Im Mai 1969 fährt vor einem Gemeindebau in Kaisermühlen eine Wagenkolonne vor. Queen Elisabeth II. steigt aus einem Wagen, betritt den Lift und fährt zur Wohnung des Herrn Ingenieur und seiner Gattin Elisabeth. Der Wiener Bürgermeister Bruno Marek zeigt ihr die 60 m² große Gemeindewohnung im schmucklosen Marshallhof. Die Queen wollte sich vor Ort über den vorbildlichen Wiener kommunalen Wohnbau informieren. Von der Wohnung scheint die englische Monarchin angetan gewesen zu sein, sie lobt die hübsche Einrichtung. Weniger gern trinkt sie offenbar das Wiener Hochquellwasser, denn sie bringt ihr eigenes Teewasser mit. Nach dreißig Minuten hat die Queen genug gesehen und kehrt in die Innenstadt zurück.
Hundefrau von Stadlau
Diese und ähnliche Geschichten hat die Wiener Historikerin und Autorin Caroline Klima für ihr neuens Buch „Donaustadt – Geschichten und Anekdoten“ zusammengetragen. Die Autorin wohnt selbst seit 20 Jahren in einem der jüngsten Wiener Gemeindebezirke. Erst 1954 wurde er nach einer wechselvollen Geschichte zum 22. Bezirk „Donaustadt”.
Da hatte der Jazzmusiker Fatty George (Franz Georg Pressler) seinen Geburtsort, den Bezirksteil Essling, bereits verlassen, die erste Platte aufgenommen und war schon fast weltberühmt.
Eine lokale Berühmtheit ist die „Hundefrau von Stadlau“. Sie erbarmte sich vernachlässigter Hunde. In Schichten ging sie täglich mit bis zu fünf Hunden pro Gassirunde spazieren. Der Autorin erzählt sie, dass alle immer glaubten, dass sie eine Frühaufsteherin sei. Aber eigentlich hätte sie viel lieber lange geschlafen. Das ging aber nicht, weil es in der Donaustadt so viele Hunde gab, die dringend Bewegung brauchten. Noch heute geht die betagte Dame mit ihrem eigenen Hund spazieren, gibt Tierhaltern Tipps und sammelt die „vergessenen“ Hundstrümmerln auf, damit keiner schlecht über Hunde redet.
Erdäpfelsalat in Einmachgläser
Factbox
Caroline Klima
„Donaustadt – Geschichten und Anekdoten. Und sonntags ab an die Alte Donau“
80 Seiten
erschienen im September 2013
bei Wartberg Verlag
12,90 Euro
Lange vor dem Besuch der Queen machte der Meeresforscher Hans Hass am Gänsehäufel einen seiner ersten Tauchgänge. Wie fast alle Kinder der Donaustadt verbrachte er an den wilden Badestränden und in den kleinen Häuschen die Sommerferien. Denn irgendwer hatte immer eine Badehütte an der Donau. Mütter buken am Sonntag Morgen Schnitzel, stopften Erdäpfelsalat in Einmachgläser und fuhren mit der Familie zum Baden. Ein Mann hat sogar ein eigenes Boot gezimmert und schipperte stolz mit seiner Familie die Alte Donau auf und ab.
Caroline Klima hat all die Geschichten gesammelt. Ihr ist ein wunderbares Buch über die eigenwilligen, berühmten und normalen Bewohner der Donaustadt im 20. Jahrhundert gelungen.