Acht mal zeigen junge Filmemacher_innen den oft zynischen Umgang mit Menschen mit Fluchterfahrung: Dass zwar eine syrische Katze einen deutschen Pass hat, aber deren syrischen Besitzer_in keinen, dass jährlich drei Millionen Euro in die Erhaltung eines ungenutzten Grenzmanagementsystems investiert werden, während Menschen 15 Jahre lang auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten und mit 70 Euro Taschengeld auskommen müssen. Dass in den Medien meist über Menschen mit Fluchterfahrung geschrieben, statt sie selbst sprechen zu lassen.
Die Filmemacherin Maria Weber verleiht in ihrem Animationsfilm „I'm alive“ genau diesen Menschen eine Stimme. Sie erzählen von ihren Hoffnungen, Fluchterfahrungen und Lebensentwürfen. Gita Ferlin nahm die Stimme eines Mannes auf, der seit 15 Jahren auf den Ausgang seines Asylverfahrens wartet. Er selbst kommt nie ins Bild, so, als wäre er eigentlich unsichtbar, nur einer jener, über die Gerüchte verbreitet werden: dass er faul sei und der Allgemeinheit auf der Tasche läge. Dabei würde er gerne arbeiten und sich ein Leben aufbauen. Doch er ist zum Warten verdammt, in einer kleinen, schimmligen Wohnung mit Blick auf Bahngleise und einen hohen grauen Turm auf dem in vielen Sprachen die Übersetzung des Wortes „Willkommen“ steht.
Syrische Katze mit deutschem Pass
Lisbeth Kovacic wählte für ihren Film THEIRCATSASWELL einen aktivistischen Zugang. Im Jahr 2015 lernte eine Bekannte ein syrisches Paar und deren Katze in einem der Konvois von Ungarn nach Österreich kennen. Über Whats app blieben sie in Kontakt und aus diesem Chat hat Kovacic einen Animationsfilm gemacht. In dem sich die Protagonist_innen über die Situation in deutschen Flüchtlingsunterkünfte austauschten und auch, dass die Katze Zaytouna nach drei Monaten Quarantäne zu dem Paar zurückkehrte und nun als einziges „Familienmitglied“ einen deutschen Pass hat.
Hohle Phrasen
Für die Produktion des Filmes „In erster Linie“ zog Vienna-Short-Film-Festival-Gewinnerin (2017) Veronika Schubert einen weißen Schutzanzug an, setzte sich eine Schutzbrille und einen Mundschutz auf. Sie übertrug mit einem Gravierstift die Umrisse von photographierten Wolkenformationen auf Glas. Mehr als 3.000 mal wiederholte sie den Vorgang, danach setzte sie die Bilder zu ihrem Film zusammen, unterlegte diese mit den austauschbaren Phrasen, hohlem Gerede bekannter Fernsehsprecher_innen und Politiker_innen und stellte damit die Oberflächlichkeit der Politsprache und deren Handlungsunfähigkeit in herausfordernden Situationen bloß. (Zu sehen: 07.10. 2017: Screening Tricky Women Festival: Bregenz: Lange Nacht der Museen und bis 7.10 im Rohnerhaus, in Lauterach.)
Langeweile in Spielfeld
Die beiden Studentinnen an der Hochschule für Fernsehen und Film in München, Kristina Schranz und Caroline Spreitzenbart gewannen im Jahr 2016 mit ihrem Film „Spielfeld“ den Diagonale-Preis für Kurzdokumentarfilme. Sie setzten bewusst einen filmischen Gegenpol zu den schnell geschnittenen Nachrichten über die rund 6.000 Menschen auf der Flucht, die im Jahr 2015 im Grenzdorf angekommen waren; Zeigen die Grenzgemeinde Spielfeld in unaufgeregten Bildern: einen Polizisten, der vor leeren Zelten steht und über Crowdmanagementsysteme und Grenzmanagement spricht, einen Mann, der im Gasthaus sitzt und sagt, dass Spielfeld nun zum zweiten Mal weltberühmt geworden sei, zuerst wegen der Staus im Sommer und 2015 „wegen der Flüchtlinge“.
Jetzt ist Spielfeld wieder verlassen, die kurzen Phase der „Flüchtlingswelle“ ist vorbei und jetzt kommt niemand mehr. Weder die Menschen, die günstig in Slowenien einkaufen wollen, noch Menschen auf der Flucht. Geblieben sind nur gelangweilte Polizisten und Soldaten, die die leeren Zelte und den nicht durchgängigen Grenzzaun bewachen. Gesamtkosten pro Jahr: drei Millionen Euro.
Vordernberg
Juri Schadens Film „Entwürfe“ (2013) deckt den Zynismus um das Anhaltezentrum Vordernberg in der Steiermark auf. Die EU hatte mehrmals die schlechte Unterbringung der „Schubhäftlinge“ in Österreich kritisiert, daraufhin beschloss die Regierung ein „modernes“ Schubhaftzentrum zu errichten - in einem Dorf, in dem es keine Jobs mehr gibt, aus dem Menschen abwandern und das ohne ökonomische Perspektive war. Dort setzen die lokalen Politiker_innen auf eine progressive Idee: die „Verwahrung“ von Menschen, denen jede Perspektive genommen worden ist und die auf ihre Abschiebung warten.