Alexandra Gruber
Nachhaltigkeit

Leihen statt kaufen, Vertrauen statt Verträge

Dienstag, 15. April 2014
Im Leila kann man Gegenstände ausleihen oder zum Verborgen vorbeibringen. Die erfolgreiche Idee stammt aus Berlin und wird nun in Wien übernommen.
Leila
Alexandra Gruber
Das zukünftige Leila

„Wir haben keine Verträge, wir haben nur Vertrauen,“ sagt die Frau mit dem bunten Pulli und dem freundlichen Gesicht. Sie steht in einem voll geräumten Laden und wird gerade von einem BBC-Team interviewt. „Manche sagen, das ist Sozialismus. Die Leute kommen aber aus freien Stücken und können auch jederzeit wieder gehen, wenn sie wollen. Und von der Stasi wird auch niemand überwacht.“ Sie lacht.
Hier in Berlin entstand die Idee für Leila, die Abkürzung für Leihladen. Das Motto lautet: Leihen statt kaufen, das spart Geld und schont die Umwelt. Jeder kann einen Gegenstand zum Verleihen bringen, Mitglied werden und sich dann etwas ausborgen. Das Konzept ist einfach und kommt gut an.
Die Frau mit dem bunten Pullover zeigt den Briten Teile des Sortiments. Es gib Babytragtaschen, Küchengeräte, Werkzeug, Fahrräder und Helme, ja sogar Einräder. Besonders gerne werde Werkzeug ausgeborgt. Und übrigens, das Kopieren von Leila, das sei ausdrücklich erwünscht.

„Das Prinzip funktioniert wie in einer Bibliothek“

Leila
Mirjam Übelhör
Die Leilas beim Renovieren

Aber bitte, liebe Berliner, das machen wir doch gerne. Leila Nummer zwei wird Ende Mai dieses Jahres eröffnet, und zwar in Wien-Ottakring.
„Das Prinzip funktioniert so wie in einer Bibliothek, nur eben für Gebrauchsgegenstände,“ sagt Simon Büchler. Der junge Mann, der für einen Umweltverein arbeitet und die Boku-Studentin Stephanie Braun gehören zum siebenköpfigen Kernteam der Wiener Leila-Dependance. Das Grätzel rund um die Herbststraße ist trist und das etwa 120 m² große Geschäftslokal noch eine Baustelle, aber immerhin steht die Verkaufstheke schon, und die beiden sind voller Zuversicht. Wohl zurecht, denn obwohl der gemeinnützige Verein erst vor zwei Wochen gegründet wurde, haben sie auf ihrer Leila-Facebook-Seite schon über 700 Likes gesammelt.

Mischform aus Leihen und Schenken

Werkzeug
Wolfgang Muhr
Werkzeug ist begehrt

„Es wird eine Mischform aus Leihgaben und Schenkungen sein,“ erklärt Büchler. „Wir führen verschiedene Kategorien ein, zum Beispiel Garten-, Küchen- oder Spaßbedarf. Es gibt keine Grenzen, alles soll erlaubt sein.“
Auf die Idee sind sie gekommen, weil sie den Berliner Leila-Gründer Nikolai in Wien kennengelernt haben. Stephanie Braun hat sich den Leihladen in Berlin vor Ort angesehen und selbst mitgearbeitet, um Erfahrungen zu sammeln. „Im wesentlichen wird alles so wie in Deutschland funktionieren. Man bringt einen Gebrauchsgegenstand vorbei, füllt ein Formular aus und kann sich dann ausborgen, was man will. Der einzige Unterschied zu Berlin werden unsere fixen Mitgliedsbeiträge sein.“ Die Höhe dieser Beiträge, von denen der Verein hauptsächlich finanziert werden soll, steht in etwa fest. „Wir rechnen noch ein bisschen herum, aber wahrscheinlich wird es eine ermäßigte Kategorie für ca. 24 € und eine normale für 36 € Jahresbeitrag geben,“ sagt Büchler. Wobei jeder seine Kategorie selbst bestimmen dürfe. „Hundert Mitglieder würden den Verein finanziell tragen,“ ergänzt er.

Vormerksystem im Internet

Auch in Wien soll Leila hauptsächlich auf Vertrauen aufgebaut sein. „Die Leute müssen sich darauf verlassen, dass wir gut auf ihre abgegebenen Gegenstände aufpassen, und wir müssen darauf vertrauen, dass sie unsere Sachen schonend behandeln und zeitgerecht zurückbringen.“ Büchler plant ein Vormerksystem auf einer Webseite. „Die Leute sollen im Internet nachschauen können, was bei uns alles verfügbar ist und auch Gegenstände reservieren können. Außerdem soll es die Möglichkeit geben, zu posten, was man mit dem Geliehenen gemacht hat.“

Und falls das Vertrauen in die Mitglieder doch einmal enttäuscht werden sollte, werden es die Wiener wohl mit der Berliner Gelassenheit zu nehmen wissen. Denn wie sagte die Frau mit dem bunten Pullover im BBC-Beitrag: „Wenn doch einmal etwas verloren geht, regen wir uns nicht auf. Es kommt eh wieder.“

www.facebook.com/leihladen?fref=ts
www.leila-berlin.de

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