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Sehbehinderung

Kicken ohne Augenlicht

Mittwoch, 31. Dezember 2014
Seit Oktober gibt es für Blinde in Wien die Möglichkeit, Fußball zu spielen. Ein rasselnder Ball und Zurufer hinter den Toren machen diese Sportart erst möglich. Die ebenfalls noch junge österreichische Sehbehinderten-Nationalmannschaft hat im Dezember erstmalig bei der Europameisterschaft mitgespielt.
Nationalteam Sehbehinderte
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Das Nationalteam der Sehbehinderten

15:0 gegen Russland verloren, 11:00 gegen Italien, 4:1 gegen England. Das ist die Bilanz des österreichischen Sehbehindertenfußball-Nationalteams bei der EM 2014. Am 15. Dezember sind die rot-weiß-roten Kicker als Letztplatzierter heimgefahren.

„Das klingt jetzt komisch, aber wir waren gegen England und Italien absolut ebenbürtig,“ sagt Karl Mayr, der Vorstand des Österreichischen Behindertensportverbands (ÖBSV). Er hat recht, es klingt komisch. „Wir haben total zum Tor gedrängt, aber wir haben nichts reingebracht und pausenlos im Konter Tore bekommen. Bei 4:0 hat sich die Mannschaft dann aufgegeben, mit mehr Erfahrung schaut die Sache anders aus.“

Wenn der Oberösterreicher in diesem Kontext „Wir“ sagt, meint er das übliche sportliche „Wir“ und nicht, dass er selber mitgespielt hat. Und enttäuscht ist er auch nicht wirklich, denn die Mannschaft ist erst zwei Jahre jung, und Mayr ist sowieso keiner, der sich so schnell entmutigen lässt. „Wir haben fünf sehr gute Spieler. Um bei internationalen Bewerben erfolgreich zu sein, brauchen wir zehn. Wir werden jetzt analysieren, wie wir weitermachen. Die Burschen sind top motiviert.“

Fußball für Vollblinde

Blindenfußball
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Seit Oktober gibt es in Wien auch die erste österreichische Vollblinden-Fußballmannschaft. „Im Moment spielen etwa acht bis zehn Blinde mit, ein paar davon sind ziemlich gut. Für nächsten Herbst planen wir das erste Turnier. Da werden wir Nachbarländer zu Freundschaftsspielen einladen.“ Sowohl bei den Sehbehinderten als auch bei den Blinden könnten die Teams noch talentierten Zuwachs gebrauchen.

Genau wie beim Skifahren für Blinde hat auch Blinden- und Sehbehinderten-Fußball eigene Regeln. Eigentlich handelt es sich um leicht abgeändertes Futsal, wird also nur in der Halle gespielt. In einer Mannschaft spielen maximal vier Feldspieler gleichzeitig, die in kurzen Zeitabständen immer wieder ausgetauscht werden. Verfügt ein Kicker noch über einen Sehrest, muss er zwecks Chancengleichheit eine lichtundurchlässige Augenbinde tragen.

„Die Paralympics 2020 sind mein Ziel“

Karl Mayr, Behindertensportverband
Alexandra Gruber
Karl Mayr

Der Ball rasselt, da die Spieler auf ihr Gehör angewiesen sind, und ist schwerer und kleiner als beim FIFA-Fußball. Jedes Team hat einen Zurufer, der hinter dem gegnerischen Tor platziert ist und der Mannschaft Anweisungen gibt. Die (sehenden) Torwarte dürfen nur innerhalb eines 5 mal 2 Meter großen Raumes in das Spiel eingreifen. Außerdem sind auch Frauen und Jugendliche zugelassen.

Mayr träumt davon, dass das junge österreichische Vollblinden-Team bei den Paralympics 2020 in Tokio teilnehmen kann. „Das wäre mein Ziel.“ Finanziell muss sich der Verband nach der Decke strecken. Der Trainer der Mannschaft bekommt laut Mayr lediglich eine Aufwandsentschädigung von 30 €. „Wir leben hauptsächlich vom Bundessportförderfonds, aber das ist einfach zu wenig. Ich muss oft Sportveranstaltungen ablehnen, weil kein Geld dafür da ist.“ Ein paar freiwillige Torwarte könnte man auch gut gebrauchen. „Wer mitarbeiten will, ist herzlich eingeladen.“

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