„Ich wohnte schon zwei Jahren in einem Haus im 17. Bezirk und kannte nur meinen Mitbewohner,“ sagt Stefan Theißbacher. Der junge Mann, der aus einem kleinen Dorf in Kärnten kommt, genoss anfangs die Anonymität der Großstadt. Bis sie ihm auf die Nerven ging. So entstand die Idee für eine neue Online-Plattform, die aus Anrainern Nachbarn machen soll. Ein Verein, den er zusammen mit einem kleinen Kernteam gegründet hat, soll sie in die Tat umsetzten.
„Ich habe in meinem eigenen Haus ausprobiert, ob Nachbarn sich überhaupt vernetzen wollen,“ erzählt Theißbacher. Er hängte im Stiegenhaus einen Zettel auf und lud seine Nachbarn zu einer gemeinsamen Facebookseite ein. Die Aktion verlief erfolgreich. „Von 25 Parteien sind jetzt 23 dabei, zwei haben mir ein Mail geschrieben, dass sie nicht bei Facebook sind, aber trotzdem gerne mitmachen würden.“ Die Kommunikation mit seinen Nachbarn habe sich seitdem sehr zum Positiven verändert. „Wir quatschen manchmal, wenn wir uns am Gang sehen. Und ich weiß jetzt, wie meine Nachbarn heißen.“ Über den Social Media Kanal wird seitdem hausintern fleißig kommuniziert, vom Wasserschaden bis zur Suche nach einer Leiter wurde schon alles Mögliche gepostet.
Pilotphase in Wien-Neubau
Dieses Konzept soll durch www.fragnebenan.com bald auch anderen Großstädtern näher gebracht werden. Die Kommunikations- und Serviceplattform geht am Freitag, dem 30. Mai online. Zunächst ist eine zweimonatige Pilotphase geplant, bei der es nur für Bewohner von Wien-Neubau möglich ist, sich zu registrieren. Verläuft alles nach Plan, soll ab Ende Juli ganz Wien folgen, später dann andere österreichische und deutsche Städte. „Wir werden uns vor allem auf große Wohnbauten konzentrieren,“ sagt Theißbacher.
„Abhängig vom Thema kann man sich entscheiden, ob man einzelnen Nachbarn, allen Nachbarn im Haus oder dem ganzen Grätzl schreibt.“ Man könne zum Beispiel fragen, wo man am Sonntag Lebensmittel einkaufen kann oder wer in der Nähe einen guten Hausarzt kennt. Neben Kommunikationsmöglichkeiten wird es als Service für die User noch allerlei Infos geben, zum Beispiel wann der Müll abgeholt oder der Strom abgelesen wird. „Wir wollen auch Hausverwaltungen einbinden. Die können dann zum Beispiel die Betriebskostenabrechnung online zur Verfügung stellen oder einen Reminder schicken, bevor der Stromableser kommt.“
Vorteile gegenüber Facebook
Stellt sich die berechtigte Frage, was die Nachbarschafs-Plattform kann, das Facebook nicht sowieso schon lange bietet. „Neben den Serviceinformationen und der Möglichkeit, Leute aus der Umgebung zu erreichen, unterscheidet uns vor allem die verpflichtende Verifizierung der Adresse.“ erklärt Theißbacher. Internettrollen und schlechtem Benehmen im Allgemeinen soll so von vornherein ein Riegel vorgeschoben werden. „Zudem hat Datenschutz hat höchste Priorität. Wir fragen nur ab, was absolut notwendig ist. Es geht bei uns ja nicht um Selbstdarstellung, sondern darum, dass man sich im Alltag gegenseitig unterstützt.“
Für regionale Unternehmen wird es die Möglichkeit geben, Kleinanzeigen in einem bestimmten Radius, den sie selber steuern können, zu schalten. „Das Inserat sehen dann die Leute aus dem gewählten Einzugsgebiet. Eine Schaltung für bestimmte Interessens- oder Berufsgruppen wird es aber nicht geben. Selbst wenn wir über diese Daten verfügen sollten, werden wir sie nicht weitergeben.“ Wohl noch ein nicht unwesentlicher Unterschied zu Facebook.