Daniela brachte zu einer Geburtstagsparty einen Zitronen-Baiser-Pie mit. Artemis kostete davon und assoziierte den Geschmack mit dem englischen Film: „Toast“, einer Geschichte über den Kochkrieg zwischen einem Teenager und seiner Stiefmutter. Beide wollten sich die Gunst des Vaters bzw. Ehemannes „erbacken, u.a. mit einem Zitronen-Baiser-Pie. Artemis schlug Daniela vor Film und Pie zu verbinden, und die Idee des Kuchenkinos war geboren: einen schönen Film anschauen, dabei kulinarisch verwöhnt werden und das alles zu einem guten Preis: 4,00 Euro. „Unser Anliegen ist es nicht, Geld zu verdienen, sondern etwas Schönes auf die Beine zu stellen“, sagt Artemis. Im Mai 2014 fand die Veranstaltung erstmals im moe statt, seither einmal im Monat. Die Galerie wird zum Kinosaal. Neben Kunstwerken stehen Sessel, Sofas und Bierbänke. Die Wand wird zur Leinwand.
Pies aus Mesopotamien
Daniela ist leidenschaftliche Hobbybäckerin. Als Teenager versuchte sie sich an Gugelhupf, jetzt bäckt sie lieber Pies. „Ich habe Anglistik studiert und somit eine Affinität für amerikanische und englische Kultur“, sagt sie. Dabei liegen die Ursprünge von Pies nicht in England oder den USA sondern in Mesopotamien. Die Sumerer schrieben um 2000 vor Christus ein Rezept für Hühnchen-Pie auf eine Tafel. Mit der Expansion des römischen Reichs erreichten Pies England. Sie eigneten sich besonders gut als Reiseproviant. Bei der Krönung von Henry VI im Jahr 1429 wurden Pies mit gekochten Pfauenfleisch serviert. Mit den Pilgervätern überquerten Pies den Ozean und traten ihren Siegeszug in den amerikanischen Küchen an.
Der Grundteig eines Pies besteht nur aus Mehl, Butter, Wasser und Salz. Das Geheimnis steckt in der Fülle. „Da liegen die wahren Herausforderungen“, sagt Daniela, „und bei der Deko kann man sich richtig austoben. Besonders beim Pie-Backen kann man viel variieren und es kann nichts so katastrophal schief gehen, wie beim Tortenbacken.“ Tricks und Kniffe wie der perfekte Pie gelingt, will sie aber nicht verraten.
Cherry 2000
Für die Premiere des Kurzfilms im Juni 2014: „A small island – Roadtrip to Pussy Galore“ – einer Dokumentation über drei Freunde, die von Niederösterreich aus zum legendären Queerspace „Pussy Galore“ in Sarajevo reisten – buk Daniela im Alleingang an drei Tagen zwölf Pies. 150 Filmpremierebesucher aßen sich quer durch die veganen oder vegetarischen „Regenbogen-Pies“: Kirsche-Schokolade, Himbeer-Topfen, Heidelbeere, Marille-Müslistreusel, Zwetschke-Kokosstreusel, Limette-Minze. „Bei der Veranstaltung kamen wir an unsere Grenzen, viel mehr Kinobesucher hätten wir nicht mit Pies versorgen können“, sagt Artemis. Danielas Küche ist kaum größer als sechs Quadratmeter und mehr als zwei Backformen passen nicht in den Ofen.
Was zuerst kommt: die Auswahl des Pies oder des Filmes können die beiden Veranstalterinnen nicht wirklich sagen. Sicher ist, dass keiner der gezeigten Streifen Mainstream ist. Manchmal ist es nicht leicht, einen geeigneten Film zum Pie zu finden. „Ich wollte einen Kirschen-Pie machen. Wir kannten den Film Cherry 2000. Doch der hatte uns eigentlich einen zu hohen Trash-Fakor. Google schlug mir beim Suchwort Cherry jedoch nur Softpornos vor“, sagt Daniela. Schließlich zeigten sie doch den Sience-Fiction-Film über den Liebesroboter Cherry.
Leichter war die Auswahl für den Halloweenfilm: Der russische Gruselfilm Vij aus dem Jahr 1967 mit vielen Vintage-Special-Effekten. Kulinarisch wurde der Film ausnahmsweise mit Cupcakes samt Gräberdekoration und natürlich Pumpkin-Pie begleitet. Als Getränke gab es Vladi Mary with Googly Eyes.
Die Filme werden nicht angekündigt. Die Pies auch nicht. Nur das Vorführungs- und Verkostungsdatum. Das nächste mal im AU am 18. Februar ab 20.00 Uhr gibt es Pies zu verkosten und um 21.00 Uhr startet der Überraschungsfilm. „ Wir haben uns wieder ein Deko-Konzept überlegt, das zum Film und Pie passt“, sagen die beiden Veranstalterinnen. Nach dem Film wird noch der restliche Kuchen verputzt, getanzt und gefeiert. Manchmal sogar mit Live-Band.
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AU: Brunnengasse 76, 1160 Wien