In Wien-Fünfhaus wird Feuer gemacht. An diesem lauen Frühlingsabend nur, um Würstel zu grillen. Längerfristig im metaphorischen Sinn, um der eigenen Interessenvertretung einzuheizen.
Dass sich die Sympathisanten der Initiative Neue Wirtschaft (INW) jeden dritten Dienstag im Monat treffen, um ihre Kräfte zu bündeln, ist nicht ganz neu. Neu sind aber ein paar ganz konkrete Pläne, die diese Woche im Vereinslokal des Brick-5 vor den etwa 50 Gästen erstmals präsentiert werden.
„Wir gründen im Herbst eine Genossenschaft. Und zwar mit dem Ziel, eine Lobbying-Firma zu werden,“ erklärt INW-Gründungsmitglied Marcus Arige. Die Mitglieder könnten ähnlich wie bei einem Verein mitbestimmen, wohin die Reise gehen soll. Trotzdem soll diese Genossenschaft wie ein wirtschaftliches Unternehmen ausgerichtet sein.
Der Kommunikationsberater stellt eine ganz konkrete Idee vor. „Wir wollen im Rahmen dieser Genossenschaft Factoring für EPUS und KPUS ermöglichen.“ Factoring, also offene Forderungen an Kunden an eine Bank zu übertragen, sei bisher nur für große Firmen möglich gewesen. „Wenn sich aber zum Beispiel hundert Leute mit einem gewissen Jahresumsatz zusammen tun, könnte das für eine Factoring Bank interessant werden. Die Bank zahlt die Rechnungssumme aus und treibt das Geld dann bei dem Kunden ein, falls er nicht zahlen sollte. Das bedeutet für einen Kleinunternehmer eine besser Planbarkeit der Liquidität.“
Keine Wahlempfehlung
Die INW wurde vor knapp zwei Jahren ins Leben gerufen, um vor allem eines zu erreichen: Österreichische Selbstständige sollen sich irgendwann nur noch um ihr Kerngeschäft kümmern müssen. Sprich, ihre Produkte und Dienstleistungen verkaufen und dafür sorgen, dass ihr Unternehmen wächst. Stattdessen müssen sie viel Zeit damit verplempern, sich mit starren Gesetzen und Vorschriften sowie komplizierten Abgabensystemen auseinanderzusetzen.
„Wir fühlen uns nicht auf die Art und Weise vertreten, wie wir es brauchen würden. Aber es besteht die Hoffnung, dass es besser wird,“ sagt Arige. Er spielt auf die Wirtschaftskammerwahlen an, die im Frühjahr 2015 stattfinden. „Wir müssen wählen gehen, damit sich die Kammer verändert.“
Bei den letzten WKO-Wahlen 2010 lag die Wahlbeteiligung im gesamten Bundesgebiet bei nur 41 Prozent, davon wählten 70, 9 Prozent den Wirtschaftsbund. In Wien konnte der Platzhirsch seine Absolute allerdings nur noch mit einer hauchdünnen Mehrheit von 50,3 Prozent verteidigen. „Wir haben nur in Wien die Chance, einen Wechsel herbeizuwählen,“ sagt Arige. Die INW werde aber definitiv keine Wahlempfehlung für eine bestimmte Partei abgeben. „Es geht nicht darum, wen ihr wählt. Das wichtigste ist, dass sich möglichst viele fünf Minuten Zeit nehmen, um ihr Kreuzerl zu machen. Dann wird sich einiges zum Besseren wenden.“
Kampagne, um neue Wähler zu gewinnen
Um möglichst viele Kammermitglieder zu den Urnen zu treiben, hat die INW „die schrägste Werbeagentur Österreich“ gegründet. „Wir versuchen, eine Kampagne aus dem Boden zu stampfen, um 10.000 neue Wähler für die WKO-Wahlen in Wien zu gewinnen.“ Alle Selbstständigen, besonders die aus den Kreativbranchen, seien aufgerufen, sich an dieser Kampagne zu beteiligen. „Wir brauchen Texter, Fotografen, Webdesigner, Künstler.“
Dass eine einzige Kammerwahl die Situation der der österreichischen Kleinunternehmer nicht auf einen Schlag komplett verbessern wird, ist auch den INW-Sympathisanten klar. „Aber wir können die Aufmerksamkeit auf uns richten.“ Arige ist zuversichtlich. „Wir zünden so viele kleine Buschfeuer, bis es ihnen nicht mehr gelingt, sie zu löschen.“
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