Eigentlich wollte Lucca im Zaubergeschäft Vienna Magic einen Handbuzzer kaufen. Ein kleines Ding, dass man in die Handfläche legt und das bei einem Händedruck einen kleinen elektrischen Schock auslöst. Den Handbuzzer gab es nicht im Laden, aber einen guten Kaufmann. Dieser verkaufte Lucca einen einfachen Zaubertrick. Schon am nächsten Tag verblüffte er seine Freunde damit.
Damals hatte er gerade die HTL für Tiefbau absolviert und machte sich während des Zivildiensts gleich mit mehreren Firmen selbstständig. Nebenbei verbesserte er seine Zauberkünste. 2008 verkaufte er all seine Unternehmen und beschloss Magier zu werden. „Ich saß in der Mittagspause an einem Teich und dachte daran, dass ich am Nachmittag den Marketingplan für das nächste Jahr schreiben sollte – etwas was ich schon oft gemacht habe – aber mir ist dabei der kalte Schauer über den Rücken gelaufen. Ich spürte in mir ein Widerstreben. Ich wollte das nicht mehr machen,“ sagt er.
„Ich überlegte lieber, wie ich den 10-Euro-Schein in die Semmel bekomme, als mich mit Marketingplänen zu beschäftigen. Alleine die mentale Aufgabe herauszufinden wie das gehen könnte hat mir enorm Freude bereitet. Mir ging es gleich viel besser. Mir war klar, ich muss das zu meinem Beruf machen.“ Noch heute zeigt er das Kunststück bei Hochzeiten. Er präsentiert einen Geldschein, liest die Seriennummer vor, reißt ein Eck ab und plötzlich ist der Schein in einer Semmel. „Das physische Exekutieren war nicht so schwierig, schwer war es die Idee im Kopf zu entwickeln.“
"Ich hatte Glück"
Lucca ist Illusionist. Seine Inspiration für Kunststücke holt er sich kaum von Kollegen, „weil ich weiß wie die Acts funktionieren“, sondern aus den „verblüffenden Elementen im Alltag“. Dann überlegt er sich wie er sein eigenes Staunen in einen Effekt verpacken kann, um die Zuschauer zu verblüffen.
Die ersten Jahre als Magier waren hart. „In Österreich gibt es rund zehn, die von ihrer Kunst gut leben können.“ Mittlerweile gehört er zu dieser kleinen Gruppe. „Ich hatte Glück. Von Anfang an unterstützte mich die Agenturchefin der HumorAG und ich durfte im Magischen Cercle bei den Gästeabenden aufzutreten.“
Aufnahmeprüfung
Bis man allerdings im Magischen Cercle zaubern darf, muss man einen mehrstufigen Prozess durchlaufen.
Zuerst muss der Bewerber eine Aufnahmeprüfung machen. Es wird nicht nur das vorgeführte Kunststück, sondern auch die Präsentation bewertet. Schafft man die Prüfung, wird dem Jungzauberer ein Pate zur Seite gestellt. Dieser unterstützt den Zauberlehrling so lange, bis er so gut ist, dass sein Pate die Empfehlung zur Aufnahme in den Magischen Cercle abgibt.
Dann muss der Jungmagier vor den zwanzig Mitgliedern sein Wissen über die Geschichte der Zauberkunst und sein fachliches Können beweisen. Nur wenn alle Mitglieder zustimmen, wird der Prüfling in den Kreis des Magischen Cercle aufgenommen. Er muss auch einen Schwur leisten, die Kunststücke niemals zu verraten. Bricht man den Eid, kann das im schlimmsten Fall zum Ausschluss führen. „Es ist eine Grauzone“, sagt Lucca. „Denn eigentlich müsste man jeden Zauberhändler ausschließen.“
Lucca selbst verkauft auch kleine Zauberkunststücke. Ein Kartenspiel, das jeder Anfänger ohne viel Fingerfertigkeit vorführen kann. „Ich finde es in Ordnung, kleine Kunststücke der Öffentlichkeit zu verraten. Das hilft auch, die Magie populärer zu machen. Ich würde jedoch nie ein Geheimnis eines Kollegen verraten oder wie der Geldschein in die Semmel kommt.“
Aber er ist der der Meinung, dass jeder Mensch einen guten Witz erzählen und ein Zauberkunststück vorführen können sollte. „Das Erlernen des Zauberkunststückes sollte in den Lehrplan der Schulen aufgenommen werden. Zaubern ist sehr kreativ. Es werden beide Gehirnhälften gleichzeitig benutzt.“
„Mindreading Revolution“
„Viele Laien unterschätzen, wie schwierig Magie ist. Nur weil man weiß wie ein Kunststück funktioniert, kann man es noch nicht vorführen. Bei der Präsentation muss man nicht nur wissen wie das Trickgeschehen funktioniert, sondern auch gleichzeitig nach außen hin etwas anderes tun – etwas anderes sagen, als man denkt. Es sind komplexe Gedankenabläufe auf verschiedenen Ebenen: ein Magier ist nichts anderes als ein Schauspieler, der die Rolle eines Magiers spielt.“
Man glaubt ihm dennoch gerne, dass er Gedanken lesen kann. Er holt fünf Personen auf die Bühne, fordert sie auf an einen Buchstaben zu denken und stellt die Teilnehmer so auf, dass ein Wort entsteht. Damit wurde er 2012 österreichischer Staatsmeister in Mentalmagie. 2014 überzeugte er die Jury bei der Staatsmeisterschaft zum zweiten Mal.
Der Act heißt „Mindreading Revolution“. Seine sonst nicht zauberaffine Ehefrau Anca steht mit verbundenen Augen auf der Bühne und erkennt Dinge, die Freiwillige auf der Bühne in den Hosentaschen tragen. „Ich bin nur der Assistent, der Anwalt des Publikums, der versucht zu widerlegen, dass es Gedankenleser gibt. Aber sie widerlegt jeden Erklärungsansatz.“ Mit diesem Kunststück wollen er und seine Frau auch bei der Weltmeisterschaft 2015 in Rimini antreten.
Im Alltag schickt Anca doch lieber SMS zur Erinnerung, dass er noch Milch einkaufen solle. „Ich bin Illusionist. Es ist auch gut, dass niemand die Gedanken jemandes anderen lesen kann. Ehefrauen können es aber bis zu einem gewissen Grad doch immer. Das ist nicht Magie, das ist Ehe.“