Phorus für Erotisch Reisen
Reiz!volles Dinner

Eine Reise durch das erotische Wien

Freitag, 5. September 2014
Seit kurzem hat Wien einen neuen Reiseanbieter, der statt Kunst und Kultur Phantasie verkauft. Sich auf eine Burg entführen lassen? Dinner mit einer strengen Tischdame? Ein Klick mit der Maus macht es möglich.
Erotisch Reisen
Esther Crapélle | Atelier Mysti
Latexwölfe – alles ist möglich

Ein junger Mann mit nacktem Oberkörper kredenzt in der heißen und schummrigen Kellerbar Prosecco. Die Männer tragen meist Anzüge, die Damen Abendkleider mit großzügigem Ausschnitt oder ein Latex-Outfit. Erotisch Reisen-Geschäftsführer Alfred wird umringt von seinen Gästen. Er begrüßt jeden einzelnen. Der Fünfzigjährige ist gepflegt, hat einen Dreitagesbart und gute Umgangsformen. In der rechten Hand hält er eine Zigarette. In der linken eine Kette, die am anderen Ende um den Hals einer Frau geschlungen ist.

„Das hier ist weder eine Swingerparty noch eine Orgie. Und diese Dame hier lebt an der Kette, weil sie das will,“ sagt er, als er mich in einen rot beleuchteten Raum mit wunderschönem Deckengewölbe führt. Die Angesprochene folgt ihm artig und lässt sich neben unserem Esstisch auf dem Boden nieder. „Wir verbinden Erotik und Reisen, aber wir verkaufen keinen Sex, sondern nur die Phantasie.“ sagt Alfred. „Das Erotische Dinner, das wir heute veranstalten, ist die kleinste und einfachste Form.“ Vor drei Monaten hat er begonnen, seine zugegebenermaßen ungewöhnlichen Reise-Packages anzubieten.

Vom Partner entführen lassen

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www.FetishPoint.at / Esther Crapelle

Eine Fiaker-Fahrt im Fetish-Outfit gefällig? Eine Tour durch das halbdunkle Wien? Ein paar Stunden oder Tage im Käfig ohne Verpflegung, Handtücher, Bettwäsche? Sich einer strengen Tischdame bei einem Dinner ausliefern? Sich entführen lassen und nicht wissen, was passieren wird? „Das ist bei uns alles machbar,“ sagt Alfred. Und was empfiehlt er Blümchensexliebhabern? „Ganz klar das romantische Wochenende.“ Noch einmal betont er, dass sein Unternehmen ausschließlich erotische Reize anbietet. „Meine Mitarbeiter sind keine Sexworker. Ein Gast hat das zu respektieren.“

Das Package Entführt ist noch relativ neu. „Dabei kann man seinen Partner entführen lassen. Der weiß nicht genau, was mit ihm an diesem Abend passieren wird.“ Natürlich sei nicht alles machbar, meint Alfred. „Ich rate zum Beispiel davon ab, eine Dame Ende Oktober auf eine Burgruine anketten zu lassen, wo sie stundenlang auf ihren Partner warten muss.“ Er lacht.

Alfred muss sich nun wieder um die eintrudelnden Gäste kümmern, aber er überlässt mir höflich seine Sklavin als Gesellschafterin, die sich als Nummer 107 vorstellt. Sie hat ihren eigenen Tisch knapp über dem Boden. Nummer 107 schenkt mir Wein ein. Ich bedanke mich, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob das angebracht ist.

„Ich möchte einen Herrn haben“

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„Ich will mich jemand anderem völlig unterordnen, ich möchte einen Herrn haben,“ erzählt sie. Sie ist Anfang fünfzig und erst vor einem halben Jahr von Berlin nach Wien übersiedelt. Sie redet viel, macht einen klugen und... ja, auch einen sehr selbstbewussten Eindruck. „Ich bin wirtschaftlich unabhängig, aber ich will mich freiwillig den Wünschen eines Mannes unterordnen,“ sagt Nummer 107. Ihren Herrn hat sie sich selber über das Internet gesucht. „Als ich ein Kind war, hat unsere Mutter mit uns manchmal Ausflüge zu Schlössern und Burgen gemacht. Ich wollte schon damals nicht die Prinzessin in den schönen Gemächern sein, die Folterkammer hat für mich einen viel stärkeren Reiz ausgeübt.“

Woher diese Ausprägung kommt, weiß die Berlinerin nicht. Eine Beziehung im herkömmlichen Sinn kommt für sie nicht in Frage. „ Ich bin vom Typ her eine Einzelgängerin. Das kommt mir jetzt zugute, denn als Sklavin ist man ja oft stundenlang alleine in einen Käfig eingesperrt.“

Bondage-Performance

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Langsam füllt sich der Raum. An den gedeckten Tischen nehmen ungefähr zwanzig Gäste Platz. Gegenüber ein Pärchen in Rüschenhemden, vorne eine blonde Frau in einem Latex-Stewardess-Outfit, weiter hinten lässt sich eine Frau mit einem Mann an der Kette nieder. Er trägt Strapse und einen BH und hat zu den Füßen seiner Herrin Platz genommen – das männliche Pendant zu Nummer 107.

Alfred begrüßt die geschlossene Gesellschaft, während das Servicepersonal Mozzarella mit Feigen als Vorspeise serviert. „Heute Abend ist alles erlaubt, die Grenzen sind nur der gute Geschmack. Und ein Nein ist ein Nein. Ansonsten tun Sie, was sie tun möchten.“

Dann überlässt er dem Bondage-Performer Riggers Vinciens und seiner Partnerin Kenyade die Bühne. Kenyade ist eine zarte Frau, trägt ein kurzes violettes Seidenkleid und hat ihre Haare hochgesteckt. Zwischen Suppe und Hauptgang wird sie von Vinciens kunstvoll mit einem Seil verschnürt. „Diese Bondage-Form nennt man Shibari und kommt aus Japan,“ erzählt Alfred. Eine junge und hübsche Frau, die am ganzen Körper tätowiert ist, schenkt uns Wein nach, hockt sich neben Alfred auf den Boden und flüstert ihm etwas zu. Er nennt sie liebevoll Fräulein Bunt. Sie ist seine Partnerin. Und seine Sklavin Nummer eins. „Es ist toll, hier unten zu sitzen,“ sagt sie und grinst. „Hier oben ist es auch nicht schlecht,“ antworte ich.

„Das bestimmmen allein Sie“

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Kurz vor der Nachspeise fädelt Vinciens das Seil an einem Ring an der Wand ein. Kenyade hängt völlig bewegungsunfähig und mit geschlossenen Augen in den Seilen. Mit einer verblüffenden Geschwindigkeit löst er die zig Knoten wieder. Seine Partnerin lächelt zufrieden, das Publikum applaudiert.

Ob Sie die Serviette zur Seite legen oder Ihre Begleitung die Kleider – das bestimmen allein Sie, steht in der Einladung zum Dinner. Manche der Gäste haben sich bereits in die Separees zurückgezogen. Für mich wird es Zeit, zu gehen. Alfred thront zufrieden zwischen Fräulein Bunt und Nummer 107. „Du versteht sicher, dass ich dich nicht zur Tür bringen kann,“ sagt er und gibt mir einen Handkuss. Ich verstehe.

www.erotisch-reisen.at

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