besagt ein Ausspruch der Knappenzunft. Damit ist gemeint, dass sich noch etwa 80 Prozent des Goldes im Inneren des Rauriser Goldberges befindet. Ein bisschen Milch verspritzt die Kuh bis heute. Die Steine aus denen das Gold einst herausgeschmolzen wurde, warfen die Knappen meist achtlos auf die Seite. Heftige Regenfälle spülten diese Steine hinunter in das Flussbett der Ache. An manchen Stellen bleibt feiner Goldstaub, sogenannter Flitter, liegen, der vom Wasser aus dem Gestein gewaschen wird. Heute sind die Goldwaschplätze in Rauris eine Touristen-Attraktion.
Der kleine Goldwaschkurs
Goldwaschlehrer Hans Wochesländer wiegt ein paar schwarze Steine in seiner Hand. „Wo Eisenstein liegt, da ist oft Gold“, erklärt er.
Der einzige Original-Goldwaschplatz in Rauris liegt an der Hüttwinklerache in Richtung Bucheben. In den Sommermonaten suchen Touristen hier und an zwei weiteren Plätzen auf der Heimalm und der Sportalm für ein paar Euro nach Goldflitter. Reich wird hier niemand, aber ein kleines Mitbringsel finden die meisten. Die „Goldherren“ an der Ache sind Theo Huber und Hans Wochesländer. Die beiden kümmern sich um die Goldwaschlehrlinge, weisen die Amateure in die Grundtechnik ein und versorgen sie mit den nötigen Utensilien: Gummistiefel, Pfanne (Eine Schüssel mit Rillen), Schaufel und ein Glasröhrchen mit Wasser.
An diesem Tag führt Wochesländer die Besucher in die Kunst des Goldwaschens ein. „Goldwaschen ist eine eigene Technik, die ich euch heute zeigen werde. Zuerst füllt ihr eine halbe Schaufel Sand in die Schüssel. Falls Gold dabei ist, müsst ihr im ersten Schritt versuchen, das Gold und den Sand auf den Boden der Goldwaschschüssel zu bekommen. Zuerst wascht ihr die Steine heraus. Im ersten Schritt haltet ihr die Schüssel unter Wasser und schüttelt sie fest durch. Das Wasser muss durch die Steine und den Sand laufen.
Im zweiten Schritt gebt ihr das ganze Material nach vorne, stellt die Schüssel 90 Grad ins Wasser und schwemmt nun die Steine über die Rillen hinaus. In den Rillen bleibt ein bisschen Sand und Schotter über, und wenn ihr gut geschüttelt habt, bleibt das Gold am Boden und setzt sich in den Rillen fest.
„Goldwaschen ist nur ein Hobby“
Im dritten Schritt kommt das eigentliche Goldwaschen an die Reihe. Ihr schüttelt alles aus den Rillen heraus, lasst ungefähr einen halben Liter Wasser drinnen und haltet die Schüssel schräg wie ein Autolenkrad. Unten ist Wasser, oben ist Sand. Ist Gold drinnen, bleibt es oben liegen, weil es schwerer ist als Wasser und Sand. Ein Kubikzentimeter Gold wiegt 19,3 Gramm, es ist das schwerste Element.
Wenn man Glück hat, bleibt oben Goldflitter liegen. Reibt einen Finger trocken, nehmt das Gold, setzt den Finger auf die Öffnung des Glasröhrchens, dreht es um, das Wasser holt sich nun das Gold vom Finger, fertig.“
Bevor Wochesländer seine Schüler entlässt, gibt er ihnen noch ein paar zusätzliche Ratschläge mit auf den Weg: „Sucht am Rand, das Gold kommt nur von der Innenseite des Baches. Wenn ihr was in die Schüssel schaufelt, schaut, dass immer Steine dabei sind. Denn wo nur Sand ist, liegt kein Gold. Sucht nach schwarzen Steinen, nach Magnetit. Greift nicht mit dem Finger in die Schüssel. Es gibt viel Pyrit, das ist Katzengold und sieht aus wie echtes Gold, es bringt die ganze Schüssel zum Glitzern, ist aber völlig wertlos.“
Während seiner Zigarettenpause erinnert sich Wochesländer an den größten Fund während seiner Karriere als Goldwaschlehrer. „Vor zehn Jahren hat einer ein Neun-Millimeter-Nugget gefunden. Die sind in Rauris sehr selten.“
Sonst sind ihm keine Erfolgsgeschichten von Rauriser Glücksrittern bekannt. „Goldwaschen ist ein Hobby, und der Bergbau war eine schwere und gefährliche Arbeit. In Verbindung mit Gold ist immer alles mit Schicksal und Schmerz verbunden.“