Alexandra Gruber
Rezension

Wie ein Stück Draht einen Bergsteiger retten kann

Montag, 22. September 2014
Wie mit kleinen Lösungen der große Wurf gelingen kann, verrät Organisationsberater Klaus Henning in seinem Buch.

Oft fehlt nur ein kleiner Teil in einem komplexen System. Autor Klaus Henning geht nicht mehr ohne ein Stück Draht auf einen Berg, seit ihm ein Steigeisen an einer Felskante gebrochen ist. Zum Glück hatte er ein Stück Draht eingesteckt, mit dem er das Eisen reparieren konnte. Vielleicht hat ihm diese Metallschnur das Leben gerettet. Er schaffte es sicher über einen Gletscher und hat aus dieser Erfahrung gelernt: Einen Schritt nach dem anderen. Es sind oft Kleinigkeiten, die eine große Unternehmung scheitern lassen, schreibt er in seinem Buch Die Kunst der kleinen Lösung.

Obwohl Henning Technik studierte, vertraut er ihr nicht grenzenlos. Vieles hängt auch von der Logistik ab, schreibt er. Und von vermeintlichen Kleinigkeiten. Im Grunde gab es für mich nie eine eindeutige nur politische oder nur emotionale oder nur religiöse Frage.

Zuerst kommt für ihn der Mensch, dann die Organisation und dann die Technik. Zu oft hätten teure IT-Lösungen fast die naheliegende Lösung übertrumpft.

Die Lösung war ein aufgeklebter Zettel

In seinem Buch beschäftigt sich Henning mit dem Weg zur effektivsten, wirksamsten Lösung. Anhand von 16 Geschichten erläutert er unter anderem, wie er als angehender Offizier für den Starfighter nach einer passenden Schraubenmutter suchte, die 3000 Grad aushalten konnte und über ein Zollgewinde verfügte. Denn ohne diesen Teil durfte die Maschine nicht starten. Nachdem Henning fündig geworden war, wurden die richtigen gegen die falschen Muttertypen ausgetauscht. Damals ist ihm klar geworden, wie wichtig oft die kleinen Details sind.

Ein anderes Beispiel: In einer Klinik kam das Essen immer kalt bei den Patienten an. Keiner wusste warum, aber alle beschwerten sich. Eine teure IT-Lösung sollte zunächst Abhilfe schaffen. Doch stattdessen klebte man einen Zettel auf den Essenswagen. Darauf war zu lesen: Aus der Küche 11.05 Uhr. Das Essen ist 45 Minuten lang warm. Was alle Beteiligten verblüffte: Ab diesem Zeitpunkt bekamen die Patienten im Krankenhaus warme Mahlzeiten. Ein Zettel und ein Tesaband waren die Lösung.

Oft reicht ein neuer Handgriff

Klaus Henning: Die Kunst der kleinen Lösung

Henning kommt zu dem Schluss, dass oft ein einziger Satz oder ein neuer Handgriff reiche, um ein komplexes System wieder zum laufen zu bringen.Konzentrieren Sie sich auf das, wofür Sie da sind. Wenn Sie einen Fehler zugeben, kommen Sie meistens weiter. Beobachten und nochmal beobachten.

Henning gibt langjährige Erfahrungen weiter, die er als Organisationsberater in Wirtschaft und Politik sowie als Universitätsprofessor gesammelt hat. Und wie gesagt, ohne Draht wird der passionierte Bergsteiger nie wieder ins Gebirge gehen.

Klaus Henning: Die Kunst der kleinen Lösung.Wie Menschen und Unternehmen die Komplexität meistern. Erschienen im September 2014, gebunden, 254 Seiten. Muhrmann Publishers, Hamburg.Preis: €24,99
www.murmann-verlag.de

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