Vor ein paar Wochen hat Mimi angefangen, zu malen. Es ist unterschiedlich, wie lange sie für ein Bild braucht, denn Mimi lebt in ihrem eigenen Universum, in ihrer eigenen Zeit. Wenn sie beschließt, dass das Bild fertig ist, dreht sie das kleine Kunstwerk um und zeigt es den Zuschauern. Die beklatschen das kleine, zarte Wesen und ihr Gemälde. Für Mimi bedeutet das Feierabend, und sie verschwindet wieder in einem schwarzen Koffer.
Der brasilianische Schauspieler und Puppenspieler Fábio Coutinho hat Mimi und ihre Zauberwelt kreiert. 2012 ist er der Liebe wegen nach Österreich gezogen, der Grund hieß Amalia. Die oberösterreichische Schauspielerin hatte er zuvor in Sao Paulo kennengelernt, sie wurden ein Paar und heirateten. Als Amalia Coutinho Altenburg ein Kind erwartete, wollte sie in ihre Heimat zurück. Ihr Mann begleitete sie.
Fábio besorgte sich eine indonesische Puppe und kaufte am Naschmarkt bewegliche Hände, damit sie Blumen pflücken kann. So erschuf er Mimi. Als Vorbild diente die gleichnamige Hauptfigur aus der Puccini-Oper La Bohème. „Indonesische Puppen sind sehr steif. Ich habe aus ihr eine Europäerin gemacht,“ erzählt er und grinst. Eigentlich sagt er es auf Portugiesisch, und Amalia übersetzt. Deutsch lernt er gerade, aber flüssig sprechen kann er noch nicht. „Doch es wird besser, immer, immer,“ sagt er.
Durch ein Inserat zum Puppenspiel
Mimi spricht gar nicht, sie agiert nur. Dann, wenn Fábio sie und ihre Utensilien vor einem Auftritt auf einer Veranstaltung aus seinem Koffer packt, alles auf einem kleinen Tisch drapiert und zu spielen beginnt. Mimi pflegt ihren Garten, spielt Drehorgel, streichelt ihren Hund, beschäftigt sich mit ihren Blumen, denn ist sie eine Florista. Seit zwei Jahren macht sie das in regelmäßigen Abständen, und wie bereits erwähnt, hat sie vor erst vor ein ein paar Wochen das Malen für sich entdeckt.
„Als ich in Brasilien die Schauspielschule besuchte, ist mir in der Zeitung ein Inserat für ein Casting aufgefallen. Ich bin hingegangen, aber es stellte sich heraus, dass die eigentlich eine Puppenspieler suchten,“ erzählt Fábio. „Die Manipulationstechnik hieß Bunraku. Das kommt ursprünglich aus Japan. Drei Spieler manipulieren eine Puppe. Einer hält Kopf und Wirbelsäule, einer die Hände, und einer die Füße. Dadurch wirkt die Puppe sehr lebendig, fast wie ein Mensch.“ Bunraku sei hierarchisch, der Spieler mit der meisten Erfahrung darf den Kopf bedienen, der nächste die Hände, der Anfänger die Füße. „In Japan ist das so. In Brasilien nehmen wir diese Regeln nicht so genau,“ sagt der 44-jährige und lacht.
Obwohl er keinerlei Erfahrung mit Puppenspiel hatte, bekam er den Job. Er lernte, und er lernte es lieben. „Diese Technik ist noch immer mein Traum. Aber ohne Partner kann ich das nicht machen.“ Deshalb dirigiert er Mimi mit der Stäbchentechnik, das funktioniert auch alleine. Irgendwann würde er Bunraku gerne in Österreich unterrichten.
Als Jodler ein Naturtalent
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Fábio Coutinho und Mimi sind unter anderem bei den Internationale Puppentheatertagen in Mistelbach zu sehen.
Termin: 21.-26. Oktober 2014
www.puppentheatertage.at
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In seiner neuen Heimat hat der Schauspieler auch eine neue Leidenschaft entdeckt, das Jodeln. Seine Frau Amlia erzählt: „Ich habe in Salzburg Theater gespielt, und da war Jodeln immer ein Thema. „Fábio hat sich sofort dafür begeistert und entpuppte sich als Naturtalent.“ Ab Herbst will er einen Jodel-Stammtisch in Wien-Ottakring besuchen. Er hat sich in Österreich sehr gut eingelebt, nur die strengen Winter, die machen ihm zu schaffen.
Das Ehepaar hat mittlerweile auch ein gemeinsames Projekt auf die Beine gestellt. „Wir spielen gemeinsam Objekttheater auf Kinderfesten. Mimi kommt zum Einsatz, wir singen neben dem Jodeln brasilianische Lieder, ich erzähle Geschichten und trage Gedichte vor. Fábio begleitet mich musikalisch,“ sagt Amalia. Das ganze firmiert unter dem Titel Die Kinderjause.
Sozialprojekt mit Flüchtlingskindern
Außerdem geben sie seit einem halben Jahr in einem niederösterreichischem Flüchtlingsheim Theaterunterricht. „Die meisten Kinder dort sind traumatisiert, viele von ihnen Kriegsflüchtlinge,“ erzählt die Schauspielerin. „Wir haben im Rahmen eines Sozialprojekts von Jänner bis Juni jeden Samstag drei Stunden mit den Kindern gespielt. Am Anfang war es sehr schwierig, sie wollten nicht einmal einen Kreis bilden. Ein Mädchen konnte zum Beispiel nicht neben einem Buben stehen, oder zwei Kinder stammten aus sich bekriegenden Volksgruppen und vermieden deshalb den Kontakt. Am Anfang haben wir die Hälfte der Zeit Streit geschlichtet. Das wurde aber mit der Zeit besser.“
Nach dem Sommerferienprogramm wird das Projekt fortgesetzt. „Ich bin sehr froh darüber, dass wir die Gelder dafür auftreiben konnten,“ sagt Amalia. „Ich glaube, was wir dort tun, ist sehr wichtig. Denn nach einigen Wochen, da standen die Kinder plötzlich im Kreis. Und hielten sich an den Händen.“