Willfried Gredler-Oxenbauer
Rezension

Auf den Spuren des Dritten Mannes

Montag, 17. März 2014
„Der Dritte Mann“ war ein Welterfolg und zeigte wie kein anderer Film das düstere Wien der Nachkriegszeit. Ein neues Buch erzählt alles über die Dreharbeiten, Protagonisten und Schauplätze des Klassikers.
Der Dritte Mann
Willfried Gredler-Oxenbauer

Der spannende Krimi Der Dritte Mann ist ein Stück österreichischer Zeitgeschichte. Er zeigt das Lebensgefühl aus dem Wien der Nachkriegszeit wie kein anderer. Der Schwarzweiß-Film über den amerikanischen Groschenromanschreiber Holly Martins und seinen Freund, den verschwundenen Kriminellen Harry Lime, wurde 1948 in einer Stadt gedreht, die sich noch lange nicht von den Folgen des II. Weltkrieges erholen sollte. Wien lag in Trümmern. Die Bevölkerung litt an Hunger und kämpfte mit Hilfe eines florierenden Schwarzmarktes ums Überleben. Die vier Siegermächte hatten die einstige strahlende Hauptstadt eines Riesenreiches in vier Zonen aufgeteilt. Wien war Kriegsverlierer. Besetzt, zerbombt, gedemütigt.

Autor Alexander Glück hat sich mit seinem reich bebilderten Guide auf Spuren des Hollywood-Klassikers begeben. Er schickt den Leser zu den Originaldrehorten, erzählt Hintergründe und Kurioses von den sieben Wochen dauernden Dreharbeiten, porträtiert Autor Graham Greene, Film-Legende und Harry-Lime-Darsteller Orson Welles, Zither-Spieler Anton Karas und andere Protagonisten des Welterfolges.

Verfolgungsjagd im Kanal

Der Dritte Mann
Willfried Gredler-Oxenbauer

Wien, so wird in dem Buch erläutert, war prädestiniert als Schauplatz für den Dritten Mann. Das Filmteam brauchte eine Stadt, die in verschiedene Zonen eingeteilt war und gleichzeitig ein intaktes Kanalsystem hatte, um diese Zonen für illegale Geschäfte zu überwinden. Tatsächlich wurde die berühmte unterirdische Verfolgungsszene nur in einem einzigen Bereich des weit verzweigtem Labyrinths gedreht. Orson Welles mochte den Gestank und die Kälte nicht und hatte zudem Angst vor Infektionen. Also baute man Teile des Wiener Kanalsystems in einem Londoner Studio nach und drehte dort die meisten Szenen.

Zudem passte die Mentalität der Wiener, die zumindest laut hartnäckigen Klischees irgendwo zwischen Melancholie und Schmäh angesiedelt ist, hervorragend zu der makabren Stimmung des Films. Das Übrige tat das eingängige Zitherspiel von Anton Karas, der es mit dem Harry-Lime-Theme als erster Österreicher auf Platz 1 der US-Charts schaffte.

Nur ein Darsteller ist noch am Leben

Der Dritte Mann
Pichler Verlag

Glück beschreibt Filmfehler, wie den typischen Londoner Doppeldeckerbus, der in einer Szene im Hintergrund vorbeifährt, oder keltische Steinkreuze, die bei einer Autofahrt vorbeiziehen. Der Film wurde nämlich teilweise in Großbritannien gedreht.

Man erfährt Wissenswertes über die tapferen Männer der Kanalbrigade oder dass es sich bei dem letzten lebenden Darsteller, dem damals dreijährigen Hansl, um den Wiener Herbert Halbik handelt. Er war der Sohn eines Set-Mitarbeiters und wurde nur durch einen Zufall entdeckt.

Im letzten Kapitel verwandelt sich das Buch kurzfristig in einen klassischen Reiseführer und stellt das Wiener Dritte-Mann-Angebot für Touristen und Cineasten vor. Eine Dritte Mann-Führung wird mehrmals pro Woche ober- wie auch unterirdisch angeboten, das Burgkino spielt seit 25 Jahren dreimal pro Woche die englische Originalfassung des Films und in einem Museum im Vierten Bezirk sind etwa 2300 Dritte-Mann-Exponate, darunter die Zither von Karas, ausgestellt.

Fazit: Informativ, spannend, toll bebildert.

Alexander Glück: Auf den Spuren des Dritten Mannes in Wien. Der Film – seine Geschichte – seine Wirkung.
Pichler Verlag Wien, Graz, Klagenfurt, März 2014
Preis: 14,90 €
96 Seiten

Pichlerverlag.styriabooks.at

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