proBIER.at
Blogger Serie

„Bierblogger sind keine Konkurrenten, sondern Freunde“

Dienstag, 14. Oktober 2014
Martin Voigt ist Österreichs meistgelesenster Bier-Blogger und schaltet trotzdem keine Werbung. Wie aus seinem Buch ein Blog entstand, warum er Bier aus der Prolo-Ecke holen will und wer seine zahlreichen Leser aus Afghanistan sind, erzählt er im Interview mit dieZeitschrift.
probier.at, Martin Voigt
proBIER.at

Name: Martin Voigt
Alter: 43
Wohnort: Wien
Beruf: Unternehmensberater
Interessen: Bier (Überraschung; gell), Kochen, Reisen, Sport (Skifahren, Laufen, Mountainbiken)
Blogname: proBIER.at
Blogthema: Bier in allen Formen, wobei der Fokus auf handgebrauten Bieren liegt
Blog seit: Mai 2013, als Spin off von „proBIER – Das Buch“
Blog Artikel bisher: 222 (Ein Bierblog mit einer Schnapszahl)
unique visits/Monat: 64.433
Seitenaufrufe/Monat: 589.828
Page Rank: 2
Facebook-Fans: 2.270
Twitter Follower: 367
Google +: 35
stand von: 06.10.2014
Andere Webauftritte: Craftbierfest.at wird noch von mir mitbetreut, da teilen wir uns die Redaktion durch drei

Du hast zuerst ein Buch über Bier geschrieben und erst nachher mit dem Bloggen begonnen. Wie kam es dazu?

Angefangen hat es damit, dass ich für einen befreundeten Bierblogger in der Vorweihnachtszeit in Form eines Adventkalenders 24 Biere besprochen habe. Ein halbes Jahr später habe ich das nochmal für ihn mit 24 Radler-Steckbriefen gemacht. Im Laufe des nächsten Jahres hab ich immer wieder nur für mich über die Biere geschrieben, die ich getrunken habe. Dann wollte ich etwas mit dem Material machen und bin auf die Idee gekommen, ein Buch zu schreiben. Ich war überrascht, dass sich sogar drei Verlage dafür interessierten. Der Berenkamp-Verlag ist es schließlich geworden. Das hat mich gefreut, mich kannte ja niemand in der Bierszene. Ich war nur ein Konsument, der beschreibt, wie Bier schmeckt. Aber ich glaube, genau das ist bei Brauereien und Konsumenten gut angekommen.

Und dann hast du mit dem Blog angefangen?

Genau. Nach dem Buch kam immer neues Material dazu, und ich überlegte, wie ich das verwerten soll. So bin ich auf das Bloggen gekommen. Es ist unkompliziert, man kann frei arbeiten und keiner setzt dich unter Druck. Es gab zu dem Zeitpunkt in Österreich keinen Bierblog ohne kommerziellen Hintergrund. Mittlerweile gibt es noch zwei, drei andere nichtkommerzielle Bierblogs, aber ich kann behaupten, dass ich die meisten Zugriffe habe. Im Buch geht es hauptsächlich um Bierbesprechungen, aber auf dem Blog kann ich mich jetzt austoben. Ich habe verschiedene Rubriken, stelle Biere vor, besuche Brauereien, interviewe Brauer, rede über Gläser, stelle historische Brauverfahren vor. Ich kann schreiben, worüber ich will. Und das macht mir viel Freude.

„Bier ist ein Genussmittel“

*Was ist deine Intention beim Bloggen?

Es ist nach wie vor nur ein Hobby. Aber ein intensives.

Lukrierst du ein Nebeneinkommen mit deinem Blog?

Nein, ich schalte auch keine Inserate. Ich kündige zwar Veranstaltungen an, aber dafür bekomme ich nichts. Manche Brauereien schicken ungefragt Biere, aber aktiv frage ich nicht danach. Die meisten Biere, die ich bespreche, kaufe ich mir selber.

Was ist der Mehrwert für deine Leser?

Sie lernen neue Biere kennen, und manchmal arbeite ich mit Brauereien zusammen und beschreibe ein neues Bier auf meinem Blog ein paar Tage, bevor es auf den Markt kommt. Ich stelle die Leute hinter den Brauereien vor. Wer braut das Bier, wie tickt er, was sind seine Beweggründe? Viele Leute kennen Craft Bier gar nicht, bei mir erfährt man viel darüber. Craft Bier ist derzeit in ganz Europa ein Trend, Bier kommt aus der Prolo-Ecke und ist mittlerweile mehr als der Durstlöscher auf Baustellen. Bier ist nun gleichberechtigt mit Wein ein Genussmittel, das man auch zu einem guten Essen trinken kann.

Wieviel Zeit pro Woche wendest du für deinen Blog auf?

Ungefähr zehn Stunden die Woche für das Schreiben. Das Recherchieren läuft bei mir nebenbei mit. Ich schau mich um, was andere Bierblogger gerade schreiben. Die Bierbloggerszene ist sehr gut vernetzt. Wenn Trends aufgespürt werden, behält man das nicht für sich und hofft, das man der erste ist, sondern teilt die Information.

„Bei Bierbloggern gibt es keinen Neid“

Die Bierblogger-Szene ist gut vernetzt... meinst du damit Deutschland und Österreich?

Auch europaweit. Ich war im Sommer auf einer europäischen Bierblogger-Konferenz in Dublin. Bierblogger aus ganz Europa waren dort, und da entstehen natürlich Netzwerke. Bei den Bierbloggern gibt es keinen Neid. Man muss aber unterscheiden: Es gibt Blogger, die das mit einem kommerziellen Hintergrund machen. Die leben davon, und das ist auch völlig in Ordnung. Die klassischen Blogger sind für mich aber die Überzeugungstäter. Die schreiben nicht, dass ein Bier gut ist, weil die Brauerei ihnen Geld gegeben hat, sondern weil es ihnen geschmeckt hat. Bei Bier-Bloggertreffen ist das eher ein Treffen von Freunden als von Konkurrenten. Ich kenne auch keinen Bierblogger, der wirklich Geld damit verdient, weder in Deutschland noch in Österreich.

Was hat sich für dich durch das Bloggen verändert?

Ich lerne unglaublich viele Leute kennen. Ich kriege Informationen, Kommentare, Einladungen. In einer Woche flieg ich in die USA und werde auch bei ein oder zwei Brauereien vorbeischauen. Die haben sofort gefragt: Wer soll da sein, der Chefbrauer oder der Marketingleiter?

Was macht dich zum Experten für dein Thema?

Die Leidenschaft für Bier. Ich braue auch selber auf meiner Terrasse für mich und Freunde. Du weißt dadurch, wie Dinge funktionieren und mit welchen Problemen Brauer zu kämpfen haben. Dadurch entwickelt sich Wissen über Bier. Man merkt, was passiert, wann man andere Hopfen- oder Malzsorten verwendet. Das ist wie beim Kuchen backen.

„Ich mache keine agressive Werbung“

Auf welchen Kanälen können Leser mit dir in Kontakt treten?

Über die Kommentarfunktion des Blogs, über ein Kontaktformular und über E-Mail. Ich habe auch eine Facebookseite, eine App und bin auf Twitter, Google plus und YouTube.

Wie wirken sich die verschiedenen Social Media-Kanäle auf deinen Blog aus?

Ich stelle meine neuen Beiträge auf Facebook, damit ziehe ich die Stammleser auf meine Seite. Ich versuche aber, keine aggressive Werbung für den Blog zu machen. Es gibt Beiträge, die du auf Facebook stellst, und die werden 16mal geteilt. Dann hast du plötzlich 2000 Zugriffe auf deinen Blog. Ich kündige die Beiträge auch auf Twitter an. Ein Beitrag kann auf Twitter laufen wie verrückt und auf Facebook interessiert es keinen, und umgekehrt. Man muss offenbar die richtigen Leute zur richtigen Zeit erwischen.

Wann warst du das letzte Mal einen ganzen Tag offline?

Das ist noch gar nicht so lange her. Das war im Sommerurlaub in Südfrankreich, und es gab tatsächlich keine Biere, über die ich schreiben konnte. Ich hab nachher einen Artikel darüber geschrieben, wie Bierfrei die Côte d’Azur ist.

„Interessieren sich die Taliban jetzt für Bier?“

Wieviel Prozent deiner Leser sind nicht aus Österreich?

Etwa 83 Prozent. Diese Länderstatistiken sind manchmal total verrückt. Österreich ist auf Platz eins, und dann kommt Deutschland, dicht gefolgt von Rumänien. Ich habe keine Ahnung, warum. In der Weihnachtszeit war einmal Afghanistan auf Platz fünf. Ich hab dann gepostet: „Interessieren sich die Taliban jetzt für Bier?“ Es hat sich herausgestellt, dass der Hersteller eines Bieradventkalenders, über den ich viel berichtet habe, 200 Stück per Feldpost an die UN-Truppen in Afghanistan geschickt hat.

Hast du Tipps für Leute, die als Blogger einsteigen wollen?

Ich würde raten, erst online zu gehen, wenn man die Technik im Griff hat. Gute Inhalte reichen nicht, auch die Optik ist wichtig. Wenn das Layout unaufgeräumt ist und die Leute nichts finden, vergrault man seine potentiellen Leser. Ein Blogger muss auch auf die Verpackung achten. Und man muss sich rasch mit Social Media auseinandersetzen, sich in Foren einbringen und seine Glaubwürdigkeit aufbauen.

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