Der Lunzer See ist nur 1,7 Kilometer lang, trotzdem fahren die Titanic, die Lucona, die Bounty, die Calypso und sogar die Arche Noah darauf. Bunte, hoch polierte Elektroboote tragen diese historischen Namen. Sie sind ein Teil des Unterhaltungsprogramms während des Stand up Paddelns. Denn die Geschichten der Schiffe sind dramatisch.
Stand up Paddeln mit der Titanic
Die Titanic sank im Jahr 1912, 1.514 Menschen starben. Die wegen eines geplanten Versicherungsbetrugs auf hoher See versenkte Lucona kostete sechs Mannschaftsmitgliedern das Leben und bescherte Österreich den bis dahin größten politischen Skandal. Die Bounty wurde wegen der Meuterei 1789 berühmt. Die Calypso war das Forschungsschiff des Ozeanografie-Forschers Jacques-Yves Cousteau und hat seit sie 1996 gerammt wurde, eine abenteuerliche Odyssee zu verschiedenen Werften hinter sich, bis sie schließlich abbrannte – nun steht der hölzerne Rumpf im Malta Maritime Museum. Auf dem Lunzer See kann man Elektroboote mit deren Namen ausborgen.
Öffentliche Seezugänge
Neben dem Bootsverleih in Lunz ist einer der beiden öffentlichen Seezugänge. Hier kann man das Stand up Paddle Board problemlos aufpumpen und einsteigen.
Von da an ist unter den Füßen nur noch spiegelglattes, klares, smaragdgrünes Wasser und der Blick ist frei auf die dunkle Mostviertler Bergwelt. Am Ufer verstecken sich Holzhütten, ein selbstgebautes Segelboot liegt am Ufer, verwitterte Holzschilder zeigen Privatgrundstücke an. Höflich grüßende Schwimmer_innen ziehen ihre Bahnen. Und: mit etwas Glück trifft man Hansi, den einzigen Schwan am Lunzer See. Seit seine Partnerin verstorben ist duldet er keine anderen Schwäne am See.
Mythos: kältester Ort Mitteleuropas
Im August 2020 war nichts von Hansi zu sehen. Der See war still, es war kein Windhauch zu spüren – perfekt zum Paddeln, allerdings nur in den Regenpausen. Während es in Wien heiß und trocken war, schüttete es hier. Gerade so, als wollte der Ort seinen Titel als kältester Ort Mitteleuropas zurückerobern. Minus 53 Grad soll es in den 1930er-Jahren kalt gewesen sein. Allerdings war das ein Messfehler: Die Temperatur war auf 1.300 Meter Höhe gemessen worden und nicht im auf 600 Meter liegenden Ort.
Trotzdem, ob des Regens wird es kühl und nach knapp 14 Kilometern – also vier Runden – lockte das Seebad. Die Pächterin serviert neben den klassischen Freibadmenüs wie Würstel mit Pommes, auch vegane Gerichte und südamerikanische Spezialitäten.
Außerdem kann man die Stand up Paddle Boards unterstellen. Etwas, dass weder der Sup-Verleih im Eiscafe noch der Bootsverleiher anbieten.
Einhorn und Wiedergänger
Bei einer Tasse Tee, mit Ausblick auf die Elektroboote und die Berge lässt es sich gut über die Sagen der Region nachlesen. Über das Einhorn, dass von einem vornehmen Edelmann mit einer Armbrust erschossen wurde und von einem geizigen Bauern. Dieser soll seit seinem Tod aus dem Grab steigen, wenn er einen faulen Knecht sieht, diesen ohrfeigen und sich dann wieder in den Sarg legen. Die Lunzer Version eines Wiedergängers also.
Wassercluster
Vom Seebad aus sieht man das Gebäude der biologischen Station (heute: Wasserclusters Lunz). Ein Projekt eines reichen Mannes, Carl Kupelwieser. Er kaufte den heruntergekommenen Gebäudekomplex und nach umfangreichen Renovierungsarbeiten zog im Jahr 1906 der erste Leiter der Station, der Limnologe Franz Ruttner ein und blieb nicht ganz freiwillig bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1957. Er forschte, hielt Kurse ab, empfing berühmte Hydrologen und Biologen und nahm während des Zweiten Weltkrieges ausgebombte und evakuierte Kollegen auf. Aber meistens war er wegen Geldmangels mit der Aufrechterhaltung der Station beschäftigt. Heute ist das Wassercluster eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung.
Zahlt es sich aus am Lunzer See zu paddeln?
Ja. Die Kulisse ist wunderschön, der See ist nicht überlaufen und man kann gut essen sowie feine Ausflüge machen – nur sollte man vorher die Wetterapp checken.
Infos
Supermarkt im Ortskern
Campingplatz: Ötscherland Camping Lunz am See
Seebad – hier kann man die Boards unterstellen, allerdings muss man jeden Tag vier Euro Eintritt bezahlen.
Öffentlicher Zugang neben Bootsverleih in Lunz und beim öffentlichen Badesteg Lunzersee (Seehof)
Sup-Verleih im Eisgeschäft
Ausflüge:
Drei-Seen-Tour
Ybbstaler Solebad in Göstling an der Ybbs
Kartause Gaming
Schloss Seehof
Museen:
Hammerherrenmuseum
Handarbeitsmuseum
Öffentliche Verkehrsmittel
Ybbsthalbahn von Scheibbs bis Lunz mit Dampflok und in alten Waggons
Tipp: Auch wenn wir meist mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, haben wir diesmal ein Auto gemietet. Da das Erreichen der Sehenswürdigkeiten und des Solebads sonst eher schwierig ist.