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Bild, by Marliese Mendel
Marliese Mendel
Österreich

Von Hasen, Staren und Reben

Freitag, 25. Juli 2014
Ewald Winkler hält nichts von bunten Designer-Etiketten, langatmigen Weinbeschreibungen und zeitraubenden Messebesuchen. Er arbeitet lieber in seinen Weingärten. Auch wenn Stare, Hasen, Rehe und Bürokraten es ihm manchmal schwer machen „ehrlichen Wein“ zu erzeugen.

Ewald Winkler ist ein sachlicher Mann und redet nicht viel. Außer man fragt ihn nach seinen Weinen. Dann spricht er liebevoll von handgepflegten Trauben, von Eichenholzfässern und der Lust, ehrlichen Wein zu keltern. Schon als Kind war er pausenlos im Weingarten zu finden. Für ihn war es immer klar, dass er Winzer wird. „Außer an ganz mühsamen Tagen“, scherzt er. Dann macht er sich am Abend eine Flasche Wein auf und die spült die kurzlebigen Zweifel weg.

"Alleinwinzer"

Ewald Winkler, Wein, Apetlon, Burgenland, Stare
Marliese Mendel

Jeden Morgen fährt er in seine Weingärten, schaut nach seinen Trauben, schneidet überzählige Triebe ab, spannt Vogelabwehr-Netze nach und vertreibt Stare. Auf acht Hektar baut Winkler im Seewinkel zwischen Apetlon und Illmitz Zweigelt, Blaufränkischen, Merlot, Welschriesling, Muskat-Otonell, Sauvignon Blanc, Chardonnay, Grünen Veltliner und Sämmling an. Er hat sich ganz bewusst dafür entschieden, ein Kleinbetrieb, ein „Alleinwinzer“ zu sein.

Im Gegensatz zum Wunsch der EU, dass die Weingüter ständig wachsen sollen, hat Winkler in den letzten Jahren die Anbaufläche um vier Hektar verringert. Damit liegt er immer noch weit über der Durchschnittsfläche von zwei Hektar pro Weinbauer im Burgenland. Von den rund 4000 Haupt- und Nebenerwerbswinzern füllen nur rund 1600 Winzer Wein in Flaschen ab. Pro Jahr werden zirka 700.000 Hektoliter Trauben auf einer Rebfläche von 13.840 Hektar geerntet. Aber immer mehr kleine Betriebe verschwinden. Die Winzer gehen in Pension und niemand übernimmt die Weingärten. Nicht so bei den Winklers: „Wenn wenn man es g'scheid machen will, dann geht es nur hauptberuflich.“ Ewald ist bereits in dritter Generation leidenschaftlicher Klein-Winzer.

Höllenstrafen

Ewald Winkler, Wein, Apetlon, Burgenland, Stare
Marliese Mendel

„Klein, dafür aber intensiv“, sagt er, „so kann ich mich besser auf meine Weinstöcke konzentrieren. Die erfordern das ganze Jahr meine Aufmerksamkeit.“ Er ist „Alleinwinzer“, er hat keinen Kellermeister, keinen Marketingspezialisten und keinen Vertriebsleiter. Kein Sekretär erledigt die zahlreichen bürokratischen Arbeiten, hängt Auszeichnungen auf und schreibt dem Bischof alle fünf Jahre einen Brief. Winkler hat nämlich als einer von rund 50 burgenländischen Winzern die bischöfliche Genehmigung, Messwein zu erzeugen, und diese muss alle fünf Jahre erneuert werden.

Gab es früher noch große Zeremonien, bei denen dem Winzer Höllenstrafen bei etwaigen Verstößen angedroht wurden, reicht heute ein einfaches Schreiben des Bischofs, um Messwein zu erzeugen. Seit 2004 will die Kirche auch, dass geöffnete Weinflaschen geleert werden. Papst Benedikt XVI. Verfügte: „Wenn ein Priester nur ganz wenig Wein zu sich nehmen kann, soll der eventuell übrige Wein bei der Einzelzelebration von einem Gläubigen konsumiert werden, der an dieser Eucharistie teilnimmt.“

Tiefdunkles Rubingranat

Auszeichnungen

Bei der Landesweinprämierung 2014 gewann er mit seine Welschriesling Messwein 2013 und seinem Chardonnay 2013 Gold. À la carte 2013 zeichnete seinen Zweigelt Classic 2012 mit 87 Punkten und den Zweigelt Barrique 2011 mit 90 Punkten aus. Und bei der awc Vienna 2012 gewann er mit seinem Sämling Spätlese 2011 Gold.

Einige Kirchengänger könnten so Winklers 2013 im Salon Österreich prämierten Kabinett, Domkapitel-Schandlesgrund, Messwein, Welschriesling 2012 verkosten. Sie tränken Wein mit zartem Grüngelb, fruchtigen Apfelduft mit feinem Säuregerüst. Winkler selbst hält nichts von blumigen Weinbeschreibungen. So steht am 2011 von A la Carte prämierten Zweigelt Classic nichts von intensiven Duft nach Fruchtbouquet und Kirschen. Oder dass sein Merlot Reserve 2012 in tiefdunklem Rubingranat schimmert, in der Nase stoffige Beerenfrucht mit feinen Kräuter Nuancen entwickelt und nach feinen Röstaromen schmeckt.

Ehrlicher Wein

Ewald Winkler, Wein, Apetlon, Burgenland, Stare
Marliese Mendel

Er mag den Weinmarketingschnickschnack aber nicht. Er fährt auf keine Messen mehr, das wäre zu zeitaufwendig. Er könne sich dann nicht um seine Trauben kümmern, sagt Winkler. Er hängt auch die zahlreichen Auszeichnungen nicht im Weinstüberl seines Hofes auf. Anstatt mit Urkunden zu protzen, lädt er seine Kunden lieber auf Verkostungen ein und sagt ihnen nicht vor, nach was der Wein schmecken soll. Er gibt ihnen nur den Hinweis, dass er „ehrliche Weine“ erzeugt. Die Weingenießer sollen sich selbst ein Geschmacksbild machen. Seine Stammkunden dürfen sich im nächsten Jahr auf eine Neuerung freuen. Heuer im Herbst baut er seinen Weißwein wieder in neutralen Eichenholzfässern statt Stahltanks aus. „Der Wein schmeckt so voller und uriger.“

100.000 Stare

Ewald Winkler, Wein, Apetlon, Burgenland, Stare
Marliese Mendel

Doch nicht nur Menschen mögen Wein. Hasen nagen gerne die Stämme junger Weinstöcke durch, Rehe genießen die süßen jungen Triebe der Weinstöcke des Grünen Veltliners und Zweigelts, und Stare mögen reife Trauben. Gegen Hasen und Rehe kann man Weinstöcke schützen. Bei den geschützten Staren wird es schwierig.

In Schwärmen bis zu 100.000 Vögel lassen sie sich auf den reifen Trauben nieder, krallen sich an den Beeren fest und picken nach dem süßen Saft. Ganze Rieden werden vernichtet. Die Weinbauern haben sich einiges einfallen lassen, um die Vögel zu vertreiben. Feldhüter patrouillieren, silbern glänzende Bänder und Plastiksackerl flattern in den Weingärten und „Starfighter“ (Kleinflugzeuge) zischen im Tiefflug über die Rieden. Andere Winzer haben in ihren Weingärten automatisierte Schreckschussapparate aufgestellt. Deshalb knallt es im Seewinkel pausenlos.

Wie jeder Weinbauer in der Gegend hat auch er eine Schreckschusspistole am Beifahrersitz liegen. Die kleinen goldenen Patronen sind schnell in die Trommel eingefüllt. Winkler schießt in die Luft. Große Schwärme von Staren fliegen auf. Drehen eine Runde und lassen sich wieder auf den Weinstöcken nieder. „Es gibt kein Mittel gegen sie.“

Am Effektivsten scheint das Einnetzen der Weinstöcke. Ganze Rieden werden mit Netzen umhüllt, um die Vögel fern zu halten. „Das bringt aber andere Schwierigkeiten mit sich“, sagt Winkler, „weil die Traube nicht gepflegt werden kann“. Es scheint, als spräche er von vernachlässigten Kindern.

Weiter Informationen

Weingut Winkler
Untere Hauptstraße 59
7142 Illmitz

Weine pro 0,75 l Flasche ab 4,50 Euro.
Verkostung nur gegen Voranmeldung
Lieferungen nach Wien möglich

Denn Winkler riecht seinen Wein schon lange, bevor er fertig ist. Er erschnuppert seine Trauben, wenn er durch den Weingarten geht. „Der Grüne Veltliner riecht heuer besonders intensiv nach Kräutern,“ sagt er und freut sich auf die Arbeiten im Weinkeller. Und wir auf die Verkostung.

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