Wolfgang Muhr
Kulinarik

Obergäriges aus Ottakring

Montag, 5. Mai 2014
Zwei Wiener brauen seit Anfang des Jahres nach ihren eigenen Rezepturen obergäriges Bier, das in Österreich bisher keine Tradition hatte. Liebhaber von englischem oder belgischem Bier werden mit der neuen Xaver-Brauerei ihre Freude haben.
Xaver Brauerei
Wolfgang Muhr
Thomas, Franz, die Originale

Mal diesen oder jenen Hopfen, mal mehr, mal weniger Malz. Einmal etwas höhere, dann etwas niedrigere Temperatur. „Nach etwa zehn Versuchen war ich mit dem Pale Ale zufrieden,“ sagt Franz Lughofer. Es war nicht die einzige Bierrezeptur, die in seiner fünf m2 großen Küche entstand, aber die beliebteste. Seine Eigenkreationen kamen im privaten Kreis so gut an, dass er Anfang dieses Jahres in Wien-Ottakring gemeinsam mit seinem Freund Thomas Haginger auf 52 m2 die Xaver Brauerei eröffnete. Xaver ist Lughofers zweiter Vorname.

Haginger musste die Braukunst erst erlernen. „Ich habe im Jänner damit angefangen, bin quasi ins kalte Wasser gesprungen,“ erzählt er. Meistens ist er für die Frühschicht zuständig, bis Lughofer ihn ablöst und dann bis in die Nacht hinein arbeitet. „Wir brauen jeden zweiten Freitag im Monat von sieben bis 22 Uhr.“ Zusätzlich vertreiben die beiden hauptberuflichen EDV-ler ihr Bier jede Woche für ein paar Stunden direkt in der Produktionsstätte.

„Unser Bier schmeckt ungewohnt“

Xaver Brauerei
Wolfgang Muhr

Im Moment produzieren Lughofer und Haginger 200 Liter Bier pro Woche, die Lagerkapazitäten würden maximal für die doppelte Menge reichen. Mit großen Brauereien können und wollen sie gar nicht mithalten, derzeit sind sie ein Geheimtipp für Liebhaber von obergärigem Bier. „In Österreich wird zu 99 Prozent untergärig, also mit niedrigerer Temperatur, gebraut. Deshalb schmeckt unser Bier für die meisten sehr ungewohnt,“ erklärt Haginger. Drei Geschmacksrichtungen haben sie derzeit im Sortiment.

„Das Wit ist ein Weißbier und wird mit Bitterorangen und Koriander gewürzt. Es ist sehr leicht und spritzig,“ erklärt Lughofer. 45 Kilo Bitterorangen haben die beiden dafür geschält. „Das Stout ist röstig und schmeckt nach Kaffee. Dafür verwenden wir ganz viel Röstmalz.“ Wegen der dritten Sorte, dem Pale Ale, haben sie ihre Mikrobrauerei überhaupt eröffnet. „Das ist malzig, fruchtig, im Abgang bitter und von der Farbe her orange-rötlich.“ Ein herbes und spritziges Saison- sowie ein pfeffriges Dampfbier seien in naher Zukunft in Planung.

Anfragen trudeln ein

Das Bier kann man entweder in 15-Liter-Fässern oder in 0,33 Liter-Flaschen kaufen. Abgesehen vom Gassenverkauf führen bisher mehrere Lokale das Xaver-Bier: Das Fluc und die A Bar Shabu im Zweiten sowie das Clash im Neunten und das Fassldippler in Wien-Wieden. Nachdem eine große Tageszeitung vor ein paar Tagen einen doppelseitigen Artikel über die Xaver-Brauerei brachte, trudelten auch Anfragen von anderen Gaststätten ein. „Das ist im Moment eine Gratwanderung, wir müssen das ja auch zeitlich und von den Kapazitäten her bewältigen können.“ Der Arbeitsaufwand für nur zwei Personen sei doch sehr groß, so werden nach dem langwierigen Brauvorgang zum Beispiel die Flaschen von Lughofer und Haginger händisch verschlossen und etikettiert.

Maskottchen

Factbox

Xaver Brauerei
Hasnerstraße 14/6-7
1160 Wien
Öffnungszeiten:
Freitag: 14:00 - 17:00
Samstag: 10:00 - 13:00

Aber nicht nur Wirte wurden durch diverse Presseberichte auf die Mini-Brauerei aufmerksam. Während des Interviews schauen immer wieder Neukunden vorbei, die erst vor kurzem von Xaver erfahren haben. Georg und Markus kommen, weil sie englische Biere mögen, Jan war vor kurzem in Belgien und schwärmt von der dort vorherrschenden Vielfalt des Angebots. „Das ist ein ganz anderes Level als die Massenbiere in Österreich.“ Während die drei jungen Männer beim ersten Mal nur ein paar Flaschen zum Kosten kaufen, füllt ein Stammkunde seinen ganzen Rucksack mit Stout. Er ist extra aus Favoriten hergefahren. „Das Stout schmeckt mir sehr gut. Ich komme regelmäßig her, und heute werde ich zum ersten Mal auch das Pale Ale probieren.“

Noch ist das Xaver von außen schwer zu erkennen, doch bald soll ein großes Schild an der Außenwand angebracht werden. Hagingers Schwester hat ihnen zwei Maskottchen gestrickt. Die Puppen thronen mit ihren Wollflaschen über dem Schreibtisch und weisen unverkennbar eine gewisse Ähnlichkeit mit den Jungunternehmern auf.

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