Wenn Beatrice Floh (56) bei Schönwetter ihren „Arbeitsplatz“ in den Wiener Türkenschanzpark verlegt, dann hat das einen ganz besonderen Grund: „Im Sommer ist ein halbes Jahr herum – eine gute Zeit, um sich zu fragen: Was war gut? Was will ich ernten? Natur, Sonne, Licht - Das alles hilft, Kraft zu tanken und das zu finden, wofür man brennt.“
Floh begleitet als Coach Menschen in Umbruchphasen beim Neuanfang. Das können zum Beispiel Trennungen sein. In letzter Zeit macht sich aber vor allem der Druck am Arbeitsmarkt bemerkbar: Viele kommen zu ihr, weil sie ihren Job verloren haben – oder unter den Arbeitsbedingungen leiden und sich nicht trauen, aufzumucken.
„Menschen, die gekündigt werden, stehen zunächst oft unter Schock. Besonders, wenn sie schon über 50 sind. Da geht es darum, den Weg heraus aus der Starre, hinein ins Tun zu finden und nach vorne zu schauen“, weiß Floh aus Erfahrung. Viele trauen sich in dieser Lage nichts zu, sehen nur, wie wenige Stellen es gibt und was sie nicht können.
Floh bringt die Betroffenen durch gezielte Fragen dazu, den Blickwinkel zu ändern: Was hast du in deinem Leben schon bewältigt? Was meinen deine Freunde, dass du toll kannst? Wenn sich jemand sagen kann „Okay, ich habe schon so viel geschafft, den schwierigen Computerkurs zieh ich jetzt auch noch durch“, dann ist der erste Schritt getan. Floh: „Ich möchte den Menschen vermitteln: Wenn ich mich bewerbe, bin ich kein Bittsteller, sondern ich bringe mich als Mensch ein, habe etwas zu geben. Das setzt natürlich voraus, dass man selbst weiß, wer man ist und was man kann.“
Schritt für Schritt
Außerdem sei es hilfreich, sagt Floh, angesichts großer Probleme in kleinen Schritten zu denken: So kann man nicht die angespannte Lage am Arbeitsmarkt verändern, aber man kann allen in der Umgebung erzählen, dass man einen Job sucht, überlegen, was einen selbst stärkt, und wo man Hilfe bekommen kann.
Manchmal braucht es nur eine „Mutstunde“ (á 80 Euro,“aber es soll nicht am Preis scheitern“). Andere wiederum kommen vier oder fünf Mal zum Coaching: „Dann ist die erste Frage immer: Was läuft schon gut, was brauche ich noch?“, so die gebürtige Hamburgerin. Das Erstgespräch, im Sommer beim Gehen im Grünen oder auch auf einer einsam gelegenen Parkbank, dauert meist etwas länger. Im Juli und August bietet Floh im Türkenschanz Park überdies auch mehrere kreative Outdoorworkshops an.
Pippi Langstrumpf lässt grüßen
Neben Mut möchte die 56-Jährige ihren meist weiblichen KlientInnen Lebensfreude und Abenteuerlust vermitteln. In der Auslage ihres „die lila Couch - Coaching Ateliers“ in der Gersthofer Straße 103 in Wien XVIII steht in großen Lettern Astrid Lindgrens Pippi-Zitat „Lebe wild, frech& wunderbar“ geschrieben. Hier findet jeden Mittwoch von 16 bis 18 Uhr das kostenlose „Coaching Café“ statt. Ab Herbst wird es im Rahmen der „Lila Lounge“ zudem Gesprächsrunden über Themen wie Ernährung oder Ehe&Recht sowie Kulturveranstaltungen geben.
Pippi Langstrumpfs Motto versucht Floh auch selbst zu leben: Zur Mittsommernachtswende hat sie auf den Gehsteig eine große Sonne gemalt. Vor dem Haus hat sie bunte Blumen gepflanzt. „Gerade Frauen müssen oft lernen, sich nicht ständig zu fragen ,Darf ich das überhaupt´“sagt Floh bestimmt – und blickt schmunzelnd auf ihre grün lackierten Daumennägel.
Infos zu Coaching im Park, den Kreativworkshops und mehr auf www.die-lila-couch.weebly.com