© Bettina Biester
Porträt

„Was tut eine Schloss-Schreiberin, Frau Woska?“

Montag, 9. Dezember 2013
Die Niederösterreicherin Eva Woska hat ein Stipendium als Schloss-Schreiberin in Hamburg gewonnen. Musste sie im Schloss schreiben? Über das Schloss? Oder durfte sie alles und musste überhaupt nichts?
Eva Woska in Bergedorf
Woska in ihrer Amtsstube
© Bettina Biester

„Ich war die bisher erste und einzige Schloss-Schreiberin auf Hamburger Boden“, sagt Eva Woska. Die 44-jährige Niederösterreicherin strahlt. Sie hat heuer mit ihrer Kurzgeschichte „Tante Mitzi“ den 3. Platz des Astro-Art-Literaturwettbewerbs gemacht, weil sie, wie es in der Begründung der Jury hieß, „mit ihrem lockeren, fast beiläufigem Erzählstil begeisterte.“ Bei insgesamt 368 Teilnehmern ist Bronze schon eine passable Leistung.

Mit ihrer Bewerbung für den Job als Schloss-Schreiberin hat die Redakteurin aber alle ihre Konkurrenten hinter sich gelassen. „Dieses Stipendium war unabhängig vom Kurzgeschichten-Wettbewerb. Wer Zeit und Lust hatte, konnte ein Motivationsschreiben beilegen. Die von den zwanzig besten Kurzgeschichten-Schreibern haben sie sich angeschaut und mich ausgewählt“, erzählt sie.

Woska wurde die erste Schloss-Schreiberin in Bergedorf, einem Stadtteil von Hamburg und amtierte den ganzen September im hohen Norden. „Dieser Kulturverein, der den Preis ausgeschrieben hat, knüpfte überhaupt keine Bedingungen daran. Mein Thema war Geistersuche, aber eigentlich hätte ich auch nur Urlaub machen können.“

Factbox

Der Schloss-Schreiberin-Blog von Eva Woska:

bergedorfer-schloss-schreiberin.blogspot.co.at

Eva Woskas Geschichte wurde in der Anthologie Nicht jedes „Fenster ist aus Glas“ und in der Bergedorfer Zeitung abgedruckt:

Tante Mitzi

Information am Rande: Den Hauptpreis des Astro-Art-Literaturwettbewerbs 2013 gewann die erst 17-jährige Österreicherin Mercedes Spannagel.

Woska wohnte im Haus einer reichen Mäzenin, die gratis eine Wohnung mit Terrasse in einer Villengegend zur Verfügung stellte. Der Fahrrad-Verleih vor Ort spendierte für die Dauer des Aufenthalts ein Fahrrad, und im schönen Bergedorfer Schloss durfte die Autorin ein eigenes Büro beziehen. Dazu gab es noch ein Körberlgeld von € 1.500. Dass sie sich unter das Hamburger Volk mischt und ihre Eindrücke literarisch verarbeitet, war gewünscht, aber keine Bedingung.

Einzige Vorgabe: Drei Lesungen bestreiten. Das war Woska dann doch zu wenig. „Ich habe in meinem Büro zweimal pro Woche Amtsstunden abgehalten und einen Blog geschrieben, so eine Art Tagebuch als Dokumentation meines Tuns.“ Am Ende ihres Aufenthaltes hatte sie eine lokal bezogene Kurzgeschichte geschrieben und ihren Facebook-Roman fast fertig gestellt. „Schreiben bedeutet für mich die totale Freiheit im Kopf.“

Eine Legende, wie sie sagt, sei ihr auch über den Weg gelaufen. „In der Sternwarte habe ich Luboš Kohoutek getroffen“, schwärmt Woska. Nach dem tschechischen Astronomen ist ein Komet benannt, den Bands wie Kraftwerk und REM in ihren Songs verewigten. „Kohoutek ist mittlerweile 78 Jahre alt, geht aber jeden Tag unbezahlt ins Büro, forscht und publiziert. Der trägt ein Feuer ins sich, das ihn jung hält.“ Der Mann sei ein Vorbild.

Am Ende ihres Aufenthaltes fiel ihr der Abschied von Hamburg nicht leicht. „Ich würde jedem raten, einmal einen ganzes Monat woanders zu verbringen, wo dir alle Menschen völlig unbefangen gegenüber stehen. Das gibt dir so einen Kick, das ist unbeschreiblich.“

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