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E-Zigarette

„E-Dampfen kann man nicht mehr verbieten“

Mittwoch, 11. März 2015
Der Schweizer YouTuber Philgood wird von seinen 30.000 Abonnenten auch gerne „Dampferkönig“ genannt. Was er von dem E-Zigaretten-Gesetz in Österreich hält und wie er tausenden Ex-Rauchern beim Umstieg geholfen hat, erzählt er im Interview mit dieZeitschrift.

Der Schweizer Philgood betreibt den größten deutschsprachigen You-Tube-Kanal zum Thema „elektrisches Rauchen.“ Auf seiner Dampferhimmel-Seite erklärt er in Videos die Handhabung von Geräten und spricht über alles rund ums Dampfen.

dieZeitschrift: Stimmt es, dass du deine erste E-Zigarette in Wien gesehen hast und seit diesem Zeitpunkt dampfst?
Philgood: Ja, das stimmt, es war am 27. April 2010 um ca. 18 Uhr im Four Bells Pub in Wien, da hat jemand an der Bar eine E-Zigarette gedampft. Nach eingehender Recherche bin ich dann am 3. August 2010 vom Rauchen aufs Dampfen umgestiegen. Einfach so, von einem Moment zum anderen.

dieZeitschrift:Wie war dein Rauchverhalten vor dem dampfen?
Philgood: Ich habe rund 25 Jahre lang geraucht, am Anfang moderat, die letzten 10 Jahre konstant 40-60 Zigaretten täglich. Ich habe in dieser langen Zeit etliche Versuche unternommen mit dem Rauchen aufzuhören, habe es aber nie geschafft. Ich sah mich selber als hoffnungslosen Fall und habe mir die E-Zigarette eigentlich nur bestellt um auch dies noch auf meiner imaginären Liste der gescheiterten Aufhörversuche eintragen zu können.

„Die Sucht schlummert weiter in uns“

dieZeitschrift: Welche Veränderungen haben sich für dich ergeben, seit du dampfst?
Philgood: Innerhalb weniger Tage war der Raucherhusten komplett verschwunden, ich konnte wieder viel freier atmen. Die Durchblutung hat sich stark verbessert, die Farbe ist ins Gesicht zurückgekehrt. Und schlussendlich kamen der Geruchs- und der Geschmackssinn zurück, das war eine veritable Sensation für mich! Der Gestank ist weg, die vollen Aschenbecher, der kalte Rauch, der schale Geschmack. Und dieser riesige Druck, den jeder Raucher kennt, das Wissen, dass man sich und seinen Körper schädigt aber dennoch nicht aufhören kann, all diese Schuld- und Unzulänglichkeitsgefühle, die sind komplett weg! Heute dampfe ich mit Genuss, entspannt und im Wissen, dass ich den Turnaround geschafft habe und mich zwar nicht auf einer gesunden, aber auf einer viel weniger schädlichen Schiene bewege.
Viele Veränderungen haben sich auch durch meinen Video-Kanal ergeben, ich stehe seit Jahren mit tausenden von (Ex)-Rauchern in Kontakt und weiß, dass meine Videos sehr vielen Menschen beim Umstieg geholfen haben. Das ist ein gutes Gefühl.

dieZeitschrift: Angenommen, das Dampfen würde verboten werden. Würdest du wieder zum Rauchen anfangen?
Philgood: Das ist eine schwierige Frage! Reflexartig würde ich antworten „nein, nie wieder“ – aber leider weiß ich es besser. Wir Dampfer haben zwar den Ausstieg aus dem Tabakkonsum geschafft, die Sucht schlummert aber nach wie vor in jedem von uns. Und wenn uns die Alternative, das Dampfen genommen würde, dann wäre das Rauchen wohl für sehr viele von uns die fatale Konsequenz.

„Inhaltsstoffe von Liquids sind auch in Zahnpaste“

dieZeitschrift: Was antwortest du jemandem, der sagt, Dampfen ist gesundheitsschädlich und gehört verboten?
Philgood: Das passiert im Alltag tatsächlich immer mal wieder, die Medien haben mit ihrer grundsätzlich negativen Berichterstattung viele Vorurteile geschaffen und Zweifel gesät. Ich bin dann sehr geduldig, nehme mir Zeit und erkläre den Leuten, worum es eigentlich geht. Wenn sie erst einmal verstanden haben, dass die Inhaltsstoffe unserer Liquids auch in ihrer Zahnpaste enthalten sind, dann werden sie hellhörig. Die Leute sind nicht dumm, man muss sie nur korrekt und fair informieren. Und dann sind da noch die weit über 200 wissenschaftlichen Studien, die allesamt belegen dass das Dampfen um ein vielfaches weniger schädlich ist als das Rauchen. Das kann man nicht einfach ignorieren.

dieZeitschrift: Welche Vorteile hat das Dampfen gegenüber dem Rauchen? Und welche Nachteile?
Philgood: Beim Rauchen entstehen durch die Tabakverbrennung unzählige schädliche und auch krebserregende Stoffe die man inhaliert. Beim Dampfen entstehen all diese Schadstoffe nicht, da keine Verbrennung stattfindet, das Liquid wird verdampft und die Inhaltsstoffe verändern sich dadurch nicht negativ. Der einzige Schadstoff, den das Dampfen beinhalten kann ist (fakultativ) das Nikotin. Allerdings wissen wir heute, dass Nikotin ohne Tabakverbrennung relativ harmlos ist und sich nicht negativ auf den Körper auswirkt. Als Nachteil könnte man anführen, dass E-Dampfen eine gewisse Technik-Affinität erfordert. E-Zigaretten sind technische Geräte mit Akkus, Ladegeräten usw. Man muss das Dampfen besser planen als das Rauchen, damit man mit Akku und Liquid über den Tag kommt.

„Ich wusste sofort, dass ich damit vom Tabak wegkomme“

dieZeitschrift: Seit wann gibt es deinen YouTube-Kanal und wieviele Zugriffe hast du?
Philgood: Meinen Kanal gibt es seit dem 2. August 2011. Aktuell hat er 30.000 Abonnenten, die Videos wurden rund 7 Millionen mal angeschaut. Im Moment liegt der Durchschnitt bei 9.000 Zuschauern pro Tag.

dieZeitschrift: Du hast bisher um die 250 Videos über das Dampfen gedreht und sie auf deinem YouTube-Kanal „Dampferhimmel“ veröffentlicht. Wie kommt man auf die Idee, sich so ausführlich einem doch eher ausgefallenen Thema zu widmen?
Philgood: Als ich zum ersten Mal an einer E-Zigarette gezogen habe, war ich völlig perplex. Einerseits weil ich sofort wusste, dass ich damit vom Tabakkonsum wegkommen kann. Aber der zweite Gedanke war: „warum hat mir das niemand gesagt?“ Warum informiert uns Raucher nicht der Staat, die Ärzte, die Wissenschaft, die Präventionsstellen usw., dass es diese Möglichkeit gibt? Das hat in mir den Drang ausgelöst, allen Rauchern zu erzählen, dass es möglich ist mit dieser Alternative umzusteigen und ihnen zu erklären wie es am einfachsten geht. Dies ist bis heute meine Motivation, die Menschen zu informieren, und aufzuzeigen wie auch sie den Umstieg schaffen können.

dieZeitschrift: Ist Dampfen wirklich so ein komplexes Thema? Ist es nicht egal, welches Gerät man hat?
Philgood: Vielen Dampfern reicht ein Gerät, oftmals das Gerät mit dem sie den Umstieg geschafft haben. Sehr vielen anderen aber nicht, sie suchen Verbesserungen, Optimierungen, andere Liquids, andere Geräte. Ich glaube, das Dampfen funktioniert genau deshalb, weil es auch komplex ist. Es gibt hunderte von Geräten und tausende von Liquids, jeder Dampfer kann sich genau das aussuchen, was ihm schlussendlich am besten passt. Wenn sich am Dampfer-Stammtisch im Wiener Cafe Einstein 100 Dampfer treffen, dann werden nicht zwei dabei sein, die genau das gleiche Setup dampfen. Jeder hat seine eigenen ganz persönlichen Vorlieben und Einstellungen. Man kann das Dampfen nicht generalisieren.

„Viele Umsteiger haben Mühe, ein passendes Liquid zu finden“

dieZeitschrift: Was empfiehlst du Dampf-Anfängern? Worauf sollte man besonders achten?
Philgood: Als Gerät empfehle ich das Modell „EVOD“ von der Firma Kangertech. Das ist ein sehr leistungsstarkes Modell, das aber einfach im Handling und unkompliziert im Alltagsgebrauch ist. Man braucht ein sehr gutes und zuverlässiges Gerät, das einen niemals im Stich lässt – denn der Gang zur Trafik und zu den Zigaretten ist kurz.......

dieZeitschrift: Du mischt seit 2012 eigene Liquids. Was zeichnet deine Liquids aus?
Philgood: Ich weiß aus unzähligen Rückmeldungen, dass viele Umsteiger große Mühe haben, ein Liquid zu finden. das ihnen schmeckt. Dies gefährdet teilweise sogar den Umstieg vom Rauchen zum Dampfen akut. Ich hatte mir also zum Ziel gesetzt, Liquids zu kreieren, die einerseits gut schmecken und andererseits den Geschmackssinn nicht durch irgendwelche Aromaspitzen „verstören“. Gutmütig, abgerundet und breitgefächert sollten sie sein. Ich freue mich, dass mir dies gelungen ist.

dieZeitschrift: Was sagst du zu dem Gesetz, das österreichischen Dampfshops ab Oktober 2015 den Verkauf von Liquids verbieten wird?
Philgood: Ich habe mir ehrlich gesagt ziemlich verwundert die Augen gerieben, das Gesetz ist in höchstem Masse absurd! Ich habe den Eindruck, dass dies ein ziemlich unbedarfter Schnellschuss ist, da hat sich niemand eingehend mit der Materie auseinandergesetzt. Andererseits bin ich sehr gespannt, wie der Europäische Gerichtshof dieses Gesetz beurteilten wird, denn dort wird es in jedem Fall landen.
Das Vorhaben, den Trafikanten eine solide wirtschaftliche Grundlage zu geben, halte ich für durchaus gerechtfertigt, die E-Zigarette ist dafür aber das denkbar ungeeignetste Produkt. Hier fährt die Politik mit den Trafikanten Schlitten, sie werden das niemals für die Kunden zufriedenstellend stemmen können. Gleichzeitig wird den eigentlichen Fachhändlern, die in den letzten Jahren viel Geld und Fleiß in ihr Geschäft investiert haben einfach so, quasi von heute auf morgen, die Lebensgrundlage entzogen. Das ist ein massiver Eingriff in die freie Marktwirtschaft, der mich ehrlich gesagt ziemlich schockiert hat.

„Warum wird Dampfen strenger reguliert als Zigaretten?“

dieZeitschrift: Wie geht es deiner Meinung/Einschätzung nach in der EU weiter? Könnte das Dampfen eingeschränkt oder gar verboten werden?
Philgood: Alle EU-Staaten müssen bis Mai 2016 die neue Tabakprodukterichtlinie der EU umsetzen. Auf welche Weise dies in den einzelnen Ländern passieren wird, wissen wir im Moment leider noch nicht. Das Gesetz ist an sich schon sehr schwammig formuliert. Es wird extreme Beispiele geben, wie jetzt z.B. in Österreich oder Dänemark, andere Länder werden Steuern erheben, so bereits geschehen in Italien und Portugal, und einige Staaten wie z.B. Frankreich und England werden moderat regulieren. Verbieten kann man das E-Dampfen aber definitiv nicht mehr, dafür ist es einfach schon zu groß geworden.

dieZeitschrift: Könnte es sein, dass wir dann alle in dein Heimatland, die Schweiz, pilgern müssen, um Liquids zu kaufen?
Philgood: Das ist leider keine Option, in der Schweiz ist der Verkauf nikotinhaltiger Liquids seit jeher verboten. Allerdings ist auch hier momentan ein Gesetzesprozess im Gange, der die Schweizer Regulierung derjenigen der EU anpassen soll. Und da bleibt die ganz große Frage zum Schluss: Warum wird ein erwiesenermaßen deutlich weniger schädliches Produkt in ganz Europa strenger reguliert als das eigentliche Suchtmittel, die Zigarette, die es an jeder Ecke zu kaufen gibt? Die Antwort bleibt der Phantasie des Lesers überlassen.

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