Rund 1.6 Millionen Österreicher zwischen 18 und 69 Jahren haben zur Zeit keine feste Beziehung. Die 18 bis 29-jährigen Singles glauben, sie seien zu schüchtern oder würden zu hohe Ansprüche an potentielle Partner stellen. Rund ein Drittel der 30 bis 49-jährigen Singles knabbern noch an vergangenen Beziehungen und die 50 bis 69-jährigen Alleinstehenden tun sich schwer, jemanden in ihrem Alter kennenzulernen.
Allen gemeinsam ist, dass sie sich meist nur in ihrem Freundeskreis bewegen oder seltener ausgehen. Dabei wünschen sich zwei Drittel der Singles eine längerfristige Beziehung und warten auf den richtigen Partner. 44 Prozent der Alleinstehenden führen schon seit mehr als drei Jahren ein Singleleben* und das kann ziemlich zermürbend sein.
Vor allem im Sommer, wenn plötzlich alle Schanigärten, Parkbänke und Schwimmbäder von glücklichen Liebenspaaren bevölkert zu sein scheinen, ist es für manche Singles schwer, allein zu sein. Sie besuchen Flirtkurse, lesen Ratgeber und schreiben sich auf unzähligen Online-Singlebörsen ein.
Liebe erschnuppern
Karin Pallinger gründete eine Informations-Plattform für Singles im Netz. Sie wollte Informationen für und über Partnersuchende in Wien auf der Webseite sammeln. „Doch es gab nicht genug Material“, sagt sie. Deshalb hat sie Cityspeeddating gegründet.
Das funktioniert folgendermaßen: Im Fünfminutentakt wechseln die Gesprächspartner der Singles. Das sei genug Zeit um festzustellen, ob man den Datingpartner riechen kann. „Es dauert nur 15 Sekunden bis der Geruchsscan abgeschlossen ist. Dann weiß man, ob man den anderen „riechen“ kann oder nicht. Der Rest passiert im Kopf. Passt der Partner in mein Schema oder nicht? Rein intuitiv weiß man das“, sagt Pallinger. Und sie muss es wissen.
Rund 30.000 Singles haben sich seit 2009 schon auf ihren Veranstaltungen getroffen. Nur einer hat die Flucht ergriffen. Ein geschiedener Mann, der ausgerechnet beim Speeddating auf seine Ex stieß. Oder Pallinger alle Singledamen zu Beginn der Veranstaltung fehlten. Acht Single-Damen einer Firma buchten ein Event zum gleichen Termin und fuhren gemeinsam zum Dating. Sie fanden aber vor der Veranstaltung lange keinen Parkplatz. Schließlich tauchten sie alle auf.
Kreuzerlwirtschaft
Meist geht aber alles gut beim organisierten Kennenlernen.
Vor dem Beginn der Veranstaltung begrüßt Pallinger alle Teilnehmer per Handschlag. Die jungen Singledamen kommen meist zu zweit, die Herren eher alleine. Sieht sie, dass die Singles nervös sind, scherzt sie mit ihnen, macht Speeddaterdamen untereinander bekannt.
Sie gibt den Teilnehmern Tipps, wie sie die Fünf-Minuten-Gespräche beginnen können. Pallinger schlägt ganz normale Opener vor. Ist es heiß, kann man über das Wetter sprechen. Fährt man auf Urlaub, kann man den Gesprächspartner fragen, wie seiner war. Small-Talk über Ferien ist besonders empfehlenswert. Meist sind die Erlebnisse mit positiven Emotionen besetzt. Beim lockeren Geplauder kann man schnell feststellen, ob man partnertechnisch auf der gleichen Wellenlänge surft. Manchmal vertragen sich die Singles auch zu gut. „Dann muss ich sie auseinanderreißen.“
Nach der Veranstaltung können sie wieder zusammenfinden. Jeder Teilnehmer füllt ein Kärtchen aus, welchen Gesprächspartner er wieder treffen möchte. Pallinger gleicht die Antworten ab und schickt am nächsten Tag Mails an jene, die sich ein Wiedersehen wünschen.
Hochzeit
Was danach passiert, erfährt sie nicht immer. Aber manch ein Speeddater verliebte sich in eine Speeddaterin, trennte sich und kam mit der Hoffnung wieder, eine neue Liebe beim Cityspeeddating zu finden. Nicht wieder kommen wird Bettina, die ursprünglich gar nicht zum Speeddating gehen wollte. „Bei einem meiner ersten Speeddatingveranstaltungen in der Babenberger Passage war eine Teilnehmerin sehr nervös und wollte schon absagen. Ich redete ihr gut zu. Zwei Lokalbesucher nahmen spontan am Event teil. Da männliche Teilnehmer kurzfristig ausgefallen waren, konnte der Platz an die Beiden weitergegeben werden. Drei Jahre später hat Bettina einen der Spontan-Speeddatern geheiratet und mich zur Hochzeit eingeladen.“
Factbox
Cityspeeddating findet mehrmals wöchentlich in Wien und einmal monatlich in den Bundesländern statt.
Kosten: Zwischen 19.00 und 35.00 Euro
Termine und weitere Infos
Es gibt aber auch Leute, die Speeddating meiden sollten. „Grantige und ungepflegte Menschen sollen zu Hause bleiben.“ Pallinger achtet schon bei der Anmeldung darauf, dass sich keine „Singlefreaks“ anmelden. Jeder Teilnehmer muss einen Fragebogen ausfüllen. Der selbstverständlich an niemanden weiter gegeben wird. In den letzten fünf Jahren hat sie eine gute Nase für die Kompatibilität ihrer Teilnehmer entwickelt und die Einladungen zu mehreren Hochzeiten scheinen ihr Recht zu geben.
- Daten stammen aus einer Parship-Studie