Michael Heigl
Musik

Sabinschky

Montag, 9. Februar 2015
Sabine Stieger steht seit fünfzehn Jahren auf der Bühne. Jetzt erscheint ihr drittes Solo-Album: „Sabinschky“. Mit dieZeitschrift hat sie über das Jammen in Hotelhallen, Musiker-Bootcamps und Johnny Depp gesprochen.

Sabine Stieger hatte Glück. Schon mit fünf Jahren wusste sie, welchen Beruf sie ergreifen will: Sängerin. Es wurde ihr beim ersten Auftritt mit ihrer Familie klar. Sie ging konsequent ihren Weg: studierte Jazz und Populargesang in Linz und stieg im Dezember 2004 als Sängerin bei den Global Kryner, bei den Pionieren des Blasmusik-Crossovers, die Bierzeltmusik in die Weltmusik integrierten, ein. Im Jahr darauf gewann die Band den Amadeus Award und das Casting für den österreichischen Beitrag des Song Contests 2005 in Kiew. Vor dem Auftritt in der Ukraine gab es einen großen Medienhype, „wir lachten ständig aus den Zeitungen.“ Sie schieden im Semifinale aus. Es folgte ein Auftragsloch in Österreich. „Wir spielten in Slowenien, England, Frankreich und Deutschland. Traten wir in Österreich auf, waren die Leute erstaunt, dass es uns noch gibt. Wir mussten erst lernen damit umzugehen. Es war eine schmerzhafte Erfahrung.“

Musiker-Boot-Camp

„Die zehn Tage in Kiew waren wie ein Musiker-Boot-Camp.“ Cool bleiben beim Auftritt vor 100 Millionen Menschen, stets interessante Geschichten für jedes Medium im richtigen Format bereit zu haben, aufzupassen was man sagt, dabei aber bunt und laut zu sein. „Ich zerre immer noch von meinen Erfahrungen beim Song Contest. Richtig schön waren die Abende in der Hotelhalle. Wir jammten mit den Song-Contest-Teilnehmern aus Polen, Portugal, Italien und Aserbaidschan.“

Zehn Jahre lang trat sie mit den Global Kryners auf, spielte sechs Alben ein und erlebte unzählige Abenteuer. Wie, dass sie Johnny Depp in den serbischen Bergen traf.

Johnny Depp

Der polarisierende Filmemacher Emir Kusturica hatte die Band als Hauptact zu seinem Filmfestival im Küstendorf am Mecavnik-Hügel in Serbien eingeladen. Johnny Depp war der Ehrengast. Er und Kusturica sind alte Freunde. Gemeinsam hatten sie sich in Sarajevo vor Depps Agenten versteckt und Joints geraucht. „Depp hörte sich unser Konzert an. Danach gingen alle auf einen Balkon. Schauten bei Vollmond in die serbische Nacht. Johnny Depp kam auf mich zu, sprach mich an, wir plauderten und rauchten gemeinsam eine Zigarette. Ich packte es überhaupt nicht: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, als österreichische Sängerin einen amerikanischen Filmstar in den serbischen Bergen zu treffen?“

"Belanglosigkeit wird mit Desinteresse bestraft"

Die Musiker der Global Kryners probten, reisten, spielten bis zu 200 Tage pro Jahr gemeinsam. „Es kam der Moment, als wir uns fragten was als Nächstes kommen soll. Jeder hatte seine eigenen Projekte, aber keine Zeit sie umzusetzen. Also beschlossen wir uns aufzulösen. Ein Jahr lang tourten wir durch Europa und spielten Abschiedskonzerte. Das war sehr emotional.“ Am 31. Oktober 2013 spielten sie ihr letztes Konzert. Danach gingen die Bandmitglieder ihre eigenen Wege.

Es ist wohl immer noch der Einfluss vom Song Contest-Auftritt, der sie geformt hat, zu einer selbstbewussten Sängerin gemacht hat, die genau weiß was sie mit ihren Texten transportieren will. Das rät sie auch künftigen Song Contest-Teilnehmern und all jenen, die Musiker werden wollen: Wissen, wofür man steht, eine Message transportieren, die Emotionen der Zuhörer anzupfen. Belanglosigkeit wird mit Desinteresse bestraft. Perfektion ist ein schlechter Ratgeber. Man sollte die beste Version von sich selbst sein. Die Musiker sollten sich bewusst sein, dass sie ein riesiges Sprachrohr sind. Conchita Wurst hat es bewiesen. „Sie berührt so viele Menschen, es ist unglaublich was sie erreicht hat. Sie ist Gallionsfigur und Identitätsfigur und sie hat die Plattform Song Contest bravourös genutzt.“

"Sabinschky"

Nächste Auftritte

13.02.2015: TV - Servus TV "Servus am Morgen" Interview und Liveperformance
13.02.2015: Linz - Kulturzentrum Hof
20.02.2015: Waidhofen/Ybbs - FLUZ
20.03.2015: Schruns - Kulturbühne Schruns
27.03.2015: Wien - Kulturraum Neruda
08.06.2015: Wien - Theater am Spittelberg

„Es war Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Ich dachte darüber nach, was mir in den fünfzehn Jahren als Musikerin getaugt hat und was nicht. Ich klammerte alles aus, was mir keinen Spaß gemacht hat.“ Es wurde ein sprachlicher und musikalischer Befreiungsschlag.

Der Liebe wegen zog Sabine nach Hamburg. Entdeckte 1000 Kilometer von ihrer Heimat entfernt, wie sehr sie ihren Dialekt vermisste und beschloss nach zwei englischsprachigen Alben, oberösterreichisch zu singen. Machte sich auf die Suche nach den Unterschieden von Mentalitäten und Kulturen. „Erst in Hamburg wurde mir meine Liebe zu den österreichischen Untertönen, der Ironie in der Sprache, dem liebevollen Zynismus und Beleidigungen, den unkonkreten Aussagen bewusst.“ Das Album ist eine Liebeserklärung an Österreich. Sie singt von Liebe in unterschiedlichsten Formen, vom Unterricht für österreichische Ausdrücke über Dampfplauderer bis hin zum Gschichtldrucker.

Sie fragte sich, welche Musik zum österreichischen Dialekt passt, zum Sprachrhythmus. Sie fand die Antwort im Gipsy-Swing, im Singer/Songwriter-Akustikpop, im Soul und in der Balkanmusik. Ganz kann sie die Einflüsse der Global Kryner auch auf der neuen Platte „Sabinschky“ nicht verleugnen. Die ist nach ihrem Spitznamen benannt und sehr hörenswert.

Share this content.