Oliver Ottitsch
Cartoons

„Ich freue mich auf die ersten Drohbriefe“

Mittwoch, 10. September 2014
Oliver Ottitsch zeichnet freche Cartoons, die regelmäßig in deutschen und Schweizer Satiremagazinen abgedruckt werden. Vor kurzem erschien sein neuestes Buch „Gay Nazi Dolphins at a Gang Bang“. dieZeitschrift traf ihn zum Interview.
Oliver Ottitsch
Oliver Ottitsch

Deine Arbeiten sind schon oft in großen deutschen Zeitungen erschienen.

Veröffentlicht werde ich regelmäßig im Stern, immer wieder in der Titanic und im Eulenspiegel, und auch in einem Satiremagazin in der Schweiz. Ich würde auch gerne in einer österreichischen Zeitung regelmäßig publizieren, es hat sich aber noch nicht ergeben.

Verstörst du manche Leute mit deinen Cartoons, weil du zum Teil doch sehr viele Grenzen überschreitest?

Man darf über alles nachdenken, und es gibt kein Phantasie-Verbot. Ich habe einen spielerischen Zugang, eigentlich nahezu unschuldig. Es gibt kein Thema, das man nicht bearbeiten darf, aber vielleicht eine Herangehensweise, die ich nicht wählen würde.

Kriegst du Reaktionen von Leuten, die sagen: „Da sind Sie aber zu weit gegangen?“

Nein, man kriegt als Zeichner kaum bis gar kein Feedback. Außer, man ist richtig berühmt. Wenn die ersten Drohbriefe ins Haus kommen, dann weiß ich, jetzt hab ich es geschafft.

„Man kann sich über Jesus lustig machen“

Oliver Ottitsch
Oliver Ottitsch
Selbstporträt des Zeichners

Vom Gerhard Haderer wissen wir, dass man Probleme kriegen kann, wenn man sich über Jesus lustig macht. Das machst du ja auch.

Ja, ich spiele mit Symbolen, die in der Kultur und in den Köpfen verankert sind. Symbole haben ja auch Macht. Aber bisher habe ich noch keine bösen Briefe und Morddrohungen bekommen. Ich arbeite noch dran. (lacht)

Wie kommst du auf deine Ideen, woher holst du dir deine Anregungen?

Das kann bei einer Unterhaltung, beim Nachdenken oder beim Lesen sein. Man trainiert sich auch darauf hin, Pointen zu finden. Es ist eher ein Finden als ein Erfinden. Das Notizbuch ist meine Vorratskammer.

Wie lange zeichnest du schon Cartoons?

Eigentlich seit der Schulzeit. 2007 habe ich das erste richtige Druckwerk selber rausgebracht und auf Aufstellungen verkauft. 2010 ist waren die ersten Veröffentlichungen in der Schweiz und in Deutschland. Danach kamen ein paar Bücher und Ausstellungen.

„Gut, wenn man mehrere Vorbilder hat“

Oliver Ottitsch
Oliver Ottitsch

Welche Ausstellungen wird es in nächster Zeit geben?

Bis Ende Oktober läufte noch eine Gruppenausstellung in Altaussee zusammen mit vier Kollegen. Ansonsten wahrscheinlich wieder bei den Komischen Künsten im Museumsquartier, da werden wieder Arbeiten von mir dabei sein. Ich hänge auch Cartoons in Kaffeehäusern auf. Es kann sich gerne ein Kaffeehausbesitzer bei mir melden.

Hast du einen bestimmten Cartoonisten als Vorbild?

Es ist immer gut, wenn man mehrere Vorbilder hat, dann läuft man nicht Gefahr, dass man jemand einzelnen kopiert. Ich mag viele Leute.

Mit ist bei deinen Cartoons aufgefallen, dass du bei fast keinem Thema Angst hast, es aufzugreifen.

Es steckt keine Berechnung dahinter. Wenn ich etwas komisch finde, dann zeichne ich das.

„Ich habe keine Agenda“

Oliver Ottitsch
Oliver Ottitsch
Das neueste Buch

Willst du den Leuten den Spiegel vorhalten oder sie einfach zum lachen bringen?

Ich habe keine Agenda, will niemanden bekehren. Weder nehme ich mir vor, besonders bösartig oder politisch inkorrekt zu sein. Ich will niemandem von einem bestimmten Weltbild überzeugen. Aber ich will meine Zeit einer sinnvollen Sache widmen. Es ist auch der Versuch, die normale Erwachsenenwelt zu vermeiden. Ich möchte Bilder machen, die nicht kalt lassen. Die interessantesten Cartoons sind die, die zwar lustig sind aber auch ein bisschen weh tun.

Welche Themen interessieren dich am meisten?

Was ist dir denn aufgefallen, als du meine Bücher gelesen hast?

Sex, Religion und. Tiere. Am häufigsten ist mir Religion aufgefallen.

Das scheint mich zu beschäftigen.

Warum?

Anscheinend ist es wichtig für viele Menschen. Aber ich bin in keinster Weise traumatisiert, ich wurde jetzt nicht von meinen Eltern zum Kirchen gehen gezwungen oder so. Aber ich bin kein Freund der Institutionalisierung von Spiritualität. Denn das hat dann viel mehr mit Politik zu tun, und auch mit einem sehr geschlossenen Weltbild. Diese Leute haben dann für Jahrzehnte festgefahrene Standpunkte und Meinungen. Diese Bruchstellen schaue ich mir an und versuche, sie aufzumachen.

Zeitlose Bilder

Factbox

Oliver Ottitsch ist 1983 in Graz geboren. Er lebt, studiert und zeichnet Cartoons in Wien. Veröffentlichungen im Stern, Nebelspalter, Eulenspiegel und weiteren artverwandten Druckwerken. Seit 2012 Beteiligung an Cartoonbänden und Ausstellungen im deutschsprachigen Raum. 2013 gewann er den Karikaturenpreis Pas de deux in Paris und den Cartoonpreis der Deutschen Mathematikervereinigung in Berlin.

Oliver Ottitsch's Bücher, darunter das neueste Werk „Gay Nazi Dolphins at a Gang Bang" sind im Holzbaumverlag erschienen.

Würdest du dich trauen, Mohammed zu zeichnen, oder wäre das eine Grenze für dich?

Es geht nicht ums trauen, im Moment interessiert mich das gar nicht. Nur wegen einer gezielten Provokation mache ich das sicher nicht. Ich bin gegen Bild- und Darstellungsverbote, aber vielleicht ist man sensibler, wenn es nicht den eigenen Kulturkreis betrifft. Es ist ja auch besser, Dinge zu artikulieren, bei denen man sich auskennt. Aber vielleicht gibt es ja einen clevereren Zugang, als einfach zu sagen: „Schaut her, ich kann Mohammed zeichnen.“

Was bei deinen Arbeiten gar nicht vorkommt, ist heimische Politik. Interessiert dich das nicht?

Zumindest nicht künstlerisch. Warum sollte ich diese langweiligen blassen Staatsangestellten in meinen Bildern berücksichtigen? Es gibt genug Karikaturisten, die das bedienen. Ich mache lieber was anderes. Die Politiker sind in diesen Cartoons immer die Dodeln oder die Arschlöcher, die an allem schuld sind. Das ist zu einfach. Außerdem zeichne ich lieber zeitlose Bilder, die man in zwanzig Jahren auch noch versteht.

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