Marliese Mendel
Social Media

„Likes sind die falsche Währung“

Mittwoch, 21. Mai 2014
Sie haben keine Ahnung, was Conversion Trackings, Lookalike Audiences, Saved Target Groups sind? Wir auch nicht. dieZeitschrift hat den Schweizer Facebook-Marketing-Spezialisten Thomas Hutter in Wien getroffen. Er verrät, wie Einzelunternehmen und Kleinbetriebe ihre Facebook-Botschaften an die richtigen Leser bringen.

Thomas Hutter ist Geschäftsführer der Hutter Consult GmbH in der Schweiz. Er berät Firmen in Österreich, Deutschland, und der Schweiz rund um die kommerzielle Nutzung und „den strategischen und nachhaltigen Einsatz von digitaler Kommunikation und digitalem Marketing in und mit sozialen Netzwerken.“ Amnesty International, Axel Springer, Microsoft, RTL und S.Oliver buchen bei ihm Dienstleistungen rund um Facebook. Seinem Social Media Blog folgen fast 26.000 Menschen auf Facebook und seine Seminare sind regelmäßig ausgebucht. Aber wie begann seine Leidenschaft für Social Media?

dieZeitschrift: Wie kamen Sie zu Facebook?
TH: 2008 hatte ich beruflich die ersten Berührungen mit Facebook und fand es hoch interessant. Mein damaliger Arbeitgeber fand das nicht. Also machte ich mich wieder selbstständig. Meine Partner und ich haben Facebook-Marketing als Marktlücke erkannt und uns auf das Thema spezialisiert. Heute sind wir einer der wichtigsten Anbieter in der Schweiz.

dieZeitschrift: Soll ein EPU/KMU eine Seite, ein Profil oder eine Gruppe bei Facebook anlegen?
TH: Für Unternehmen gibt es nur eine Möglichkeit, eine Facebook-Seite. Facebook löscht oder sperrt Konten von Privatpersonen, die ihre Seite kommerziell nutzen. D.h. die ganze bis dahin geleistete Arbeit ist verloren.

dieZeitschrift: Wie kommt ein EPU/KMU zu den ersten „Gefällt mir“?
TH: Der größte Fehler, den Unternehmer immer wieder machen, ist zu versuchen im Netz neue Kunden zu suchen. Es ist wichtig zu Beginn die eigenen Kunden, Mitarbeiter und Menschen aus dem direkten Umfeld auf die Facebookseite zu bringen. So kann der Unternehmer sie regelmäßig wieder ansprechen.
Man sollte im Newsletter und auf der eigenen Webseite auf die Facebookseite aufmerksam machen. Oder einfach durch die klassische Kommunikation – man spricht miteinander – empfehlen.

dieZeitschrift: Und dann?
TH: Man kann für 50 Euro 1000 Fans bei Klickfarmen kaufen. Die sind aber alle samt nichts wert. Das sind meist Profilleichen.

Der Unternehmer kann schon Fans „kaufen“. Am besten mit Werbeanzeigen auf Facebook.
Mit Hilfe von Facebook Ads können mehr Kunden und Fans generiert werden. Beim Kauf einer Facebook-Ad kann der Auftraggeber die Zielgruppe mit den perfekten Kunden für sein Unternehmen auswählen. Diese Zielgruppe sieht die Werbung und kann Fan werden.

dieZeitschrift: Soll man Gewinnspiele machen?
TH: Bei Gewinnspielen gilt es zu beachten, dass viele Facebooknutzer den Link nur wegen der Preise und nicht wegen des Unternehmensangebots anklicken.

Factbox

„Hervorgehobene Beiträge“ oder „Facebook-Ads“ können direkt auf der Plattform Facebook erstellt werden.
„Hervorgehobene Beiträge“: Hier kann der Auftraggeber seine Zielgruppe unter seinen Fans die richtige Zielgruppe aussuchen und der Beitrag wird in derer Newsfeed geschaltet. In erweiterter Form kann der Werber auch den Freunden der Fans die Beiträge in den Newsfeed „stellen“.

Facebook-Ads: Werden in der rechten Spalte der Facebookseiten angezeigt.

dieZeitschrift: Vielen EPUs und KMUs fehlt das Budget für eine Facebook-Ad-Kampagne.
TH: Ein Unternehmen, das sagt, ich habe grundsätzlich kein Geld, um auf Facebook auch Werbung zu machen, sollte die Finger von Facebook lassen. Dann stimmt Aufwand und Ertrag nicht überein. Ich muss ja regelmäßig etwas posten, Neuigkeiten bringen, das kostet Zeit. Es kostet Geld ,wenn man es extern machen lässt. Wenn ich es dann nicht bewerbe, ist es das gleiche als wenn ich schöne Plakate male und diese nicht aufhänge.

dieZeitschrift: Warum zeigt Facebook nur bei 20 Prozent der Fans einer Seite die Beiträge der gelikten Seite an?
TH: Das kann man nicht umgehen, denn hier entscheiden die Nutzer. Wenn ein Nutzer nicht mit mir interagiert, dann zeigt Facebook den Nutzern meine Beiträge auch nach einiger Zeit nicht mehr an.
Die Logik dahinter ist: der Nutzer hat kein Interesse an diesen Inhalten, also beschließt Facebook sie ihm nicht mehr anzuzeigen. Als Unternehmen habe ich die Möglichkeit, mit bezahlten Beiträgen das werbetechnisch wieder anzuzeigen. Aber letztendlich braucht es gute Inhalte, die die Leute zur Interaktion animieren. Nur so kann man dauerhaft sichtbar sein.

dieZeitschrift: Wie bringt man Leute dazu zu interagieren, zu liken, zu kommentieren, zu teilen?
TH: Aufrufe zur Interaktion werden seit kurzem von Facebook bestraft. Also: Gute Inhalte.

Thomas Hutter, Facebook, Wien

dieZeitschrift: Was ist ein guter Inhalt?
TH: Nonsense-Postings können vielleicht ein paar Likes bringen. Likes sind die falsche Währung. Auf Facebook zählt die Reichweite. Diese kann ich über bezahlte Werbung erzielen, aber der Postinginhalt muss so gut sein, dass er die Leute auch anspricht, dass sie im besten Fall interagieren. Ein guter Inhalt soll selbst erstellt sein. Beim Verfassen muss man sich fragen: Würde ich dieses Posting in meinem Newsfeed sehen wollen und lesen?

Wir sagen unseren Kunden immer, wenn die Facebook-Werbung gleich viel kosten würde, wie ein großes Zeitungsinserat, ein Beitrag im Fernsehen oder im Radio, würdet ihr dieses Posting, mit diesen Inhalten, diesen Bildern dann auf diesen Kanälen auch spielen? Wenn die Antwort „Nein“ ist, dann sollte man es besser lassen.

dieZeitschrift: Was, wenn ein subjektiv guter Beitrag trotzdem floppt?
TH: Dann bewerbe ich ihn und wenn dann immer noch nichts passiert, dann muss ich annehmen, dass der gute Beitrag nicht gut war.

dieZeitschrift: Was kostet eine Kampagne?
Die Bewerbung eines Beitrages mit Bild via Newfeed auf PC und Mobile kostet pro 1000 Nutzern rund 2,5 Euro. Im Vergleich zu allen anderen Reichweitenmedien ist das wirklich billig.

dieZeitschrift: Sollen EPUs/KMUs twittern?
TH: Nein, eigentlich nicht. Twitter ist für Breitenwerbung nicht geeignet. Aber wenn man als kleines Unternehmen Kontakte zur Presse aufrecht erhalten will, sollte man Twittern.

dieZeitschrift: Wie steht es mit Google Plus?
TH: Google Plus ist für Unternehmen wichtig im Zusammenhang mit Suchmaschinenoptimierung. Als Reichweitenmedium für Werbung, wie Facebook, gilt Google Plus heute noch nicht.

dieZeitschrift: Gibt es „Goldene Regeln“ für Kleinunternehmer auf Facebook?
TH: Qualität vor Quantität. Qualitativ gute Beiträge, lieber einen Beitrag weniger, dafür wenige Gute. Nur Beiträge online stellen, die man selbst lesen oder anklicken würde.
Auf keinem Fall sollte man – nur, weil es eine kostenlose Plattform ist – die Fans pausenlos „beposten“. Sondern sich gezielt Aktionen ausdenken.

Vor allem, sollte man nicht geizig sein: Denn die magischen Dinge mit Facebook passieren in der Regel erst dann, wenn man dafür bezahlt.

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