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Rehype.it

Herzblut

Mittwoch, 27. August 2014
Stefan Sebök hat drei Jahre lang Tag und Nacht gearbeitet. Er baute ein komplexes Webprojekt auf, entwickelte Marketingstrategien und fand Investoren. Trotzdem fehlte letztendlich Kapital. Schweren Herzens entschied er sich, sein „Baby“, my-artmap.com, zu verkaufen. Ein neues Start-up-Projekt hilft ihm dabei. Rehype.it gibt vermeintlich gescheiterten Webprojekten eine zweite Chance.

Stefan Brettschneider hatte ein Problem. Er wollte einige seiner Internetprojekte verkaufen. Ebay kam nicht infrage, schließlich sind seine Webseiten kein Schnäppchen, sondern komplexe Homepages. Er fand keinen Anbieter, der bestehende Webprojekte verkauft. Also beschloss er selbst eine Plattform zu gründen. Gemeinsam mit Geschäftspartner Tom Schneider, der Kommunikationswissenschaftlerin Katharina Lewald und einem Juristen entwickelte er Rehype.it.

Seit April 2014 können Webseitenbetreiber ihre Projekte potentiellen Käufern präsentieren. In den ersten hundert Tagen boten mehr als hundert Webseitenbesitzer ihre Seiten Rehype.it an. Sie sind bereit, 99 bis 499 Euro zu bezahlen, um sich 90 Tage lang potentiellen Käufern zu präsentieren.

Nicht jedes Projekt wird von Rehype.it angenommen. Brettschneider und Lewald haben ein strenges Bewertungssystem entwickelt, um die Qualität der angebotenen Webseiten zu garantieren. Beurteilungskriterien sind u.a.: klarer Quellcode, die Qualität der Kundendaten bei Online-Shops, die Domain, das Alleinstellungsmerkmal, keine Urheberrechtsverletzungen, die Social-Media-Kanäle. Wichtig ist, dass die Projekte schon funktioniert haben und noch Erfolg versprechend sind. Erst dann werden sie auf Rehype.it potentiellen Käufern angeboten.

Momentan suchen 20 Webseiten neue Besitzer: von einem Ticketsystem für Fischerkarten, über einen Marktplatz für Content- und Blogvermarktung, einer Kontaktplattform für Friedhofsgärtnereien, einer Jobbörse für BestAger, einem Cateringportal bis hin Stefan Seböks my-artmap.com.

„Facebook für den internationalen Kunstmarkt“

Stefan Sebök ist Mitbegründer von my-artmap.com
Stefan Sebök

„Keines der Projekte ist wirklich gescheitert“, sagt Lewald. Die Gründe, warum manche Start-ups anfangs nicht funktionieren, sind einfach: Die Firmenteilhaber zerstreiten sich, die Produkte können sich nicht schnell genug am Markt etablieren, es fehlen Kontakte zu potentiellen Investoren, das Geld für Marketing und Vertrieb ist knapp. „Die meisten Start-ups werden von jungen Leute gegründet, die keine Zeit haben Veranstaltungen zu besuchen, denen die Erfahrung und das Geld fehlt, Produkte bis zur Marktreife zu entwickeln und einem breiten Publikum zu präsentieren“, sagt Lewald. „Nur weil ein Projekt anfangs scheitert oder nicht gleich einen Investor findet, ist es noch lange nicht schlecht.“ Auch Sebök sieht sein 2011 gegründetes Projekt my-artmap.com nicht als gescheitert an.

Anfangs war die Seite ein reines soziales Netzwerk: „Facebook für den internationalen Kunstmarkt“. Inzwischen gibt es einen Veranstaltungskalender mit Auktions- und Messeterminen und einen Newsbereich. Galeristen und Künstler können eigene Shops auf my-artmap.com aufmachen und Objekte an die rund 7.500 registrierten User verkaufen. Einige Features warten noch auf die Umsetzung.

„Wir haben viel Zeit und Geld investiert und waren in den Medien präsent. Wir merkten bald, dass Soziales Netzwerk eine schöne Sache ist, aber wir müssen es auch monetarisieren.“ 2012 stieg eine private Beteiligungsgesellschaft mit einer sechsstelligen Summe ein und 2013 investierte die Crowd 70.000 Euro. „Wir steckten das Geld in die Technik. Die Leute wollen eine Mischung aus Facebook, Amazon und E-Bay, um Kunst zu kaufen. Es wäre aber noch mehr Kapital nötig, um alle angedachten Zusatzangebote umzusetzen.“ Anstatt nochmals nach Investoren zu suchen, entschied er sich, „Baby“ zu verkaufen.

Der Entschluss fiel ihm nicht leicht. Drei Jahre lang arbeitete er fast Tag und Nacht an seinem Webprojekt. „Ich habe viel Herzblut reingesteckt, aber ich freue mich, wenn es jemand weiterführt“, sagt er. Und die Chancen stehen gut. Mehr als 900 Interessenten haben sein Exposé auf Rehype.it angeschaut. Mit Zweien wird sie seit einiger Zeit bereits verhandelt.

Bieterverfahren

Auch die anderen Anbieter freuen sich über reges Interesse der Homepageshopper. Fast 28.000 Mal haben potentielle Webseiteneinkäufer Exposés aufgerufen. Für nur 99 Cent haben sich diese bei Rehype.it registriert. So stellen die Betreiber sicher, dass sich nur Menschen mit echten Kaufabsichten anmelden. Nur eingeloggte Interessenten sehen die Portfolios der Webseiten und können mit den Verkäufern Kontakt aufnehmen und in Verhandlungen treten. Seit August gibt es auch ein Bieterverfahren. Wie bei einer Auktion legt der Anbieter einen Mindestpreis für sein Produkt fest und Interessenten können bindende Angebote abgeben. Sobald ein Verkäufer ein Angebot annimmt, gilt der Deal als besiegelt.

Bis jetzt ist noch kein Projekt verkauft worden, aber es gibt viele intensive Verkaufsgespräche. Schließlich sind die vier- bis sechsstelligen Preise kein Pappenstiel. Wird ein Projekt verkauft, erhält Rehype.it zwischen neun und 25 Prozent Provision. Einen Teil des Geldes werden Lewald und Brettschneider in die Internationalisierung ihres Konzeptes investieren. Sie sind auf der Suche nach Lizenznehmern in Österreich und in der Schweiz. Am Preiszettel steht ein fünfstelliger Betrag, aber das ist Verhandlungssache.

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