Marliese Mendel, Wikipedia: Lionel Allorge (Geldscheine)
Cannabis

Kiffen für das Staatsbudget?

Mittwoch, 19. März 2014
Der Sprecher des Österreichischen Hanfverbandes, David Rosse, vermutet, dass durch eine Legalisierung von Cannabis rund zwei Milliarden Euro pro Jahr budgetwirksam werden könnten.

Schätzungen gehen davon aus, dass rund 25 Prozent der Österreicher mit dem verbotenen Kraut Umgang hatten. Sie alle wären nach dem Paragraphen 27 des Suchtmittelgesetzes zu bestrafen. Denn wer Cannabispflanzen zum Zweck der Suchtgiftgewinnung anbaut und die Ernte verkauft, ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr zu bestrafen. Laut der Kriminalstatistik wurden 2012 17.836 Menschen wegen Cannabis-Verkaufs oder -Konsums angezeigt und 505 verurteilt.

Interview mit David Rosse, Sprecher des Österreichischen Hanfverbandes

Eine Legalisierung von Cannabis würde pro EU-Einwohner 120 Euro pro Jahr sparen. Für Österreich mit seinen 8.401.940 Einwohnern wären das 1.008.232.800 Euro pro Jahr.
David Rosse

dieZeitschrift: Wenn man Cannabis in Österreich legalisieren würde, gibt es Schätzungen wie viel Steuern eingenommen werden könnten?

DR: Es gibt nicht nur Schätzungen, es gibt sogar eine EU-Studie. Eine Legalisierung von Cannabis würde pro EU-Einwohner 120 Euro pro Jahr sparen. Für Österreich mit seinen 8.401.940 Einwohnern wären das 1.008.232.800 Euro pro Jahr.

dieZeitschrift: Warum ist dann Cannabis in Österreich verboten?

DR: Weil sich Österreich mit der Unterzeichnung der Internationalen Suchtgiftkonvention (UN Single Convention on Narcotic Drugs) gegenüber der UNO verpflichtet hat, Cannabis zu verbieten. Dieser Vertrag gilt seit 1971. Dieser Vertrag musste bisher oft als „Ausrede“ herhalten. Dank den fortschrittlichen Entwicklungen in Uruguay und den US-Staaten Washington und Colorado steht dieser Vertrag nun erstmals auf wackeligen Beinen. Die UN hat diesbezüglich eine Sondersitzung über das Thema für das Jahr 2016 angekündigt, mehr wissen wir derzeit leider noch nicht.

dieZeitschrift: Wie käme man in Österreich legal zu Cannabis?

DR: Psychoaktives Cannabis ist illegal. Es gibt das Medikament „Dronabinol“ für die Behandlung von kranken Menschen. Das THC wird aus einer Pflanze, welche über 60 verschiedene Cannabinoide enthält, gewonnen. Das Cannabis dafür wird von der AGES angebaut, von einer deutschen Firma synthetisiert und dann in Apotheken verkauft. Ein Gramm Reinsubstanz-THC kostet am Schwarzmarkt 60 Euro und in der Apotheke 600 Euro. Es ist ein Wahnsinn, dass man einem Kranken noch 600 Euro für ein Medikament abnimmt.

505 Verurteilungen

dieZeitschrift: Wie hoch ist die Strafe?

DR: Das hängt von der Menge ab. Wenn nur für den Eigenbedarf produziert wird, dann gibt es beim ersten Fall eine Diversion (Therapie statt Strafe). Das heißt, das Strafverfahren wird eingestellt und man wird verpflichtet, eine Therapie zu machen.

dieZeitschrift: Ist Therapie statt Strafe sinnvoll?

DR: Der Sinn des Ganzen sie dahingestellt. Es gibt ein Problem mit den „zwangsverordneten“ Therapien, denn Prohibitionisten verwenden es als Argument gegen die Legalisierung. Sie sagen „Jössas, so viele Österreicher suchen ärztliche Hilfe wegen Cannabis“. Die suchen nicht Hilfe, sondern die müssen das machen, damit sie nicht ihren Führerschein, ihre Arbeit verlieren, ihr ganzes Leben zerstört wird. Es sind in Österreich rund 22.000 Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz pro Jahr und davon betreffen 90 Prozent nur den Konsum – 2012 gab es laut Drogenbericht 505 Verurteilungen wegen Cannabishandels.

dieZeitschrift: Heißt, das alle die zu Hause einen Joint rauchen sind Kriminelle?

DR: Ja, vor dem Gesetz leider schon.

Offene Diskussion

Factbox

ÖHV hat rund 500 Mitglieder und veranstaltet jährlich den Hanfwandertag in Wien.

dieZeitschrift möchte auf keinen Fall die Herstellung oder den Verkauf illegaler Drogen verherrlichen. Die Geschichte soll lediglich eine in Medien eher seltene Sichtweise darstellen.
Dronabinol und ähnliche Medikamente sind rezeptpflichtig und müssen vom Chefarzt genehmigt werden.
Genauere Informationen über gesundheitliche Risiken und gesetzliche Bestimmungen:
www.ris.bka.gv.at
www.cannabismedizin.at
drogenhilfe.at

dieZeitschrift: Was sind ihre Forderungen?

DR: Zuerst eine ehrliche und offene Diskussion über Cannabis.Wir möchten es nicht verherrlichen oder „schön reden“. Natürlich gibt es auch bei Cannabis Risiken. Es ist daher sehr wichtig, dass sich Experten aus den verschiedensten Fachgebieten in die Diskussion einbringen und Erfahrungen aus Ländern wie Holland, Portugal usw. ebenfalls berücksichtigt werden.

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