Auf einem Baum sitzt Superbertram und schaut lächelnd der Räumung des Augartenspitzes zu. Die Plastikfigur „Frosty“ hat ein festgefrorenes Grinsen und zwei Kameras als Augen. Er sieht, wie 70 Polizisten die sieben Besetzer aus der „Gstetten“ im Wiener Augartenspitz tragen. An der Stelle will einer der 40 reichsten Männer Österreichs, Peter Pühringer, den Sängerknaben eine Konzerthalle errichten: im natur- und denkmalgeschützten Park.
Ihm stellt sich seit 2008 das „Josefinische Erlustigungskomitee“ mit barock-bacchantischen Mahnwachen entgegen. Sie benannten sich nach einem Schild am Eingang des Augartens: „Allen Menschen gewidmeter Erlustigungs-Ort von Ihrem Schaetzer“ - Josef II.
Sie gehen auf die „Barockaden“, feiern üppige Feste in barocken Kostümen, ketten sich an zu fällenden Bäumen fest und züchten Radieschen. Der ursprünglich aus der DDR stammende Fondsmanager Peter Pühringer hingegen wundert sich „wie hart er (sie) kämpfen muss, um überhaupt einen Konzertsaal um 12 Millionen Euro schenken zu dürfen.“ Er scheint sich an die letzten Worte Honeckers erinnert und zu seinem Vorteil interpretiert zu haben: „die Eigentumsfrage von Grund und Boden (soll) geklärt werden. (...) Früher gehörte er dem Volk.“ Jetzt gehört der Augartenspitz nicht mehr dem Volk.
Viel Ziegel
Auch der Schauspieler Georg Friedrich schloss sich dem Protest an, liegt in einer Hängematte und sagt: „Es wäre Schade, wenn zu viel Ziegel kommt. Und wånn’s dann ånfångan des Haus wegzureissn, dånn häng i mei Hängemattn hoit då drübm auf. Åm Dachl. Dånn kennans schaun, wias mi då wegbringan.“ Es kam viel Ziegel und Friedrich übersiedelte nicht auf das Dach.
Der Konzertsaal wurde am 9.12.2012 eröffnet. Das denkmalgeschützte barocke Pförtnerhaus konnte jedoch, trotz erteilter Abbruchgenehmigung, erhalten werden. Es wurde in den Neubau integriert.
Lustvoller Protest
Die Wiener Filmemacherin Doris Kittler hat den lustvollen Protest gegen die Verbauung des ältesten barocken Parks Wiens seit Beginn mit der Kamera begleitet. In „schauerlichen Possen in mehreren Aufzügen“ zeigt sie, wie die Malerin Raja Schwahn-Reichmann in ausladenden Kostümen den Widerstand gegen die Rodung des Augartenspitzes anführt. Wie Picknicks, Erlustigungsmärschen und Mahnwachen tausende Wiener anzogen. Von denen unterschrieben 15.000 gegen die Umwidmung. Bürgermeister Michael Häupl nahm die Unterschriftenliste bei einer Pressekonferenz entgegen. Es half nichts, die Baubewilligung wurde erteilt. „Es gibt in Österreich momentan mehrere solcher Fälle, wo Sponsoren mit einem Bündel wackeln, und alle Gesetze wackeln offenbar im Gleichzug“, sagt Schwahn-Reichmann.
„Links andeuten, rechts zuschlagen.“
Premiere 30. September 2014, Stadtkino im Künstlerhaus
anschließend: Publikumsgespräch mit den Filmbeteiligten und Premierenfeier im Künstlerhaus
Kinostart 3. Oktober 2014, Filmhaus Spittelberg mit anschließender Podiumsdiskussion
Die Podiumsdiskussion findet im Beisein der Regisseurin, ProtagonistInnen und UnterstützerInnen statt
In schnellen Schnitten zeigt Kittler, was Stadtpolitiker unter Bürgernähe verstehen, dass eigentlich kein Amt für den Augarten zuständig ist und wie der Obmann der Wiener Sängerknaben Walter Nettig über den Widerstand denkt: „Links andeuten, rechts zuschlagen.“ In längeren Sequenzen zeigt sie lachende Menschen, die in phantasievollen Kostümen zum Frühstück laden und barocke Tänze aufführen.
Kittler ist mit dem Film eine spannende Dokumentation über friedlichen Widerstand gelungen.