Heidenspass
Heidenspass, by Heidenspass
heidenspass
Upcycling

Kunst mit (heiden-)Spass-Faktor

Mittwoch, 7. Januar 2015
In der Werkstatt von „heidenspass“ in Graz surren die Nähmaschinen: Junge Frauen und Männer zwischen 15 und 25 Jahren verarbeiten alte LKW-Planen, kaputte Fahrradschläuche und gebrauchte Plastiksackerl zu trendigen Taschen, Tagungsmappen und Co. In der Küche dampft unterdessen schon das Essen für das gemeinsame Mittagsessen.

Die Idee, benachteiligten Jugendlichen ohne Job mit der Gestaltung von Upcycling-Design eine Arbeitsmöglichkeit zu geben, entstand vor acht Jahren: „Wir wollten die Bedingungen an die Bedürfnisse der jungen Menschen anpassen. Schnell kristallisierte sich ein niederschwelliges, stundenweises Beschäftigungsmodell heraus “, erinnert sich Unternehmensgründerin und Geschäftsführerin Silvia Jölli an die Anfänge. Im Klartext heißt dies: Die jungen Mädchen und Burschen entscheiden selbst, wie viele Tage (je 9 Uhr bis 13 Uhr) sie in die Werkstatt kommen möchten. Ihren Lohn erhalten sie nach getaner Arbeit bar auf die Hand. Ihre Erzeugnisse wandern etwa im „heidenspass“-Shop in der Grazer Griesgasse 8 über den Ladentisch.

Insgesamt 15 Arbeitsplätze für junge Menschen stehen gegenwärtig zur Verfügung. Rund 35-40 Personen bilden den heidenspass-Pool. Einige von ihnen haben die Schule abgebrochen, wieder andere kämpfen mit Suchtproblemen, stammen aus einem zerrütteten Elternhaus oder mussten aus ihrem Heimatland nach Österreich fliehen. „Die Nachfrage nach einer Arbeitsmöglichkeit bei uns ist enorm, unsere Warteliste ist lang“, so Jölli.

Schätzungen zufolge haben allein im Großraum Graz derzeit etwa 3000 Jugendliche weder einen Job, noch stehen sie in Ausbildung. Diese Gruppe der sogenannten „NEETS“ (für „not in employment, education or training“) wächst in konjunkturschwachen Zeiten und stellt eine besondere arbeitsmarktpolitische Herausforderung dar.

Inneneinrichtung made by „heidenspass“

Die Erzeugnisse von „heidenspass“ bereiten aber nicht nur den Beschäftigten, sondern auch den zahlreichen Kundinnen und Kunden Vergnügen: Das Geschäft mit den trendigen Produkten aus Müll blüht: Rund ein Drittel seiner Gesamtkosten kann der Grazer Upcycling-Betrieb durch die Verkaufseinnahmen decken. Den Rest zahlt die Öffentliche Hand.

Das Angebot an Design-Objekten hat sich dabei im Laufe der Jahre erweitert: Alte Langspielplatten werden mittlerweile zu Kunststoffschüsseln, Getränkekapseln zu Schlüsselanhängern und diverse Altstoffe zu stylishen Einrichtungsgegenstände. In Graz gestaltete „heidenspass“ zudem bereits einige Räumlichkeiten, darunter zwei Jugendzentren und ein Kaffeehaus. Jölli: „In unseren Ausstattungsprojekten achten wir sehr auf die Verwendung von nachhaltigen Materialien und ein trashiges, interessantes Design.“

Seit dem Jahr 2014 steht am Standort in der Herrengasse auch eine hauseigene Küche zur Verfügung. Unter fachkundiger Anleitung bereiten dort jeden Tag einige Jugendliche das Essen für die tageweise Beschäftigten und das Stammteam vor.

Das Prinzip der Freiwilligkeit zieht sich dabei durch das gesamte Soziale Unternehmen: „Bei uns muss keiner irgendetwas. Wenn die Jugendlichen das möchten, erhalten sie auch sozialarbeiterische Unterstützung bei der Jobsuche oder bei alltäglichen Problemen“, betont die Geschäftsführerin: „Wichtig ist, dass sie selber entscheiden, was sie mit ihrem Leben anfangen möchten. Nur so schaffen sie es auch.“ Der Erfolg gibt „heidenspass“ recht: Etwa zwei Drittel der jungen Arbeitskräfte schaffen den Sprung (zurück) in Schule, Lehre oder Job. Jölli: „Bei manchen geht schon nach zwei Monaten der Knopf auf, bei anderen ist es erst nach zwei Jahren so weit.“

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