Alexandra Gruber
Drachenboot

„Der gleiche Rhythmus ist entscheidend“

Montag, 11. August 2014
In China ist Drachenbootfahren ein Massensport, in Österreich noch ein Geheimtipp. dieZeitschrift hat die „Vienna Dragons“ an der Alten Donau besucht und mit dem Drachenboot-Cup-Veranstalter Peter Widhalm gesprochen.
Drachenbootfahren, Alte Donau, Vienna Dragons
Alexandra Gruber
Vienna Dragons beim Start

Anfänger sitzen beim Drachenbootfahren weiter hinten, damit sie den Rest des Teams nicht aus dem Takt bringen. Ich hocke auf der letzten Bank. Wenn mein Paddel nicht gerade mit dem meines Vordermannes kollidiert, spritze ich meinen Hintermann, Steuermann Helmut Bienstock, nass. „Die vier Anfänger hören auf zu Paddeln, der Rest volle Kraft voraus,“ schreit er nach ein paar Minuten. Es ist, wie wenn man den Turbo einschalten würde. Die geübten Vienna Dragons lassen das Boot gleichmäßig und zügig über die Alte Donau gleiten.

Beim Drachenbootfahren sitzen zwanzig Paddler in Zweierreihen im schmalen Boot, ein Drachenkopf schmückt den Bug, ein Drachenschwanz das Heck. Am Bug schlägt ein Trommler den Takt, am Heck steht der Steuermann, hält Kurs und gibt Kommandos.

Drachenbootfahren ist in seinem Geburtsland China eine weitverbreitete und traditionelle Massensportart, in Österreich eine Randsportart, die hauptsächlich nur von ein paar Vereinen ausgeübt wird. Der größte davon ist Vienna Dragons, der 2012 gegründet wurde, zur Zeit 33 Mitglieder hat und laut Obmann Helmut Bienstock im Wachsen begriffen ist. „Meine Wunschzahl wäre siebzig,“ sagt der sportliche Mann. Anforderungen gebe es kaum. „Wir haben zwei Mädchen im Volksschulalter, die trommeln, und unser ältestes Mitglied ist über sechzig. Auch ein Blinder ist schon mitgefahren, der hat sich an den Geräuschen orientiert. Wichtig ist nur, dass man teamfähig ist und Spaß an der Sache hat.“

„Wir hätten gerne 70 Mitglieder“

Drachenbootfahren, Alte Donau, Vienna Dragons
Alexandra Gruber

Dreimal in der Woche bieten die Dragons ein Training an, auch im Winter. „Da sind wir aber nur einmal in der Woche auf dem Wasser, die restliche Zeit trainieren wir Indoor in der Kraftkammer.“ Die Motivation der Mitglieder sei höchst unterschiedlich: „Manche kommen dreimal pro Woche, andere einmal im Monat.“ Die Dragons besitzen zwei Boote, im großen ist neben Steuermann und Trommler Platz für zwanzig Paddler, im kleinen für zehn.

Bienstock würde gerne bei Drachenbootrennen jeweils zwei Teams stellen, was mit 70 Mitgliedern möglich wäre. „Jeder, der bei uns zu einem Rennen mitkommt, fährt auch wirklich mit. Niemand sitzt nur draußen und schaut zu.“

2010 hat er mit ein paar damaligen Teamkollegen bei der Europameisterschaft in Amsterdam teilgenommen. „Sagen wir mal so, wir sind nicht letzter geworden,“ sagt Bienstock und lacht. In Österreich ist er erfolgsverwöhnter. „Heuer haben die Dragons von vier Rennen in Österreich vier gewonnen,“ erzählt er stolz. In Österreich sei Drachenbootfahren im Gegensatz zu anderen Ländern wie zum Beispiel Deutschland noch sehr unbekannt.

„Ein vollbesetztes Boot wiegt etwa zwei Tonnen“

Drachenbootfahren, Alte Donau, Vienna Dragons
Alexandra Gruber

„In Österreich fährt man hauptsächlich Kurzstreckenrennen, das sind 250 Meter, ein typischer Sprint. Ein vollbesetztes Boot wiegt ungefähr zwei Tonnen, die muss man erst einmal in Schwung bringen. Deshalb ist das wichtigste beim Drachenbootfahren das Gemeinsame, der gleiche Rhythmus.“

Diesen Gleichklang haben in der Zwischenzeit auch schon so manche Firmen für sich entdeckt. Manchmal bucht ein Unternehmen den Verein, um das Teambuilding zu fördern. „Wir stellen die Boote und die Steuerleute zur Verfügung, paddeln und trommeln müssen die Mitarbeiter. Die Leute schwärmen, dass sie sich mit ihren Kollegen nach dem Drachenbootfahren viel besser verstehen würden. Ich zeige ihnen, dass es viel leichter geht, wenn sie gleichzeitig und im Takt paddeln. Das kann man auf das echte Leben umlegen.“ Auf eines achtet Bienstock bei den Firmenevents besonders: „Wir vermeiden, dass der Chef an der Trommel sitzt und den Takt vorgibt.“ Er grinst.

Bienstock ist wohl einer der erfahrensten Drachenbootfahrer in Österreich, denn er ist von Beginn an dabei. „Den Verein haben wir 2012 gegründet, aber wir sind vorher schon seit zwölf Jahren als Team in unterschiedlichsten Konstellationen gefahren.“

Wie das Drachenboot nach Österreich kam

Drachenbootfahren
Georg Krewenka

Der österreichische Mastermind in Sachen Drachenboot-Veranstaltungen ist Peter Widhalm, der 2001 die Agentur Drachenboote.at gegründet hat. Seit dieser Zeit organisiert er Drachenboot-Cups und Drachenboot-Ausflüge.

Widhalm kann sich noch gut an die Anfänge erinnern. „Der Telekommunikationsanbieter One hat damals das Drachenbootfahren als internes Event für Mitarbeiter nach Österreich gebracht,“ erzählt er. „Diese Cups hat es gegeben, solange es One gegeben hat. Die waren für Mitarbeiter und zum Teil auch für Partner und Kunden.“ One ist mittlerweile Geschichte, die Drachenboot-Cups haben in anderer Form überlebt.

„Ab 2004 haben wir die Teilnahme an diesen Cups auch anderen Unternehmen ermöglicht. Wir kauften Boote und veranstalten bis heute diese Rennen für Firmen, Vereine und Schulen.“ Private Teams würden auch immer wieder teilnehmen. „Man sollte es aber schaffen, um die zwanzig Leute zusammenzubringen.“

Factbox

Drachenbootsportklub Vienna Dragons
Florian Berndl Gasse 16
1220 Wien

Mitgliedsbeitrag: 280 € pro Jahr. Inkludiert sind alle Trainings sowie die Nutzung des Fitnessraums und des Areals mit Zugang zur Alten Donau.

www.dragonboat-vienna.at

Peter Widhalm / Drachenboote.at
www.drachenboote.at

Seine Agentur organisiert auch Drachenboot-Ausflüge. „Wir fahren in der Wachau, auf dem Neusiedler See oder im Salzkammergut.“ Boote und Steuerleute werden zur Verfügung gestellt, die Kunden paddeln. „Es ist auch für Familien und Schulklassen geeignet, weil man keine besonderen Voraussetzungen dafür braucht. Einmal ist auch ein Rollstuhlfahrer mitgepaddelt, den haben wir einfach ins Boot gehoben.“

Genau wie Bienstock schwärmt auch Widhalm von dem Verbindenden, das mit dem Drachenbootfahren einhergeht. „Das Paddeln ist nicht so aufwendig, der Rhythmus im Team ist das Wesentliche. Je ungeschickter ein Team paddelt, desto schwieriger ist es, Kurs zu halten.“

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