Tuncay Cakmak und Holger Hager stellten vor zwei Jahren ihren Prototypen des Virtualizers vor und begeisterten mit dem Gerät nicht nur ihre Uni-Professoren an der TU Wien, sondern auch die Gamercommunity.
Der Spieler setzt sich eine Videobrille auf, steigt auf die flache Plattform und in einen Ring. Sofort befindet er sich in mitten der virtuellen Welt und durch sie laufen und springen.Via Sensoren werden die Bewegungen direkt in das Computerspiel übertragen. Der Virtualizer kann über USB mit dem Rechner verbunden werde. Jeder, der von den Füßen bis zur Hüfte 125 Zentimeter misst und weniger als 120 Kilogramm wiegt, kann das Gerät nach nur wenigen Minute Einführung benutzen.
Die Ausflüge in die virtuelle Welt werden bald Wirklichkeit: Auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter unterstützen 390 Menschen die Weiterentwicklung und Produktion des Virtualizer mit mehr als 250.000 US in nur fünf Tagen. Die Kampagne läuft noch 26 Tage. dieZeitschrift hat mit Tuncay Cakmak gemailt und erfahren wie die Idee entstand, wie der Virtualizer Dates erleichtern wird und welche Socken bald in keinem Gamer-Haushalt mehr fehlen dürfen.
Kleine Narbe als Erinnerung
dieZeitschrift: Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
TC: Alles begann mit der Wii-Fernsteuerung meines Bruders. Nach einigen Versuchen konnte ich das Fadenkreuz im Computerspiel Quake 3 mit der Fernsteuerung der Spielkonsole Wii bewegen. Das war eine sehr spannende und immersive Erfahrung. Ich begann darüber nachzudenken, wie ich noch tiefer in eine Spielwelt eintauchen könnte. Die Idee des Virtualizers war geboren.
dieZeitschrift: Wo haben Sie den ersten Virtualizer gebaut?
TC: Der erste Virtualizer wurde in der Autowerkstatt meines Vaters gebaut. Meine Eltern verstanden anfangs nicht ganz, was ich da eigentlich baue. Trotzdem unterstützten sie das Projekt voll und ganz. Nachdem ich sie mit dem Virtualizer in die Welt des Computerspiels Half Life 2 geschickt hatte, war ihnen klar, womit ich so viel Zeit verbracht und wozu ich die Wasserleitungsrohre verwendet habe.
dieZeitschrift: Gab es Verletzungen bei den Tests?
TC: Ja, einmal bin ich blöderweise mit meinem Finger an die Schleifscheibe eines Winkelschleifers geraten und musste ins Krankenhaus. Aber zum Glück ist alles gut verheilt, und so eine kleine Narbe als Erinnerung an diese Zeit finde ich persönlich gar nicht so verkehrt.
Kickstarter
dieZeitschrift: Welche Schwierigkeiten und Herausforderungen gab es beim Bau des Virtualizers?
TC: Eine große Schwierigkeit war, eine reibungsarme, stabile und flüssige Bewegung der Ringkonstruktion zu gewährleisten, um natürliche Sprung- und Duckbewegungen im Gerät durchführen zu können. Auch die Wahl des richtigen Materials für die Bodenplatte hat sich als knifflig herausgestellt, aber zum Glück werde ich diesbezüglich inzwischen von einem dedizierten Materialwissenschaftler unterstützt.
dieZeitschrift: Wäre es nicht leichter gewesen Ihr Unternehmen in Silicon Valley als im niederösterreichischen Herzogenburg zu gründen?
TC: Meiner Meinung nach nicht zwingend. Ich bin in Österreich gut vernetzt. In Silicon Valley hätte ich mir Kontakte erst aufbauen müssen. Seit wir den Virtualizer der Öffentlichkeit präsentiert haben, stehen wir mit einigen VR-Firmen aus Amerika in hervorragendem Kontakt. Wir reisen jetzt regelmäßig nach San Francisco.
dieZeitschrift: Wie viel Zeit haben Sie schon investiert?
TC: Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Antwort auf diese Frage überhaupt wissen möchte, haha! Seit ich im Sommer 2012 mit dem Projekt begonnen habe, bin ich wirklich jeden einzelnen Tag damit beschäftigt, und das im Normalfall für mehrere Stunden. Da wird also einiges an Zeit zusammen gekommen sein.
dieZeitschrift: Haben Sie mit dem Erfolg auf Kickstarter gerechnet? Was planen Sie mit dem Geld?
TC: Nein, ich habe nicht damit gerechnet, gleich in den ersten Tagen unserer Kampagne solch einen Boom auszulösen. Der grandiose Start bestätigt nur einmal mehr, dass Virtual Reality auf dem besten Wege ist, die kommende technische Revolution zu werden. Ich bin mir sicher, dass in ein paar Jahren VR einen ähnlichen Einfluss auf unser tägliches Leben haben wird, wie es z.B. jetzt schon bei Smartphones ist. Das eingenommene Geld bei Kickstarter wird hauptsächlich in Produktion und Entwicklung fließen.
Baumwollsocken
dieZeitschrift: Kann man den Virtualizer auch für andere Aktivitäten als Spielen verwenden?
TC: Der Virtualizer ist variabel einsetzbar: Wir kooperierten mit der SIGNA Holding. Die größte Immobilienfirma Österreichs lud Besucher bei einer Messe ein, mit Hilfe des Virtualizers im Bau befindliche Häuser virtuell zu besuchen. Die Menschen konnten sich frei in den Häusern bewegen und den Raum selbst erfahren, anstatt sich Visualisierungen an einem Computer anzusehen.
Man kann jeden beliebigen Ort, jedes beliebige Szenario und digitalisierte reale Orte mit dem Virtualizer betreten. Einem Spaziergang auf dem Mond steht also nichts im Wege.
dieZeitschrift: Braucht man spezielle Socken? Und wie viele Sockenpaare haben Sie schon beim Spielen ruiniert?
TC: Socken mit wenig bis gar keinem Elasthangehalt und dicke Baumwollsocken funktionieren am besten. Wir haben noch kein Sockenpaar ruiniert, weil die Gleitbewegung den Socken nicht schadet.
dieZeitschrift: Werden sich meine Nachbarn über Lärm aufregen?
TC: Wir haben besonders darauf geachtet, einen leisen Betrieb zu gewährleisten, um Lärmbelästigungen zu vermeiden. Ich glaube eher, dass die ersten Besitzer des Virtualizer viele neue Freunde aus der Nachbarschaft finden werden ;)
dieZeitschrift: Wie reagiert das internationale Publikum?
TC: Wir haben sehr viel positives Feedback aus verschiedensten Ländern erhalten. Viele Gamer wünschten sich schon lange einmal, durch ihr Lieblingsspiel laufen zu können. Nur selten kommt es zu etwas skurrilen Reaktionen, z.B. wurde der Virtualizer einmal für ein Erotikgerät gehalten, was ich mir beim besten Willen nicht erklären kann.