Frau Marianna
Es ist eine traurige Geschichte. Direkt am Omišer Strand steht ein Kriegerdenkmal. Darauf sind Abdrücke von Händen jener Kinder, deren Väter im Kroatienkrieg gefallen sind. Marianna die Stadtführerin erzählt, dass zwischen 1991 und 1995 die halbe männliche Bevölkerung in den Krieg gezogen sei. Für die Rückkehrer habe die Stadt eigene Wohnsiedlungen gebaut. Dann wechselt sie das Thema. Hebt hervor, was offensichtlich ist. Omiš, eine kleine Stadt mit 15.000 Einwohner_innen, geteilt durch eine Flussmündung, mit eineinhalb Kilometer Sandstrand umsäumt und blau-grün schimmernden Meer davor, sei eine „nette Stadt“ für Tourist_innen. Zwischen unzähligen Restaurants und Souvenirläden würden sich kleine Schönheiten verbergen, wie jene des glücklichen Schmieds. Er war so zufrieden mit seinen 96 Erdenjahren und seiner Großfamilie, dass er über dem Hauseingang auf lateinisch die Worte "Ich danke Dir, Gott, dass ich auf dieser Welt sein durfte" eingravieren lies. Aber, so sagt sie, es gäbe auch große Geschichten, von findigen Piraten und der Mär vom Fluch eines namentlich nicht bekannten Papstes.
Im Jahr 1102 sicherte der ungarische König Koloman der Familie Kačić Autonomie für ihr Land an der dalmatinischen Küste samt Hinterland zu und erhob sie 1258 in den Adelsstand. Die Fürsten stützten ihre Macht wiederum auf professionelles Piratentum, überfielen Schiffe die durch den Bračer Kanal fuhren, bauten im Flussdelta eine Unterwassermauer über die sie mit ihren flachen Schiffen jedem Verfolger entkommen konnten oder schlossen Verträge mit Schiffseignern oder Handelsstädten ab, in denen sie ihnen sichere Passagen gewährten.
„Meist ging alles gut für die Piraten“, sagt Marianna, „aber einmal kaperten sie ein Schiff eines Papstes, erbeuteten neben Gold auch einen heiligen Stein. Die Freibeuter weigerten sich das Diebesgut wieder herauszugeben, woraufhin der (namenlose) Papst Omiš auf alle Zeiten verfluchte.“ Und es soll auch einen formidablen Rechtsstreit geben, den im 17. Jahrhundert habe ein Papst die Rückgabe des Steins eingeklagt und diese juristische Schlacht würde noch heute ausgefochten. Doch die Omišer würden nicht daran denken den Stein zurückzugeben, dafür nähmen sie auch in Kauf, dass der Fluch ungebrochen bliebe. „Wir haben ihn erobert, er gehört uns! Sobald das Museum fertig ist, wird er dort ausgestellt werden.“
„Nach dem Krieg in den 1990er Jahren veruntreuten und vergeudeten die Mitglieder der Stadtregierung mehr, als die Piraten jemals gestohlen haben“, sagt Marianna und erzählt von verschleudertem Staatseigentum und sinnlosen Investitionen: „Die beiden ehemals staatlichen Zementfabriken wurden an ausländische Investoren verkauft, diese richteten sie zu Grunde und verschwanden einfach. Zurückgelassen haben sie Industrieruinen und verseuchtes Küstenland.“ Ein „weiterer Fluch“ sei der ewige Stau in Omiš, ärgert sich Marianna. Die stark befahrene Küstenstraße führt direkt durch Omiš und wegen dem Nadelöhr, der Brücke über den Fluss, steht der Verkehr täglich still. „Die ehemalige Stadtregierung beschloss deshalb einen Tunnel durch die Berge im Hinterland zu bauen, allerdings verprassten sie das gesamte Budget von zehn Millionen Euro schon in der ersten Bauphase. So haben wir nun einen halben Tunnel, der ins nirgendwo führt.“
Zu sehen ist das Tunnelfragment beim rund einstündigen steilen Aufstieg durch schroffe Karstlandschaft zur „Fortica Stari Grad“, der Burg die hoch über Omiš thront. Gebaut als Piratenausguck, von dem man bis zu den Inslen Brač, Hvar und Šolta, über die Schlucht des Flusses Cetina und das Hinterland ehemals potentielle Feinde und lohnenswerte Kaperziele auszuspähen konnte und heute einfach nur die Aussicht genießen kann. Um auch wirklich das gesamte Küstenland überblicken zu können, errichten die Omišer einen Turm. Den Peovo Mirabela, direkt hinter der Stadt auf einem Hügel und, so will es die Mär, mauerten sie eine byzantinische Münze ein, um nachfolgenden Generationen die Datierung des Turms zu erleichtern.
Omiš würde seinem Ruf als Piratennest nicht gerecht werden, gäbe es nicht auch einen vermeintlichen Piratenfriedhof. Zu sehen sind zwar römische Sarkophage, ein Mausoleum aus dem 17. Jahrhundert, überwachsene Grabstätten und die fest verriegelte Kirche der Santa Maria Maggiore, aber kein Grabstein eines Piraten.
Herr König
Herr König ist gelangweilt. In der Saison fährt er zweimal täglich lang mit fröhlich quietschenden Tourist_innen den Fluss Cetina hinunter. Die Raftingtour fordert ihn nicht, es gibt ein paar Stromschnellen und dazwischen viele langsame Passagen. Also redet er viel, erzählt vom Fluss. Davon, dass nach dem Krieg die Menschen Hunger und Dynamit hatten, also sprengten sie einfach die Fische aus dem Wasser und so mancher Fischer auch sich selbst in die Luft. Das seien aber nicht die einzigen Toten im Fluss, sagt er. Denn im Winter, wenn der Wasserstand um sechs Meter höher sei, dann würden die Raftingguides sich selbst ins Abenteuer stürzen und den Fluss entlang fahren. Statt wie im Sommer zweieinhalb Stunden, würde es nur knapp eine halbe Stunde dauern, um die gleiche Distanz zu bewältigen. Und nicht alle würden den wilden Ritt überleben. Jetzt im Sommer sind die im Winter tödliche Strudel erzeugenden Baumwipfel frei, umschwirrt von Libellen und Vögeln. Das Wasser ist eiskalt, schimmert blau-grün, fließt gemächlich hohen Karstfelsen durch. Hier, so berichtet er, seien viele Szenen der Winnetoufilme gedreht worden. Er erzählt eine Version der in vielen Variationen überlieferten Geschichte vom „berühmten“ Felsensprung: der Stuntman habe sich nicht getraut zu springen, also suchte man einen Einheimischen. Dieser soll dann für eine Flasche Rotwein – andere Geschichten erzählen von einer Entlohnung von 1.000 Dollar – vom Felsen gesprungen sein, dabei habe er sich einen Arm und einige Rippen gebrochen.
Herr Bilic
Ohne essen geht es nicht und auch Essen in Omiš geht nicht ohne Geschichte. Das Lokal Mate an der vielbefahrenen Vukovarska ist nach dem Fußballspieler Mate Bilic benannt, der zwar meistens in der spanischen Liga spielte, aber zwischen 2006 und 2008 auch bei Rapid Wien. Neben perfekten Cevapcici, werden auch die mitten in der Stadt produzierten die Hajduk Split-Nudeln der Firma Cetina serviert. Dem Verein bei dem Bilic von 1997 bis 2001 gespielt hat.
Und:
Es gibt übrigens auch noch 1,5 Kilometer frei zugängliche Sandstrände, eine Bar mit Pool vor dem Campingplatz Kamp Galeb, das Strandlokal Fortica Omiš (von dem man direkt ins Meer springen kann), die längste Zipline Europas, Piratenkämpfe in der Bucht (im August), ein kleines Museum dass sich dem traditionellen Klapa-Gesang widmet und so manch abenteuerlichen Cocktail in Beachclubs.
Info:
City Museum Omiš
A. Starcevica 5
Kontakt: muzej.Omiš@optinet.hr
Klapa-Museum
Petra Preradovica 6
Öffnungszeiten: 8.30-12.30, 17.00-21.00 Uhr
Freier Eintritt
www.fdk.hr
Rafing
Kosten pro Person: 34,00 Euro
rafting.konig@gmail.com
Stadtführungen
Kosten pro Person 150 Kuna (inkl. Eintritt zur Festung Mirabela)
Kurijoza Travel
Četvrt ribnjak 7
info@apartments-mare.eu
Tel.: +385 95 616 6166