Michael Erdmenger packt es grad gar nicht. Vor ihm steht „Emma“, seine materialisierte Lebensphilosophie in Form eines Wohnwagons.
Schon seit vielen Jahre dachte er darüber nach wie viel Platz er zum Leben wirklich braucht: Ob der Wunsch nach großen Wohnräumen nicht doch von seiner Erziehung her stammt und den Ursprung im wachstumsgetriebenen Wirtschaftsdenken hat.
Er entdeckte im Internet den Wohnwagon, gebaut aus hundert Prozent natürlichen, regionalen, wiederverwertbaren Materialien und vollkommen energieautark. Ein stylisches Haus auf Rädern. Verschalt mit Lärchenholz. Ausgestattet mit Bio-Granulat-Toilette, Photovoltaik-Inselsystem, Bioethonol-Kocher, holzbefeuerten Badeofen und einer Pflanzenkläranlage am Dach.
Kleiner Wohnraum
Die Idee des Wohnwagons entstand, als Co-Gründer Christian Frantal sich über die Lebensmittelindustrie ärgerte. Er beschloss, sein Gemüse selbst zu ziehen, kaufte ein Stück Land. Bald brauchte er eine Unterkunft. Er besorgte sich einen alten Bauwagen, baute ihn um und entdeckte, wie viel Platz darin war. Christian begann zu überlegen, wie viel Platz man zum Leben wirklich braucht und entwarf kleine Wohneinheiten. Reduziertes leiwandes Wohnen, dass im Wohnwagon konsequent umgesetzt wurde. „Grundsätzlich ist es kein festes Haus, das heißt, wenn das Leben irgendwann einmal anders spielt, als man es erwartet, kann man es woanders hinfahren, an einen Platz, der mir gefällt,“ sagt Michael.
Alternative Finanzierungsmethoden
Alternative Ideen verlangen nach ungewöhnlichen Finanzierungsmethoden. Über die Crowdinvesting-Plattform Conda.at beteiligen sich 106 Investoren mit insgesamt 71.200 Euro an der Entwicklung des Wohnwagon-Prototypen. Einige der Investoren kamen sogar vorbei und legten selbst Hand an.
Die Beteiligungen scheinen sich gelohnt zu haben. Der erste Wohnwagon ist geliefert. Der Zweite wird im Januar in die Steiermark gebracht. Ein Spezialitätenhersteller wird ihn als Markt- und Restaurantwagon benutzen. Zehn weitere Wohnwagons sind in der Planungsphase, 80 Anfragen sind eingegangen. Von Hotelbetreibern über Seminarraumvermietern bis hin zu Restaurantbesitzern.
Pflanzen-Kläranlage am Dach
Die Erfahrungen der ersten erfolgreichen Crowdinvestionrunde waren durchaus positiv. „Crowdinvesting ist mehr als nur Geld,“ sagt Theresa. „Es baut sich eine Community auf, die hinter dem Produkt steht. Man schließt Kontakte und weitet das Netzwerk aus, erfährt viel Unterstützung. Wir erhielten Kooperationsangebote, und das ist viel mehr als nur Investment. Es ist viel Arbeit, aber es zahlt sich aus.“
Mit dem Geld der ersten Runde wurde der Prototyp gebaut, Maschinen angeschafft und Interieur weiterentwickelt. Sie entwarfen ein Badeofensystem: Ein Wasserkessel und darunter eine Holzfeuereinheit. In den Ofen ist ein mit der Solaranlage gekoppelter Wärmetauscher eingebaut. Mit nur ein bisschen Sonne wird Warmwasser produziert und die Heizung betrieben. Reicht die Sonne nicht aus, kann man mit Holz heizen. Am Dach steht eine Pflanzen-Kläranlage, die als zusätzliche Dämmung im Winter und als Klimaanlage im Sommer dient. Das Brauchwasser kann immer wieder verwendet werden.
Webshop
Factbox
Crowdinvesting: 70.000 Euro ist die Fundingschwelle, 150.000 die Zielsumme.
Wohnwagon:
Größe: Länge: ab sechs Meter. Zwischen 18 und 33 Quadratmeter Wohnfläche.
Kosten: Ab 34.000 Euro bis zu 90.000 je nach Ausstattung.
Wartung: Eine genaue Videoanleitung für regelmäßige Wartung und Manual für Störungen wird mitgeliefert. Etwaige Reparaturen werden von geschulten Partnerbetriebe, bzw. in Wien oder NÖ vom Wohnwagon-Team durchgeführt.
Die Rückmeldungen bezüglich der Einzelteile waren so positiv, dass sich das Wohnwagon-Team entschloss, die Komponenten einzeln in einem Webshop anzubieten. Außerdem wollen sie mit dem Wohnwagon in Serie gehen. „Das braucht Geld“, sagt Theresa. Deshalb gibt es auf Conda.at jetzt eine zweite Crowdinvesting-Kampagne. „Investoren, die schon beim ersten mal investierten, sind wieder dabei,“ sagt Theresa.
Auch Michael überlegt, ob er sich an der zweiten Kampagne beteiligen soll. Er will aber erst einmal eine Nacht in seinem Wohnwagon darüber schlafen. Sein Bettzeug hat er schon überzogen. „Der Wohnwagon wird mein Rückzugsort, mein Büro und auch mein Wohnort“, sagt Erdmenger, „Der Platz ist angenehm klein und ich freue mich darauf zu erleben, dass man wirklich nicht mehr braucht.“