PolaWalk
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Polaroid-Fotos als Wien-Souvenirs

Mittwoch, 5. November 2014
Zwei Jungunternehmer bieten in Wien einzigartige Spaziergänge mit Polaroid-Kameras an. Auch einer der Retter der analogen Sofortbild-Fotografie, Florian Kaps, ist ein Wiener. Er gründete 2008 nach dem Konkurs von Polaroid das Impossible-Projekt, um diese Art der Fotografie trotz Digitalisierung weiterleben zu lassen.
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Heute schieße ich in der Spittelberggasse mein allererstes Bild mit einer Polaroid-Kamera. Ich entscheide mich für einen Brunnen als Motiv, wähle den Ausschnitt, atme tief durch, um die Kamera stabil zu halten. Nach dem Auslösen surrt der kleine Motor im Gehäuse, und das Foto kriecht aus dem Schlitz. Ich versuche, die Anweisungen meines Guides zu befolgen: Kamera umdrehen, Foto herausziehen, den lichtempfindlichen Teil mit einem Karton schützen und mit dem breiten Bildrand nach unten in die Manteltasche stecken. Nun heißt es warten.

Üben mit Dummies

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Gilbert Lechner

Gilbert Lechner, einer der PolaWalk-Guides, steht vor dem Volkstheater in Wien-Neubau und begrüßt die heutigen Teilnehmerinnen. „Der Impossible-Film kommt noch nicht an Polaroid heran. In einer Kassette sind nur acht Fotos statt zehn, der Film ist lichtempfindlicher und braucht mehrere Minuten, bis er fertig entwickelt ist,“ erklärt er. Nachdem er die Kameras ausgeteilt hat, erklärt er die Handhabung. Wir üben mit Dummie-Filmkassetten den Umgang mit den ungewohnten Geräten. Mir empfiehlt er für heute einen in Schwarz-Weiß-Film. „Bei unserer ersten Station am Spittelberg erwarten uns klassische Motive. Die kommen Schwarz-Weiß besser zur Geltung.“ Karin hat die Tour zum Geburtstag bekommen. Sie entscheidet sich für Farbe, weil sie gerne Graffiti fotografiert.

Acht Fotos kosten 20 Euro

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Im Gegensatz zur Digitalfotografie überlegt man sich dreimal, wann man abdrückt. Acht Fotos kosten 20 Euro. Lechner berät bei der Motiv-Auswahl und hilft bei der Belichtungs-Einstellung. „Fotografische Vorkenntnisse sind nicht nötig, aber es gibt ein paar Dinge, die man beachten sollte.“ Vieles ist bei der analogen Sofortbild-Fotografie dem Zufall überlassen: „Bei kaltem Wetter bekommen die Bilder einen Blaustich, ist es zu heiß, werden sie rotstichig. Auch die Lagerung hat einen Einfluss auf das Bild.“

„Einzigartige Momente werden einzigartig festgehalten“

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Thomas Preyer

„Diese Fotos kann man nicht kopieren oder retuschieren. Deshalb haben sie für mich einen ganz besonderen Wert,“ sagt Lechner. Als die Polaroid-Kameras in den 70-er Jahren den Höhepunkt ihrer Popularität erreichten, war Lechner noch gar nicht auf der Welt. „Ich bin 1986 geboren, Nostalgie verspüre ich sicher keine,“ sagt der Jungunternehmer.

Seit August 2013 veranstalten er und sein Kollege Thomas Preyer sogenannte PolaWalks, also geführte Spaziergänge durch Wien, bei denen die Teilnehmer mit Polaroid-Kameras ausgerüstet werden, um ihre Eindrücke auf kreative Art und Weise umzusetzen und anschließend mit nach Hause nehmen können. „Einzigartige Momente werden einzigartig festgehalten,“ schwärmt Lechner.

Interaktiv ist im Trend

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Die Grundidee sei, dass man ein Souvenir nicht kauft, sondern selber gestaltet. „Das ist ganz was anderes als ein T-Shirt made in China. Ein Polarid-Foto ist ein einzigartiges Erinnerungsstück. In Wien ist genau in diesem Moment dieser Lichtstrahl auf ein Negativ gefallen, und dadurch entsteht ein Bild, dass man kein zweites Mal machen kann,“ sagt Lechner. Interaktive Angebote für Touristen und Einheimische seien im Trend. „Die Leute wollen heute mehr als nur schauen oder zuhören, sie möchten selber aktiv werden.“

Erfolgsgeschichte, Ende und Wiederauferstehung von Polaroid-Kameras

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Alexandra Gruber

Im Jahr 1948 kam die erste Polaroid-Kamera auf den Markt und revolutionierte in den nächsten Jahrzehnten die Fotografie. Vorbei die Zeit, als man einen ausgeschossenen Film zuerst ins Labor schicken musste und die Bilder erst zwei Wochen später betrachten konnte. Das Polaroid-Foto war in nur ein, zwei Minuten fertig entwickelt. Die Bilder waren quadratisch, hatten einen weißen Rand und erinnerten an Malereien. Die Polaroid war quasi Kamera und Labor in einem.

Polaroid ging dreimal in Konkurs

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Bei den PolaWalks ist der Verleih einer Kamera und ein Impossible-Film im Wert von 20 € inkludiert. Weitere Filme können während der Tour beim Guide nachgekauft werden. Bis zu neunzig Minuten vor Start eines Walks ist eine Online-Buchung möglich. Während der Saison (Anfang März bis Ende Oktober) werden täglich bis zu zwei Touren angeboten. Ab einem Teilnehmer findet die Tour statt.

Ganzjährig bieten die PolaWalker Einsteigerkurse sowie Workshops inklusive Kreativitätstechniken an.

Preyer und Lechner verkaufen auch Polaroid-Kamera-Pakete mit auf Funktion getesteten Kameras, gedruckten Erklärungen, Film, und einem Jahr Garantie. Polaroid-Kameras werden nicht mehr hergestellt und können nur noch Second Hand erworben werden.

www.polawalk.com

Mitte der 70er Jahre hatte Polaroid bereits Millionen von Fotoapparaten verkauft. Die Erfolgsgeschichte des Unternehmens wurde erst von der Digitalfotografie beendet. Polaroid ging dreimal in Konkurs, 2008 sollte dann auch die letzte Fabrik in der holländischen Stadt Enschede geschlossen werden. Doch sie wurde vorerst von dem Wiener Florian Kaps und ehemaligen Polaroid-Mitarbeitern gerettet. Impossible nannten sie ihr Projekt, denn zunächst schien es unmöglich, Sofortbild-Filme nachzuproduzieren, die zu diesem Zeitpunkt bereits weltweit ausverkauft waren. Doch es gelang, und rund um den Globus holten Liebhaber der analogen Fotografie, hoffnungslose Nostalgiker und Künstler ihre Polaroid-Kameras aus den Schränken und von den Dachböden. Oder entdecken sie neu, so wie Lechner und Preyer.

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