Schon vor 800 Jahren tanzten in Indien und China Männer um und auf über zwei Meter hohen hölzernen Pfählen. In Indien war der Sport nur Gurus und deren Schülern vorbehalten. In China werden heute noch an zwei parallelen Stangen akrobatische Höchstleistungen vollbracht. Erst in den 1920er Jahren entwickelte sich in den USA der Poledance. Zirkuskünstlerinnen nützen die Mittelstange des Zeltes für laszive Tänze. Dreißig Jahre später entdeckten Burlesquetänzerinnen den Tanz um die Stange.
Der erste „historisch gesicherte“ Auftritt einer Poledancerin soll 1968 im „Mugwump“, einem Stripjoint im US-Bundesstaat Oregon, stattgefunden haben. Erst in den 1990ern wurde Poledancing zu einer anerkannten Sportart außerhalb von abgedunkelten Lokalen mit rot blinkenden Lichtern. 1994 wurde das erste professionelle Poledance-Trainingsstudio in Kanada eröffnet und löste einen weltweiten Boom aus, der schnell kompetitiv wurde. Mittlerweile gibt es nicht nur in den USA und Kanada Wettbewerbe, sondern auch in Österreich. Die International Pole Dancing Fitness Association versucht momentan das Olympische Komitee zu überzeugen, Poledancing zu einer olympischen Disziplin zu machen.
Frauensport?
Roman Bruckner ist seit zwei Jahren ausgebildeter Poledancetrainer. Dabei ist er ganz zufällig zu dem Sport gekommen. Er besuchte einen Streetdancekurs, als eine Bekannte ihn fragte, ob er nicht Poledance ausprobieren wolle. „Meine Reaktion war eher ablehnend. Warum soll ich das machen, das ist ein Frauensport?“ erzählt Bruckner, „ aber es hat mir keine Ruhe gelassen. Schließlich probierte ich es aus. Inzwischen bin ich Trainer.“
Sogar seine Oma findet es gut, dass er an Metallstangen Figuren wie Supergirl, Cupid und den selbst erfundenen Z-Knot tanzt. Obwohl es immer noch Missverständnisse gibt, wenn er von seinem Beruf erzählt. Einige meinen, es sei immer noch ein Sport, der ausschließlich in Stripclubs ausgeübt wird. Dieses Vorurteil hat Roman Bruckner widerlegt.
Hotpants und Trägerleiberl
Die Ausbildung zum Trainer war schmerzhaft. Am Beginn des neuntägigen Kurses warnte die Trainerin die Teilnehmer: „Ihr werdet alle heulen“. „Ich dachte mir, so schlimm wird es schon nicht werden. Nach drei Tagen weinte ich tatsächlich. Mir tat alles weh und ich war vollkommen blockiert. Weder ein bereits erlernter und noch ein neuer Move gelang mir. Das war sehr frustrierend,“ sagt Bruckner. Das hielt ihn nicht davon ab, die Ausbildung abzuschließen, erster männlicher zertifizierter Poledancelehrer im deutschsprachigen Raum zu werden und dann doch ein einziges Mal in einem Stripclub aufzutreten. Eine Handelskette hatte die Tänzer für eine Weihnachtsfeier engagiert.
„Poledancing kann jeder erlernen“, sagt er, „alles was man braucht ist möglichst wenig Kleidung: Hotpants und Trägerleiberl reichen. Man zieht sich nicht aus, weil man so geil drauf ist nackt zu sein, sondern man braucht die Haut, um besser an der Stange zu kleben.“ Zusätzlich schmiert man sich Rasierschaum oder flüssiges Magnesium auf die Handflächen. Das schützt am Anfang trotzdem nicht gegen Blasen an den Handballen und geröteten Flecken an exponierten Hautstellen. Fast jedem Anfänger ist auch ein Muskelkater garantiert, auch an Stellen, an denen man niemals Muskeln vermutet hätte. Dafür wird bei konsequentem Training der ganze Körper gestählt. Die Motivation vieler Kursteilnehmer ist nicht nur die Bikinifigur. Immer wieder nehmen mollige Menschen an den Trainingseinheiten teil. „Es geht ihnen um ein neues Körpergefühl und ein selbstbewussteres Auftreten im Alltag,“ sagt Bruckner.
Selbstbewusstsein
Factbox
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Für Bruckner liegt die Faszination am Poledance nicht nur in der körperlichen Fitness und dem gestärkten Selbstbewusstsein seiner Schüler, sondern auch in der pausenlosen Weiterentwicklung des Sports. Beinahe täglich werden in den sozialen Medien neue Figuren gepostet, die er gerne an seine meist weiblichen Poledance-Lehrlinge weitergibt.