Alexandra Gruber
Nachhaltigkeit

Das Umwelt-Grätzel von Ottakring

Donnerstag, 28. August 2014
Der Verein „Recycling Kosmos“ will in der optisch revitalisierten Ottakringer Straße ein Nachhaltigkeits-Viertel schaffen. Der Anfang ist gemacht.

Die wildeste Balkanmeile Wiens stellt man sich anders vor. Ein Kaffeehaus da, ein Handyladen dort. Dazwischen viel Leerstand. Viele Sitzgelegenheiten und Pflanzen, großzügige Radwege, wenig Autoverkehr, kaum Passanten. Die 2,8 Kilometer lange Ottakringer Straße im 16. Wiener Gemeindebezirk wurde vor kurzer Zeit revitalisiert und gleicht seitdem auf manchen Abschnitten einer beschaulichen Hauptstraße in einer ländlichen Kleinstadt.

Bei der großangelegten Straßensanierung, die seit 2013 abgeschlossen ist, wurden auch die betroffenen Bürger im Rahmen des Beteiligungsverfahrens „Ottakringer Straße Neu“ miteinbezogen. Kommunikationsberaterin Gabriele Grün, Architektin Ursula Holzinger und Stadtplaner Walther Stöckl trafen sich damals in einer Arbeitsgruppe und befanden, dass die neue Oberflächengestaltung der Ottakringer Straße alleine zuwenig sei.

Reparaturschwerpunkt für Ottakringer Straße

Ottakringer Straße,  Recycling Kosmos
Alexandra Gruber
Radler-Paradies

„Wir wollten unserer Straße ein Thema geben,“ sagt Gabriele Grün. Zu einer pulsierenden Einkaufszone wie die Mariahilfer Straße würde sich die Ottakringer Straße wohl nicht mehr mausern, da waren sich die Anrainer rasch einig. Grün ist selbstständig und hat einen gerade sieben Monate alten Sohn, den Recycling Kosmos kann sie aber trotzdem nicht lassen, dazu hat sie schon zu viel Leidenschaft und ehrenamtliche Arbeit hineingesteckt.

„Die Bevölkerung im 16. Bezirk besteht einerseits aus einem alternativen Publikum, dass das Angebot am Yppenplatz schätzt, und andererseits aus Migranten, die oft wenig Geld zur Verfügung haben. Die Interessen dieser Gruppen wollten wir kombinieren. Heraus kam ein Reparaturschwerpunkt, den wir für zukunftsträchtig halten,“ erklärt Grün.

Das war die Geburtsstunde des Recycling-Kosmos. Aus der Bürger-Initiative entstand 2013 ein Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, die Ottakringer Straße in eine Nachhaltigkeitsmeile zu verwandeln. Seitdem wird ein bunt gemischtes Programm rund um die Themen Abfallvermeidung und Ressourcenschonung wie zum Beispiel Energie- oder Reparaturberatung angeboten und nach nachhaltigen Betrieben Ausschau gehalten.

Fünf angesiedelte Betriebe

Gabriele Grün, Recycling Kosmos
Alexandra Gruber
Gabriele Grün

„Wir haben uns in der Reparaturszene Partner gesucht und gleichzeitig Kontakte zu Eigentümern und Hausverwaltungen geknüpft. Anschließend versuchten wir, Eigentümer von Leerständen und Interessenten zusammenzubringen,“ erzählt die Kommunikationsberaterin. In mehreren Fällen ist das Vorhaben bereits gelungen, fünf Betriebe haben sich bereits in der Ottakringer Straße angesiedelt.

In der Recycling-Kosmos-Zentrale ließ sich eine Filiale des gemeinnützigen IT-Unternehmens AfB nieder, in der Gebrauchtgeräte wie Computer, Monitore und Drucker wieder aufbereitet und zu günstigen Preisen verkauft werden, das Unternehmen gibt zudem behinderten Menschen Arbeit. Ebenfalls in der Zentrale betreibt Designerin Esther Weinbauer ihre Klamottenkunst. Sie bringt in ihren Näh-Workshops Teilnehmern bei, aus alten Kleidern neue Einzelstücke zu zaubern. Der Betrieb Faltrad verkauft ein paar Hausnummern weiter zusammenklappbare Fahrräder.

Werkräume für Anrainer

Factbox

Recycling-Kosmos

Regulärer Mitgliedsbeitrag: 30 € jährlich.

Private Vereinsmitglieder sind mit entscheidungsberechtigt und erhalten Vergünstigungen für alle Veranstaltungen des Vereins. Gewerbliche Mitglieder profitieren von Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit.

Recycling-Kosmos Zentrale
Ottakringer Straße 63, 1160 Wien

www.recyclingkosmos.at

2013 hat der * Recycling-Kosmos* beim Ella-Wettbewerb der lokalen Agenda 21 den ersten Preis und damit ein mehrjähriges Projektcoaching gewonnen. „Diese Unterstützung ist für uns ungemein wertvoll,“ sagt Grün.

Im Moment arbeitet der Verein gerade an Werkräumen für Anrainer. „Die Leute haben in den Wohnhäusern oft nicht einmal genügend Platz, um ihr Fahrrad zu reparieren. Wir erheben gerade, mit welchen Materialien die Menschen arbeiten wollen, wie groß die Räume sein sollten und wie das organisatorisch zu bewerkstelligen ist.“ In weiterer Folge sei eine Unternehmerlounge geplant, damit die regionalen Einzelkämpfer sich besser austauschen können. „Die meisten jammern, viele stehen knapp vor dem Zusperren,“ weiß Grün. Besseres Netzwerken könnten diesen Unternehmen vielleicht helfen. „Sie sitzen ja alle im gleichen Boot.“

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