Am 10. September 2017 eröffnete das HGNÖ nach rund drei Jahren Vor- und Aufbauarbeiten. In Rekordzeit sozusagen, denn über die Errichtung des Hauses der Geschichte in Wien wird seit 1946 gesprochen und ein offizielles Eröffnungsdatum ist bis heute nicht bekannt. Dafür gab es eine Vielzahl von Vorschlägen wo das Museum entstehen solle – vom Arsenal über den Flakturm im Augarten bis schließlich zum aktuellen Standort in der Hofburg. Während in Wien jetzt noch ein „Territorialkonflikt“ ausgefochten wird - welches bestehende Museum Ausstellungsflächen an das HGÖ abgeben soll - und bis heute keine Mietverträge unterschrieben sind, wurde die Standortfrage in Niederösterreich schnell geregelt. Im Museum Niederösterreich in St. Pölten sollen 40.000 Jahre Menschheitsgeschichte, die Geschichte Niederösterreichs im zentraleuropäischen Kontext auf 3.000 Quadratmeter Austellungsfläche unter dem Motto „Einblicke gewinnen. Geschichte verstehen.“ erzählt werden. Die erste Schwerpunktausstellung „Die umkämpfte Republik: Österreich 1918-1938“ wurde ebenfalls am 10. September eröffnet. Gesamtkosten rund drei Millionen Euro.
92 Historiker_innen, Archivar_innen, Museumsexpert_innen sowie Vertreter_innen der Religionsgemeinschaften, der Gewerkschaften, der Industriellenvereinigung und NGOs haben in den letzten beiden Jahren das Projekt geplant. Statt Geschichte chronologisch zu erzählen, wird es Längsschnitte entlang dreier Diskurse geben: Donau, Grenze und Brücke und das Vermittlungskonzept verspricht ein „Hands-on-Museum“ mit viel Mulitmedia und mobilen Infopersonen.
Die Sammlung
Auch wenn das Museumsteam auf rund sechs Millionen Objekte der Sammlung Niederösterreich zurückgreifen konnte, rief es zu einer ganz besonderen Sammelaktion auf. Niederösterreicher_innen wurden gebeten dem HGNÖ Alltagsgegenstände und Erinnerungsstücke als Leihgaben zu überlassen. Mehr als 3.000 Objekte wurden im Museum abgeliefert. Darunter war ein Apparat mit dem man Edelsteine und Mineralien bestimmen kann, Dokumente über die Hyperinflation der 1920er Jahre und auch ein Puppenofen aus Kupfer. Die Leihgeberin schrieb über den kleinen Herd, dass dieser in der Zwischenkriegszeit von ihrer Großmutter mit Kerzenresten, zusammen gedrehtem Papier oder Holzspänen angeheizt und tatsächlich zum Kochen verwendet wurde.
Ganz andere Geschichten erzählen zwei vom Museum angeschaffte Großobjekte: der Wachturm aus Raabs an der Thaya, von dem aus die Grenze zur damaligen Tschechoslowakei bewacht wurde und ein selbstgebauter Hängegleiter, mit dem ein Tscheche über die Grenze ins Waldviertel flüchtete.
Der Umbau des Parlaments bot hingegen die „elegante Lösung“ das umstrittene Gemälde des „Kanzlerdiktators“ Engelbert Dollfuß endlich aus den Klubräumen der ÖVP zu entfernen. Dieses und neun weitere Bilder von ÖVP-Politiker_innen wurden dem Museum als Dauerleihgabe übergeben und einige werden - eingebettet in historischen Kontext - zu sehen sein.
Vizekanzler und Justizminister Wolfgang Brandstetter fuhr mit seinem Puch 500 selbst zum Museum, drehte noch einige rasante Runden am Museumsvorplatz bevor das Auto in den Lastenlift verfrachtet wurde und in der Ausstellung seinen Platz fand. Genauso wie der Mercedes 220 S – das „blechgewordene Wirtschaftswunder“ und Dienstauto - des ehemaligen Bundeskanzlers und damaligen Außenministers Leopold Figl. Und, vor einigen Wochen übergab der Botschafter der Russischen Föderation das einzige vollständige Faksimile des 1955 unterzeichneten Österreichischen Staatsvertrages als Schenkung an das Land Niederösterreich.
Am 10. September eröffnete das erste Haus der Geschichte Österreichs im Kulturbezirk 5, in St. Pölten und wird wohl eine Steilvorlage für sein Wiener Pendant.