Alexandra Gruber
Social Media

I bin dei Apfel du mei Stamm

Dienstag, 10. Dezember 2013
Was Exilösterreicher im Ausland vermissen und wie sie sich via Social Media „auf a Packl haun"
Berlin
Alexandra Gruber
Viele Ösis ziehen nach Berlin

Das halbe Publikum soll Mitte Oktober in Berlin mit den Tränen gekämpft haben, als Reinhard Fendrich bei einem Konzert „I am from Austria" gepielt hat. Nachdem anzunehmen ist, dass Deutsche eher selten wegen unserer heimlichen Nationalhymne flennen, stammte wohl ein großer Teil des Publikums aus Österreich. Leicht möglich, denn mehr als 400.000 Österreicher leben derzeit im Ausland, davon fast die Hälfte in Deutschland. Falls den einen oder die andere das Heimweh plagt, gibt es dank Social Media einige Möglichkeiten, um das Leid mit Gleichgesinnten zu teilen. Denn manchmal überkommt auch den abenteuerlustigsten Weltenbummler ein klein bisschen Heimweh.

Grazerin Lizzie Pi, die es mit Anfang 20 für drei Jahre auf die Malediven verschlug, wühlte deshalb sogar im Abfall. „Ein Gast schenkte einem Butler im Hotel eine Sachertorte. Der hat fast nichts davon gegessen und sie dann in einen Mülleimer geworfen. Eine Tirolerin und ich schlichen in der Nacht zum Mülleimer, um die Torte zu retten. Wir freuten uns wie Kinder", schreibt die junge Frau. Eines Tages, so Lizzie, habe ein großes Segelboot voll mit Steirern angelegt. „Eine Frau hat mir eine Flasche Kernöl geschenkt." Denn, so sagte ihr die Steirerin, wo sie auch hinsegeln, jeder Österreicher freue sich über Kernöl.

Sprachprobleme und kein Leberkäse

Nicht ganz so weit weg hat es Clemens Bauer verschlagen. Er ist Mitglied bei den Exilösterreichern in Köln. „Hat jemand Lust auf ein oder fünf Bier? Also Kölsch wohl eher zwanzig oder..." postet er. Tatsächlich ist es gewöhnungsbedürftig, dass die Kölner ihr Bier aus Gefäßen trinken, die in Wien nur als bessere Schnapsgläser durchgehen würden.

Sigrid Kramer, Mitglied bei Austrians in London, findet ihre neue Heimat wegen den viel niedrigeren Steuern toll, am meisten vermisst sie Leberkäse. Ex-Wienerin und Neo-Londonerin Jacqueline Page, die seit kurzem mit einem Briten verheiratet ist, lobt die Zuverlässigkeit der englischen Firmen. „Ich habe mich bei zwanzig Firmen beworben, und ich habe binnen einer Woche von allen eine Antwort erhalten. Zuhause ist das leider anders." Manchmal fehle ihr der Heurige. Und das Schwarzbrot. Und die Wurstauswahl im Supermarkt.

Factbox

In immer mehr großen Städten gründen ausgewanderte Österreicher Facebook-Gruppen. Hier eine kleine Auswahl für zukünftige Ösi-Expats (Vorher bei Facebook einlocken):

Die Exil-Österreicher in Berlin unterhalten sich über Sport, Politik und Wohnungssuche. Mehr als 1400 Mitgliedern kann die Gruppe Berlin Wien und zurück verzeichnen. Meist geht es um Mitfahrgelegenheiten für Reisende zwischen den beiden Hauptstädten. Österreicher in Köln treffen sich an Nationalfeiertagen oder zum Fussballschauen.

Austrians in London und in New York tauschen unter anderem Hinweise und Ratschläge über den überteuerten Wohnungsmarkt in ihren neuen Heimatstädten aus. Die Austrians in San Francisco & Bay Area versprechen: „Es is wie da deutsche Stammtisch, nur halt vuel lustiga!"

Das gravierenste Problem scheint jedoch das mit der fremden Sprache zu sein. Aber nicht in Großbritannien oder auf den Maledivien, sondern... richtig, in Deutschland. Zumindest im hohen Norden. Unfreundliche Empfehlungen wie „Lerne erst mal Hochdeutsch, dann kannst du dich noch mal melden" mussten sich zum Beispiel zwei Wienerinnen in Berlin und Hamburg anhören. Trost samt Erklärung hat Luther sei dank ein anderer Exilösterreicher parat. „Unser Hochdeutsch stammt aus der Luther-Bibel. Er hat als Erster ein Buch in Deutsch geschrieben, und so wurde sein Werk quasi ein Nachschlagewerk für die Deutsche Sprache und sein Dialekt oder seine Einfärbung zu Hochdeutsch. Wäre Luther Steirer gewesen, wäre jetzt Steirisch Hochdeutsch..." Dann könnte der Steirer zum Berliner sagen: „Ha? Red gscheit, Stodtfrack." Irgendwie eine schöne Vorstellung.

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