Ernst Fuchs ist als Mitbegründer der „Wiener Schule des phantastischen Realismus“ einer der gewichtigsten zeitgenössischen Künstler Österreichs. Die Villa ist jetzt ein Privatmuseum; sie hat aber eine wechselhafte Geschichte: der Jugendstilarchitekt Otto Wagner hatte die Villa zwischen 1886 und 1888 für sich und seine Familie als Sommerresidenz errichtet. Sie wurde bald Treffpunkt für Gesellschaft und Künstler, zu den Empfängen und Sommerfesten erschienen Gäste wie Gustav Klimt, Josef Hoffmann, Adolf Loos oder Gustav Mahler.
1911 verkaufte Wagner die Villa an den Varieté-Unternehmer und Direktor des Apollo-Theaters Bernhard Ben Tiber. Mitte der 30er Jahre musste dieser vor den Nationalsozialisten ins Ausland flüchten, die Villa wurde enteignet. Während des Krieges nutzte Reichsjugendführer Baldur von Schirach die Villa als Büro.
Fuchs hatte noch während der Nazizeit die verlassene Villa am Hüttelberg entdeckt. Damals schwor er sich, das Haus seiner alleinerziehenden Mutter zu kaufen, wenn er einmal reich sei. Fuchs wuchs ohne Vater auf, weil dieser als Jude 1938 vor den Nazis fliehen musste.
Das sollte allerdings noch dauern: nach Kriegsende wurde die Villa zunächst zum Spekulationsobjekt, 1963 sollte sie gar abgerissen werden. Gemeinsam mit den Künstlerfreunden Arnulf Rainer und Friedensreich Hundertwasser versuchte Ernst Fuchs nun, dies zu verhindern. Letztlich war es Fuchs allein, der die Villa 1972 kaufte und in den folgenden Jahren nach Originalplänen renovierte. Seit 1988 ist das Ernst-Fuchs-Privatmuseum für die Öffentlichkeit zugänglich.
Gelbes Bett
Von der ursprünglichen Einrichtung war nichts mehr erhalten. Deshalb entwarf Fuchs die Möbel, Tapeten und Türgriffe selbst. Das Gebäude wurde zum Museum im Museum: Otto Wagners Architektur mit den typischen bunten Fenstern und Wandmalereien sind die Hülle zum vielschichtigen Werk Fuchs. Dieser hat nicht nur Türschnallen, Sitzmöbel und ein gewaltiges gelbes Bett für die Villa entworfen, sondern die Räume auch jahrelang als Atelier benutzt. Im Großen Salon etwa hängen neben den schweren Jugendstil-Vorhängen auch die zwischen 1977 und 1984 geschaffenen monumentalen Gemälde mit biblischen und archaischen Motiven.
Der Meister
Mit etwas Glück kann man den Maler selbst antreffen. Im Blauen Salon, wo Otto Wagner mit seinen Gästen einst Billard und Karten gespielt hatte, ruht der Meister auf einer Chaiselongue und schaut auf eines seiner größten Monumentalbilder: „Der Entkleidung der Esther“. „Esther ist eine Schutzheilige meines Anwesens“, sagt er. Ein anderer Schutzheiliger ist die mehr als 1000 Jahre alte Eiche direkt an der Grundstücksgrenze: „Wenn ein Baum so alt wird, dann muss er heilig sein“, sagt Fuchs; „ich dachte mir: er wird das gesamte Anwesen auch mein Werk beschützen.“
Das Haus ist eine stetige Kommunikation zwischen den Künstlern der Jahrhundertwende und Ernst Fuchs. Die Kobalt-Glasdecke mit den eingelassenen goldenen Davidsternen im Blauen Salon hat Fuchs als Tribut an den Erbauer der Hauses installiert. Im ersten Stock korrespondiert ein Mosaik von Kolomann Moser mit dem von Fuchs gestalteten Römischen Bad. Gleichzeitig wird die Geschichte des Hauses weitererzählt. Nach der Vertreibung des ehemaligen jüdischen Besitzers und der Einvernahme des Gebäudes durch die Nationalsozialisten berichten jetzt die eindringliche Bilder von Ernst Fuchs von seinen grauenhaften Erfahrungen in der Kriegszeit.
Factbox
Privatmuseum Ernst Fuchs
1140, Hüttelbergstraße 26
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag von 10.00 bis 16.00 Uhr
Webseite: www.ernstfuchsmuseum.at
Eintritt: Zwischen 6,00 und 11,00 Euro
Der Besuch der Fuchs-Villa ist zugleich eine Reise durch die jüngere Vergangenheit und durch verschiedene Kunst- und Architekturstile, die miteinander Dialog halten. Mit etwas Glück kann man den Maler selbst beim Arbeiten antreffen.