Lavendelzucker. Waldbeerensalz. Brennesselblütenpesto. Hagebuttensenf. Grapefruiteschalenpulver. Schafgaben-Zitronen-Sirup. Gezuckerte Blüten. Rhabarber-Mandarinen-Chutney. Schon mal gehört? Schon mal gegessen oder getrunken?
Wahrscheinlich nicht. Diese ungewöhnlichen Lebensmittel bereitet Gertrude Henzl selber zu und verkauft sie seit November 2011 in ihrem Shop henzls ernte in Wien-Margareten.
Von dem, was sie verkocht, hat sie das meiste selber gesammelt. Dabei richtet sich ihre Aufmerksamkeit auf das, was von den meisten Leuten oft unbemerkt am Wegesrand steht: Pflanzen und alte Obstsorten, die in ihrer natürlichen Umgebung wachsen und die meist aus Unwissenheit oder Zeitknappheit nicht geerntet beziehungsweise verarbeitet werden.
Früchte aus Sizilien
„Meine Liebe zu Wildkräutern kommt von der Kulinarik. Ich koche leidenschaftlich gerne,“ sagt die Wienerin. „Ich mag ursprüngliche Geschmäcker und mich interessiert, wie etwas wächst. Meist werden nur junge Triebe von Pflanzen gegessen, dabei kann man sie in unterschiedlichsten Stadien verarbeiten.“
In den Wintermonaten, in denen die heimische Natur keine Ernte hergibt, kocht Henzl Marmeladen und Aufstriche aus Zitrusfrüchten, die sie von dem Italiener Nino Crupi bezieht, der einen kleinen Laden in der Margaretenstraße führt. Seine Familie erntet in Sizilien am Fuße des Vulkans Ätna in ihren Gärten Orangen, Mandarinen und Zitronen.
Ihr Wissen gibt die ehemalige Juristin bei ihren Kräuterwanderungen weiter. „Wir brechen in der Früh auf gehen gemeinsam drei bis vier Stunden sammeln. Anschließend fahren wir zu mir ins Geschäft und verkochen unsere Beute gemeinsam zu einem mehrgängigen Menü.“ Von essbaren Pflanzen, die giftige Zwillinge haben, rät sie den Teilnehmern ab. „Löwenzahn, Gänseblümchen oder Brennessel kennt hingegen jeder, die sind zum Beispiel völlig unbedenklich.“
Aussergewöhnliche Menüs
Factbox
henzls ernte
Erzeugung von Nahrungs- und Genussmitteln
Kettenbrückengasse 3/2
1050 Wien
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag: 13 bis 18 Uhr,
Samstag: 9-17 Uhr
Der Schwerpunkt liegt für sie aber gar nicht beim Sammeln, sondern beim Verarbeiten. „Ich bringe den Leuten bei, was man aus dem Zeug überhaupt machen kann.“ Auf ihren Menüplänen steht unter anderem Holunderblüten-Rote Rüben-Konfekt, Linsensalat mit Maiwipfel und Kleeblüten, Südtiroler Klettlabkrautknödel mit gebratenen Bärlauchfrüchten oder Spitzwegerichsushi im Sesammantel auf Breitwegerichblatt.
Seit die Spitzenköche Wildkräuter entdeckt haben, gibt es laut Henzl einen gewissen Trend zur ursprünglichen Nahrung, vor allem bei den Jungen. „Die haben von den Eltern und Großeltern gar nichts mehr darüber gelernt.“
Für die Zukunft plant sie, sich noch mehr der Verarbeitung von Bäumen, Sträuchern, Moosen und Flechten zu widmen. „Darüber gibt es noch sehr wenig Literatur.“ Was sie auch immer zubereitet, eines ist ihr besonders wichtig: „Ich arbeite gerne mit der Poesie des Essen.“